Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

niederrangigen Bestimmungen gegenüber ebenso durchsetzen, wie 
dies die LV tut. 
Neben diesem, auf das EWR und auf die EMRK in ihrer Ei- 
genschaft als „völkerrechtlicher Nebenverfassung“ 1919 beschränkten 
Urteil ist aber auch ein anderes möglich, das sehr viel weiter geht. 
Wird der Lösungsmechanismus von Art. 114 LV als ein Ord- 
nungsprinzip mit ‚allgemein verbindlicher‘ 1920 Geltung verstanden 
und wird das „monistische System“1921 _ wie dies z.B. von der VBI 
zu Recht getan worden ist!9?? — als ein Teil der liechtensteinischen 
Verfassungsordnung mit dem Charakter eines Grundprinzips behan- 
delt, führt eine Verbindung dieser beiden Umstánde zu dem Ergeb- 
nis, dass das Vorrangprinzip, wie es in Art. 114 LV angelegt ist, nicht 
nur vólkerrechtlichen Vertrágen im Verfassungsrang zuteil wird (al- 
so vor allem dem EWRA und der EMRK), sondern dem Volkerver- 
tragsrecht überhaupt, d.h. ohne Unterschied und - vor allem — ohne 
Rücksicht auf dessen Rang (Rechtsquellenstufe) im Verhültnis zum Landes- 
recht. 
Der Grund für diese Feststellung ist ein zweifacher: Wird das 
Vólkervertragsrecht — als eine (Rechts-)Folge der Art und Weise sei- 
ner Einführung und Durchführung in das Landesrecht (Verhältnis 
zwischen dem Völkervertrags- und dem Landesrecht in einem tech- 
nischen Sinne)'923 — zu einem Teil der liechtensteinischen Verfas- 
sungsordnung, ist es zum einen ohne weiteres móglich, wenn nicht 
gar geboten, es an der Funktion der Verfassungsgewühr im Sinne und mit 
den Mitteln von Art. 114 LV teilhaben zu lassen. Zum anderen besteht 
die Funktion von Art. 114 LV darin, der liechtensteinischen Verfas- 
sungsordnung einen Lósungsmechanismus zur Verfügung zu stellen, 
mit dem das Postulat einer ,Einheit der Rechtsordnung/!9?^ durch- 
zusetzen ist (und im Übrigen auch ohne weiteres durchgesetzt wer- 
den kann). 
Nachvollziehbar wird diese Feststellung aber auch durch ein 
argumentum e contrario: Den Umstand abzulehnen, dass nicht nur die 
LV, sondern auch das Vólkervertragsrecht den massgebenden Teil des 
in Art. 114 LV verankerten Konfliktlósungssystems bildet, würde zu 
1919 Bruha/Büchel (Grundfragen) S. 5. 
1920 Siehe Art. 112 Abs. 1 LV: ,Die gegenwártige Verfassungsurkunde ist ... als Landesgrundge- 
setz allgemein verbindlich". 
1921 VBI 1997/85, Jus&News 2/1998 S. 191. 
1922 VBI 1997/85, Jus&News 2/1998 S. 191. 
1923 Siehe hierzu das 6. Kapitel Pkt. 4. 
1924 StGH 1979/3, LES 1981 S. 110. 
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