Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

4.1.2.2 
Wirtschaftsvertragsrecht anerkannt hat, die — aus der Sicht des Jahres 
1992 — bis zu einer ,bislang nicht gegebenen(n) Verwerfungskompe- 
tenz schweizerischen Rechts^!895 reicht. Ist dem aber so, lässt dies 
keinen anderen Schluss zu, als dass das EWR- auf einer hôheren 
Rechtsquellenstufe steht als das Wirtschaftsvertragsrecht — und 
nachdem letzterem (und zwar vor allem dem ZV) in einer Reihe von 
Bestimmungen Verfassungsrang zukommt'8%, muss ersterem (dem 
EWR-Recht) Uberverfassungsrang und damit ein Vorrang vor dem Lan- 
desrecht unabhängig von dessen Rechtsquellenstufe zugebilligt werden. 
Wirtschaftsvertragsrecht 
Die Frage, ob das Wirtschaftsvertragsrecht Vorrang vor dem Landes- 
recht geniesst, ist nicht ohne weiteres zu beantworten. Der Grund 
hierfür liegt in der Widersprüchlichkeit der Praxis des Staatsge- 
richtshofes: 
Zum einen hat der Staatsgerichtshof eine Überprüfung der ma- 
teriellen Verfassungsmässigkeit des Wirtschaftsvertragsrechts bis in 
die jüngste Zeit abgelehnt1897 und entsprechende Anträge der Ande- 
ren Gerichte ohne weiteres, d.h. ohne ein Eintreten in der Sache 
selbst, als unzulüssig zurückgewiesen!998, Zum anderen hat sich der 
Staatsgerichtshof nicht gescheut, die Rechtskraft des Wirtschaftsver- 
tragsrechts deshalb ganz!99? oder teilweise!999 aufzuheben, weil die 
Art und Weise seiner Kundmachung jenem Verständnis einer formel- 
len Verfassungsmässigkeit nicht entsprochen hatte, wie es von ihm in 
seinen hohen Kundmachungsstandards zum Ausdruck gebracht 
worden war 1901, 
Über diesen (vermeintlichen !992) Widerspruch hinaus ist dar- 
auf hinzuweisen, dass der Staatsgerichtshof in StGH 1981/18 erklärt 
hat, dass es Liechtenstein nicht versagt sei, die in Liechtenstein auf- 
grund der Wirtschaftsverträge geltenden Schweizerischen Rechtsvor- 
schriften (das Wirtschaftsvertragsrecht) „nach seiner eigenen Rechts- 
ordnung einzustufen. Dies will besagen, dass übernommene Schwei- 
1895 Bruha/Büchel (Grundfragen) S. 13. 
1896 Im gleichen Sinne wohl Batliner (Postulat) S. 227 oder die Postulatsbeantwortung S. 13. 
1897 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 47. 
1898 StGH 1981/18, LES 2/1983 S. 41. 
1899 StGH 1988/22 und 1989/1, LES 1/1990 S. 1ff. 
1900 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 41ff. 
1901 Siehe hierzu das 24. Kapitel. 
1902 Siehe hierzu das 24. Kapitel Pkt. 3.2.2. 
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