Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

dass sich aus dem Völkervertragsrecht ohne weiteres „Abwei- 
chungen“ 1823 zum Landesrecht (zu der ,nach innerstaatlichem 
Recht geltenden Ordnung“ 1824) ergeben können, 
dass das Völkervertrags- dem Landesrecht („der innerstaatli- 
chen Gesetzgebung des Fürstentums Liechtenstein“ 1925) dann 
bzw. deshalb vorgeht, wenn bzw. weil kein Vorbehalt im Sinne 
der WVRK'82 angebracht worden ist!9?7, oder 
dass die völkerrechtskonforme Auslegung des Landesrechts einen 
„allgemeine(n) Rechtsgrundsatz“ 1828 bilde. „Diese Methode“ 
bedeutet aber nichts anderes als „eine implizite Anerkennung 
des Prinzips vom Vorrang des Völkerrechts vor dem Landes- 
recht“1829 _ und zwar erst recht dann, wenn es, wie in StGH 
1990/7, zu einer völkerrechtskonformen Auslegung („EMRK- 
konformen Interpretation”) auch von „Verfassungsbestim- 
mungen“ 1830 kommen kann 1831, 
Zu dieser Praxis, deren Diktion unmissverständlich ist, tritt das 
obiter dictum in StGH 1995/14, wonach ,,dem EWR-Recht ... - wie 
dem Völkerrecht im Allgemeinen - im Fürstentum Liechtenstein di- 
rekte Geltung (Durchgriffswirkung)^193? zukomme. Auch wenn dieses 
Wort nur auf die Geltung und Anwendung des Vólkervertrags- im 
Landesrecht bezogen werden kann833, bestátigt es doch jene ,ausge- 
sprochen vólkerrechtsfreundliche Haltung” 1834 des Staatsgerichtsho- 
fes, die dieser vor allem dem Wirtschaftsvertragsrecht gegenüber 
zum Ausdruck gebracht: Trotz StGH 1998/61 ist nach wie vor davon 
auszugehen, dass dieses (das Wirtschaftsvertragsrecht) auf seine 
1823 StGH 1990/7, LES 1/1992 S. 11. 
1824 StGH 1990/7, LES 1/1992 S. 11. 
1825 StGH 1978/8, LES 1981 S. 6. 
1826 Art. 2 Abs. 1 Bst. d i.V.m. Art. 19ff WVRK. 
1827 StGH 1978/8, LES 1981 S. 6. 
1828 StGH 1975/1, ELG 1973-1978 S. 380. 
1829 Bundesamt für Justiz und Generaldirektion für Vólkerrecht (Gemeinsames Gutachten) S. 412. 
Siehe als Beispiel einer vólkerrechtskonformen Auslegung VBI 1997/85, Jus&News 2/1998 S. 
191. 
1830 StGH 1990/7, LES 1/1992 S. 10. 
1831 In StGH 2000/27, n. publ., Pkt. 2.1 der Entscheidungsgründe, S. 11 des Entscheidungstextes, 
hat der Staatsgerichtshof das Gebot der vólkerrechtskonformen Auslegung des Landesrechts 
in Bezug auf die EMRK aus Art. 23 Bst. b StGHG abgeleitet. In diesem Erkenntnis heisst es, 
dass eine „Konsequenz“ aus dieser Bestimmung darin bestehe, dass , Gesetze und Verord- 
nungen nicht nur verfassungs- sondern auch EMRK-konform auszulegen (sind)“. 
1832 StGH 1995/14, LES 3/1996 S. 122 (Kursivstellung durch den Verfasser). 
1833 Gleichlautend Nuener S. 181. 
1834 Thürer (Vólkerrechtsordnung) S. 124. 
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