Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

fen gelassen hat!/9 wie die VBI'/®, Ist dem Standpunkt der Regie- 
rung zu folgen? Eine Antwort auf diese Frage hat verschiedene Ge- 
sichtspunkte zu berücksichtigen: 
* Ihrer unterschiedlichen Finalität wegen dürfen die Genehmi- 
gung eines völkerrechtlichen Vertrages (Art. 8 Abs. 2 LV) und 
der Vorgang einer Verfassungsrevision (Art. 112 Abs. 2 LV) 
nicht miteinander verglichen werden: Bei diesen beiden Kompe- 
tenzen handelt es sich im ersten Falle um eine akzessorische kon- 
trollierende 99 und im zweiten Falle um eine originäre rechtsge- 
staltende Funktion; im ersten Falle geht es um den Tatbestand 
einer Kompetenzausübung durch ein Staatsorgan, im zweiten 
Falle geht es um den Tatbestand einer Kompetenzbegründung 
durch den Verfassungsgeber. Eine Vergleichbarkeit geht die- 
sen beiden Funktionen und Kompetenzen ab. Ist dem aber so, 
sind die von der Regierung aus einer Gegenüberstellung von 
Art. 8 Abs. 2 LV und Art. 112 Abs. 2 LV gezogenen Schlüsse 
unzulässig. Stattdessen ist davon auszugehen, dass es der LV 
sehr wohl bewusst gewesen ist, wie sie die Tätigkeit der Staats- 
organe in Abhängigkeit des in Frage stehenden Sachverhalts zu or- 
ganisieren, d.h. an welche Gültigkeitserfordernisse sie staatli- 
ches Handeln je nach dessen Eigenart zu binden hat. Der 
Umstand, dass dieses Bewusstsein in Art. 8 Abs. 2 LV einer- 
seits und in Art. 112 Abs. 2 LV andererseits in unterschiedli- 
chen Quoren zum Ausdruck kommt, ist zu achten. Er entzieht 
Standpunkten wie jenem der Regierung („grundsätzlich kein 
Verfassungsrang” 1794 vólkerrechtlicher Verträge) die Grund- 
lage1705, 
* Würde der Logik der Regierung gefolgt, müssten völkerrecht- 
liche Verträge deshalb auf einer Rechtsquellenstufe unterhalb 
formeller Gesetze stehen, weil der Erlass eines formellen Ge- 
setzes mindestens drei Lesungen (des Landtages) bedingt (wobei 
in mindestens zwei Lesungen übereinstimmend entschieden 
1701 Postulatsbeantwortung S. 11. 
1702 VBI 1997/17, LES 4/1998 S. 110. 
1703 Siehe hierzu das 7. Kapitel Pkt. 2.1. 
1704 Regierung (BuA Nr. 88/2002) S. 7 (Kursivstellung durch den Verfasser). 
1705 Darüber hinaus liegt es in der Natur der Sache, dass die Genehmigung eines vólkerrechtli- 
chen Vertrages gemáss Art. 8 Abs. 2 LV, die aussenwirksam ist, unter anderen Vorausset- 
zungen zu erfolgen hat als eine Änderung oder Ergánzung der LV, die innenwirksam ist: Der 
Sinn und Zweck der beiden Kompetenzen ebenso wie ihre Stellung im Verfassungsgefüge 
unterscheiden sich in einer Art und Weise, unter der die Móglichkeit eines Vergleichs oder 
auch nur einer Vergleichbarkeit von vornherein ausgeschlossen ist. 
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