Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

4.2.2 
subjektiven Rechtsanspruch verschafft 190, ist die Unterlassung der 
Regierung, einen völkerrechtlichen Vertrag durch den Erlass einer 
Verordnung durchzuführen, nicht anders zu qualifizieren als in Be- 
zug auf ein formelles Gesetz!39!, Kann ein vólkerrechtlicher Vertrag 
oder ein formelles Gesetz also deshalb nicht vollzogen werden, weil 
eine Verordnung zu seiner Durchführung nicht erlassen worden ist, 
liegt Verfassungswidrigkeit wegen gesetzgeberischer Untätigkeit vor. 
Unter der Verfassung vom 16. März 2003 verlieren diese Be- 
merkungen ihre Relevanz nicht - im Gegenteil. Auf diese Revision ist 
im letzten Abschnitt dieses Kapitels einzugehen. 
Ausblick 
Die Verfassung vom 16. Márz 2003 führt zu einer Umwandlung des 
zweiten Satzes von Art. 92 Abs. 1 LV i.d.F.d. Verfassung vom 5. Ok- 
tober 1921 in einen neuen Abs. 2, zu mehreren Einschüben in den 
(bestehenden) Abs. 2 sowie zu zwei neuen Absátzen 3 und 4 von Art. 
92 LV. Diese Anpassungen ,sollen die Umsetzung staatsvertraglicher 
Verpflichtungen in der Verfassung verankern”1362, Sie sehen vor, 
dass die Regierung sowohl zu ,direkt anwendbaren Staatsvertrà- 
ge(n)“1868 als auch , zur Umsetzung anderer staatsvertraglichen Ver- 
pfichtungen" (Durchführungs-)Verordnungen erlassen kann, ,so- 
weit dazu keine Gesetzeserlasse nótig sind“ 1364) 
Diese Revision von Art. 92 LV hat die Schaffung einer Rechts- 
grundlage für ein völkervertragsrechtliches Verordnungsrecht auf 
der Ebene der LV zum Gegenstand, wobei der Gesetzesvorbehalt 
nicht den self executing-, sondern nur den nicht self executing-völker- 
rechtlichen Verträgen 1365 gegenüber gelten soll. Insofern knüpft die 
Verfassung vom 16. März 2003 an die vom Staatsgerichtshof in StGH 
1978/8 (und anderswo!%6) getroffene Unterscheidung zwischen 
völkerrechtlichen Verträgen an, die „unmittelbar anwendbares 
Recht" oder die „nur eine die gesetzgebenden Organe treffende Ver- 
1360 Siehe hierzu StGH 1999/14, n. publ., Pkt. 2.1 der Entscheidungsgründe, S. 19 des Entschei- 
dungstextes. 
1361 Siehe zum Tatbestand des ,Gesetzgeberischen Unterlassens" sowie zur ,Sáumigkeit' des 
Gesetzgebers Wille (Normenkontrolle) S. 272ff. 
1362 Regierung (BuA Nr. 87/2001) S. 38 mutatis mutandis. 
1363 Art. 92 Abs. 2LV. 
1364 Art. 92 Abs. 3LV. 
1365 Siehe hierzu das 17. Kapitel Pkte. 4.1 und 4.2. 
1366 Siehe hierzu das 16. Kapitel Pkt. 3. 
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