Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

nicht nur der Art und Weise ihrer Kundmachung, sondern auch ihrer 
Natur und Herkunft: Er unterscheidet zwischen der Verbindlichkeit 
iS.v. Art. 14 KmG und der Wirkungen für den Einzelnen i.S.v. Art. 
15 KmG und zieht zwischen diesen beiden Wesensmerkmalen eine 
(nicht gesetzliche, sondern richterrechtliche) Trennlinie. Während die 
Verbindlichkeit (in StGH 1993/4 mit „Geltung“ 1174, mit „Rechtsgel- 
tung“1175 oder mit ,Gültigkeit“1178 bezeichnet) aufrechterhalten 
bleibt, werden die Wirkungen für den Einzelnen (in StGH 1993/4 mit 
,Anwendung"!!/7, mit , Anwendbarkeit^!!/8 und mit ,Rechtswirk- 
samkeit"!!/? bezeichnet) dem ,Interesse der Rechtssicherheit“1180 
geopfert. 
Der Effekt dieses Auseinanderreissens der beiden Wesens- 
merkmale der Rechtskraft liegt auf der Hand: Während die ‚Aufhe- 
bung der Anwendbarkeit‘ (die ‚Aufhebbarkeit‘) in einem Anlassfall 
ohne weiteres realisiert werden kann und insofern eine konkrete ist, 
ist sie ausserhalb eines Anlassfalles zu jedem Zeitpunkt realisierbar 
und insofern eine abstrakte. Für die Rechtsdurchsetzung spielt diese 
Unterscheidung (in eine konkrete oder abstrakte Aufhebbarkeit) je- 
doch keine Rolle: Rechtsvorschriften, deren Anwendbarkeit (deren 
Wirkungen für den Einzelnen iS.v. Art. 15 KmG) ihrer nicht verfas- 
sungs- und gesetzmássigen Kundmachung wegen auf Antrag hin 
aufgehoben wird bzw. aufgehoben werden kann, setzen ,schlicht 
und einfach kein Recht”1181; sie sind keine rechtsetzenden Vor- 
schriften i.S.v. Art. 1 KmG. „Für den Bestand der Zollvertragsmate- 
rie" bedeutet dies, dass ,sámtliche ... nicht gehórig kundgemachte 
Erlasse im Anwendungsfall der Móglichkeit der Anfechtung unter- 
liegen — ungeachtet der staatsvertraglich stipulierten Übernahme- 
pflicht“1182, 
Aus diesem Grunde ist der Versuch des Staatsgerichtshofes in 
StGH 1993/4, die Radikalität einer Kassation nicht verfassungs- und 
gesetzmássig kundgemachter Rechtsvorschriften zu meiden!!8? (und 
zwar unter Billigung eines Widerspruches zu seiner Praxis zum sog. 
1174 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 
1175 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 
1176 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 
1177 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 
1178 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 
1179 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 
1180 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 
46 und S. 48. 
47. 
48. 
46. 
48. 
48. 
49. 
1181 Becker (Anmerkungen) S. 29 (Pkt. 26). 
1182 Frick (HGF) S. 109. 
1183 Siehe hierzu Becker (Anmerkungen) S. 28f (Pkt. 22). 
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