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seinen Art. 14 und 15 unterscheidet das KmG zwischen zwei We-
sensmerkmalen einer Rechtsvorschrift, die erst in ihrer Kombination
zu Wirksamkeit führen — Art. 14 KmG betrifft die , Verbindlichkeit',
Art. 15 KmG die , Wirkungen für den Einzelnen".
Diese Differenzierung, die sowohl für das Vólkervertrags- als
auch für das Landesrecht gilt!095, ist von zentraler Bedeutung. Sie ist
vom Staatsgerichtshof Mitte der achtziger Jahre des vergangenen
Jahrhunderts übernommen und zur Grundlage seiner Praxis in StGH
1993/4 und in StGIH 1996/28 gemacht worden; in dieser Praxis kehrt
das Begriffspaar ‚Verbindlichkeit‘ und ‚Wirkungen für den Einzel-
nen' in unterschiedlichen Formeln!986 wieder, so z.B. in der Gegen-
überstellung von ,Geltung' und ‚Anwendung‘ 1087,
Der Grundtatbestand des Art. 14 KmG
Als ein Grundtatbestand legt Art. 14 KmG!°68 zweierlei fest: Zum ei-
nen, dass eine Rechtsvorschrift zu ihrer Rechtskraft der Kundma-
chung im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt bedarf (Kundma-
chungspflicht), und zum anderen, dass ihre ,verbindende Kraft” in
der Regel, d.h. „wenn nichts anderes bestimmt ist, nach Ablauf von
acht Tagen (beginnt), seitdem das sie enthaltende Stück herausgege-
ben worden ist“1089. Art. 14 KmG und Art. 67 Abs. 1 LV sind , mate-
riell identisch*1990; aufgrund dieser beiden Bestimmungen besitzt
der Tatbestand der Kundmachung fiir die Rechtskraft von Rechts-
vorschriften ,rechtsbegründende Wirkung 1091 ebenso wie „negative
Rechtskraft“ 1992,
Die Anwendung von Art. 14 KmG ist unkompliziert: Die
Kundmachung einer Rechtsvorschrift (im Liechtensteinischen Lan-
1085 Das Wirtschaftsvertragsrechts-KmG enthält zur Frage des Verhältnisses zwischen Art. 14 und
15 KmG keine besonderen oder abweichenden Bestimmungen, sondern verweist in dieser
Frage in seinem Art. 1 Abs. 2 auf das KmG, das in diesem Zusammenhang aus diesem
Grunde subsidiär gilt.
1086 Siehe hierzu Becker (Anmerkungen) S. 26 (Fussnote 22).
1087 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 47. Einen Sonderfall in diesem Zusammenhang bildet die
Erklärung des Staatsgerichtshofes in StGH 1998/22 und 1989/1, LES 1/1990 S. 6, unter ,Gül-
tigkeit eines jeden Gesetzes" i.S.v. Art. 65 LV sei ,zum einen die Wirkung für jedermann und
zum anderen die Bindung der Behórden" zu verstehen.
1088 Siehe zu Art. 14 KmG Becker (2. Teil) S. 93ff sowie dens. (Nachtrag) S. 49ff.
1089 Art. 14 KmG. In der Praxis ist diese Regel zur Ausnahme geworden; siehe hierzu Becker (2.
Teil) S. 94 (Fussnote 284).
1090 Landtags-Protokolle 1985 I S. 55.
1091 StGH 1981/18, LES 2/1983 S. 42.
1092 Becker (2. Teil) S. 94.
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