Ziel vernachlässigen, den Einzelnen Rechtsschutz und Rechtssicher-
heit zu garantieren.
Diese Mahnung redet keinem puritanischen Eifer das Wort
und bedeutet auch keine Billigung „steriler Begrifflichkeiten”1032 als
Mittel der juristischen Arbeit und Analyse. Hervorgehoben werden
soll vielmehr die Notwendigkeit, dann das richtige Mass an Unter-
scheidungen zu wählen, wenn dies aufgrund nachfolgender oder
nachgelagerter Fragen erforderlich ist, die sich — seiner Besonderhei-
ten wegen — nur oder vor allem in einem besonderen Kontext (wie jenem
Liechtensteins) stellen.
Eine solche Frage bezieht sich auf die Rechtsnatur nicht nur
des primären, sondern vor allem auch des sekundären zwischen der
Schweiz und Liechtenstein geltenden Rechts, des Wirtschaftsvertrags-
rechts, bei dem es sich um einen Beispiel- und Paradefall handelt. So ist
es z.B. unzutreffend, die Praxis des Staatsgerichtshofes in StGH
1981/18 auf den Satz zu verkürzen, dass die in Liechtenstein auf-
grund der Wirtschaftsverträge geltenden Bundesgesetze, Bundesbe-
schlüsse und Bundesratsverordnungen „in der liechtensteinischen
Normenhierarchie ... als liechtensteinische Gesetze bzw. Verordnun-
gen (gelten)^1033, Diese Schweizerischen Rechtsvorschriften können
auf dem Staatsgebiet Liechtensteins nur schon deshalb nicht als Lan-
desrecht, d.h. als liechtensteinische Gesetze oder Verordnungen bezeich-
net werden, weil sie keinen Gegenstand der materiellen (nicht formellen)
Normenkontrolle bilden 034,
Eine Definition der Rechtsnatur des Wirtschaftsvertragsrechts
macht es aber auch móglich, eine Erklárung dafür zu finden, aus
welchem Grunde sich der Staatsgerichtshof in seiner Praxis in StGH
1998/61 dazu entschlossen hat, eine Reihe von (wenn auch nur vagen
und unbestimmten!®85) Reserven nicht auch diesem Rechtsbestand,
sondern nur dem EWR-Recht (und wohl auch dem übrigen Vólker-
vertragsrecht) gegenüber zur Geltung zu bringen: Der Grund hierfür
liegt darin, dass das Wirtschaftsvertragsrecht auf einer Übertragung
des Staatshoheitsrechtes der Gesetzgebungshoheit (auf die Schweiz
bzw. auf den Schweizerischen Bundesrat) beruht!0396 und dass es —
als eine Folge dieses Umstands - seiner Rechtsnatur nach supranatio-
1032 Postulatsbeantwortung S. 15.
1033 Schurti (Verordnungsrecht) S. 84 (Kursivstellung durch den Verfasser).
1034 Siehe hierzu das 25. Kapitel Pkt. 3.2.2.
1035 Siehe hierzu das 25. Kapitel Pkt. 3.1.3.
1036 Siehe hierzu das 8. Kapitel Pkt. 4.1.
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