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Schweiz erforderlich ist. Beim Wirtschaftsvertragsrecht geht es um
den Tatbestand einer Rechtsvereinheitlichung 1927, deren Verantwor-
tung in den Händen des Schweizerischen Bundesrates als einem ge-
meinsamen Gesetzgebungsorgan mit einem Gesetzgebungsmonopol für
die gesamte Rechts- und Wirtschaftsgemeinschaft liegt; das Wirtschafts-
vertragsrechts bildet in jeder Hinsicht, d.h. sowohl formell als auch mate-
riell, einen heteronomen Rechtsbestand, der in Liechtenstein seiner Inte-
grationsfunktion wegen so wie in der Schweiz zu gelten hat und der
auf seine materielle (nicht formelle) Verfassungsmässigkeit nicht
überprüft werden kann 1928,
Aus diesem Grunde, aber auch aufgrund der Art und Weise
seiner Einführung! bzw. aufgrund der Umstände seiner Geltung im
weitesten Sinne!030, wie sie unter anderem auch in Art. 6 ZV zum
Ausdruck kommen, weist das Wirtschaftsvertragsrecht aus der Sicht
Liechtensteins die Charakteristiken supranationalen Rechts nach dem
Muster des Gemeinschaftsrechts heutiger europäischer Prägung
auf1931,
Fazit und Ausblick
Wie so oft in der Rechtswissenschaft muss auch in Bezug auf die Fra-
ge nach der Rechtsnatur des Vólkervertrags- im Landesrecht mit du-
sserster Vorsicht vorgegangen und vermieden werden, aus Qualifika-
tionen, seien sie rechtlicher oder politischer Art, Schlüsse zu ziehen,
die entweder mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen oder die das
1027 Siehe hierzu Appel/Caspers S. 80ff für das Patentrecht unter dem PSV.
1028 Siehe hierzu das 25. Kapitel Pkt. 3.2.4.
1029 Siehe hierzu das 8. Kapitel Pkt. 3. Entscheidend ist, dass das Wirtschaftsvertrags- in das
Landesrecht in einem jrreguláren' Verfahren ausserhalb von Art. 8 Abs. 2 LV eingeführt wird,
d.h. nicht in dem von LV hierfür vorgesehenen ,reguláren'. Entscheidend ist aber auch, dass
Liechtenstein seine Gesetzgebungshoheit zumindest unter dem ZV an die Schweiz übertra-
gen hat; siehe hierzu das 8. Kapitel Pkte. 4.1 und 4.2.
1030 Zu diesen Umständen gehört z.B. der (staats- und souveránitáts-)geschichtliche Hintergrund
des ZV; siehe hierzu die „historische Perspektive“ bei Wille (Integration) S. 390ff.
1031 Siehe zu den Wesenselementen supranationalen Rechts die nach wie vor gültigen Hinweise
bei Thomas Oppermann, Europarecht, München 1991, S. 152ff (Rdziff. 389ff). Ein — wenn
auch (vermeintlich) nebensáchliches — Argument für eine Qualifikation des Wirtschaftsver-
tragsrechts als supranationales Recht besteht darin, dass die Schweizerischen Publikation-
sorgane AS und SR in Liechtenstein wenn auch nicht unmittelbar (wie das Amtsblatt der Eu-
ropáischen Gemeinschaften in den EU-Mitgliedstaaten), so doch mittelbar (über die sowohl
im KmG als auch im Wirtschaftsvertragsrechts-KmG vorgesehene Referenzpublikation)
Rechtskraft besitzen — und in diesem Umfang als ein gemeinsames Kundmachungsorgan für
den gesamten schweizerisch-liechtensteinischen Rechts- und Wirtschaftsraum ,amten'.
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