Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

4.1.2.1 
986 
987 
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den Rechtsmassen vielmehr als zwei Bestandteile einer einzigen (einer 
einheitlichen) Rechtsordnung gegenüber. 
Dieser Grundsatz entspricht der Regel: Die von Liechtenstein 
abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge erzeugen Völkervertrags- 
recht, das im Landes- als Völkervertragsrecht zu vollziehen, d.h. als sol- 
ches auszulegen und anzuwenden ist986, Zu einer Ausnahme kommt 
es - vor allem - in den beiden Sonderfállen des EWR- und des Wirt- 
schaftsvertragsrechts. 
Sonderfálle 
Die Rechtsnatur des EWR-Rechts 
Die Frage nach der Rechtsnatur des EWR-Rechts ist nach wie vor in 
Entwicklung. Nach dem Prüjudiz des EuGH in seinem Gutachten 1/91 
vom 14. Dezember 1991, wonach es sich beim EWR-Recht um Vólker- 
recht handle®87, hat der EFTA-Gerichtshof in seinem Erkenntnis in 
der Rechtssache E-9/97, Sveinbjórnsdóttir, erklàrt: , The Court conclu- 
des ... that the EEA Agreement is an international treaty sui generis 
which contains a distinct legal order of its own/988, gleichzeitig je- 
doch offen gelassen, worin dieser besondere Charakter (des EWR- 
Rechts auch, aber nicht nur im Vergleich zum EU-Recht?89) besteht 
und in welche Funktion er seine Erklárung gestellt hat990, 
Offen gelassen hat der EFTA-Gerichtshof in Sveinbjórnsdóttir 
aber nicht nur den Stellenwert und die Bedeutung von Gesichts- 
punkten wie des Vorranges oder der unmittelbaren Anwendbarkeit des 
EWR-Rechts??!, sondern auch, ob die Frage nach der Rechtsnatur des 
Siehe hierzu das 15. und das 16. Kapitel. 
Gutachten 1/91 des EuGH vom 14. Dezember 1991, Slg. 1991-1 S. 6102 (Rdziff. 20). 
Gutachten des EFTA-Gerichtshofes in der Rs E-9/97, Sveinbjómsaóttir REC 1998 S. 112 
(Rdziff. 59). 
Siehe zu diesem Verháltnis die Andeutung des EFTA-Gerichtshofes in seinem Gutachten 
vom 10. Dezember 1998 in der Rs E-3/98, Rainford-Towning, REC 1998 S. 213 (Rdziff. 21), 
wo von ,Unterschieden zwischen EWR-Abkommen und EG-Vertrag mit Bezug auf den An- 
wendungsbereich und die Ziele" die Rede ist. 
Siehe hierzu Eyjólfsson S. 202tf. 
Siehe hierzu statt vieler Bruha (Staatshaftung) S. 5. Die Schwierigkeit, des Problems des 
Vorrangs und der unmittelbaren Anwendbarkeit des EWR-Rechts Herr zu werden, wird in ei- 
ner Gegenüberstellung von zwei Aussagen des liechtensteinischen Richters am EFTA- 
Gerichtshof, Prof. Dr. Call Baudenbacher, erkennbar, der im Jahre 1996 (EFTA-Gerichtshof) 
S. 88 noch erklàrt hatte, dass ,die lange vor der Unterzeichnung des EWR-Abkommens ent- 
wickelten Prinzipien der Direktwirkung und des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts Bestand- 
teil des EWR-Rechts (sind)" (Kursivstellung durch den Verfasser) und im Jahre 2002 (Indivi- 
dualrechtsschutz) S. 68 darauf hinweisen musste, dass ,die Regierungen der nordischen 
EWR/EFTA-Staaten und die meisten nordischen Autoren ... Direktwirkung und Vorrang (ab- 
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