Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

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dieses Grundgesetzes nicht im Einklang stehen, werden einer ver- 
fassungsmássigen Revision unterzogen"822, 
Diese Anordnung im Schlusskapitel der LV über die , Ver- 
fassungsgewáhr', d.h. über die „Sicherung der Vorherrschaft 
der Verfassung“823, ist vor allem deshalb aufschlussreich, weil 
sie den Verfassungsgeist dem Verfassungstext gegenüberstellt 
und die Rechtsfolgen einer Normenkollision zwischen dem 
Verfassungs- und dem Gesetzesrecht in Abhängigkeit dieser Po- 
laritàt unterscheidet9?*, Dies ist die eine Seite. Die andere Seite 
liegt darin, dass sich aus dem Wortlaut von Art. 114 LV und 
aus der Stellung dieser Bestimmung im Verfassungsgefüge 
schliessen lásst, dass die LV deshalb, weil sie einen Kreis von 
ideellen (ungeschriebenen) Grundwertungen enthält (ihren 
,Geist’), der in materiellen (geschriebenen) Bestimmungen der 
Verfassungsurkunde zu Tage tritt, mehrschichtig und damit 
hierarchisch aufgebaut ist: Art. 114 LV legt die Annahme, dass 
der LV ein naturrechtliches, d.h. ein vor- bzw. überkonstitu- 
tionelles Ordnungsprinzip vertraut ist, ohne weiteres nahe825, 
Wille sieht ,oberhalb' der LV denn auch einen Bestand von 
,Verfassungsrechtlichen Grundsätzen und Grundentschei- 
dungen, denen die einzelnen Verfassungsbestimmungen un- 
tergeordnet sind“826, 
Dieser Schluss wird durch die Nachweise Häberles unter- 
stützt, der die Bezugnahme auf den ‚Geist‘ einer Verfassung 
als eine von mehreren „typische(n) Erscheinungsformen“827 
von ‚Ewigkeitsklauseln‘ bezeichnet und der darauf hingewie- 
sen hat8?8, dass diese „einen Teil der ‚Vorgeschichte‘ der aktu- 
ell geltenden Verfassung und ihre Gefahrenlagen (spie- 
geln)“829, Für die LV, und zwar vor allem vor dem 
Hintergrund der Besonderheiten ihrer EntwicklungS80, scheint 
Art. 114 LV (Kursivstellung durch den Verfasser). 
Batliner/Kley/Wille (Memorandum) S. 16. 
Im ersten Falle (Unvereinbarkeit von Gesetzesrecht mit den ,ausdrücklichen' Bestimmungen 
der LV) ist die Aufhebung bzw. Unwirksamkeit, im zweiten Falle (Unvereinbarkeit von Geset- 
zesrecht mit dem ,Geist' der LV) ist eine ,verfassungsmássige Revision' die Rechtsfolge. 
In Einzelfallen hat der Staatsgerichtshof bei der Verfassungsauslegung und —anwendung auf 
den ‚Geist' der LV Bezug genommen; so z.B. in StGH 1981/10, LES 1982 S. 122. 
Wille (Normenkontrolle) S. 285. 
Háberle S. 83. 
Siehe hierzu die Hinweise bei Hàberle S. 83ff. 
Háberle S. 93. 
Siehe hierzu das 4. Kapitel Pkt. 2. 
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