messensspielraum belassen/?8, per definitionem jedoch kaum je gege-
ben; bei EWR-Richtlinien kann so gut wie nie davon gesprochen wer-
den, dass ihre Übernahme und Umsetzung zu einer ‚Verfügung‘ über
die Gesetzgebungshoheit als einem Hoheitsrecht führt. Nochmals:
Aufgrund von Art. 97 EWRA können die „internen Rechtsvorschrif-
ten“ Liechtensteins auch nach einem Beschluss des Gemeinsamen
EWR-Ausschusses gemäss Art. 102 Abs. 1 EWRA auch in dem von
diesem erfassten Sachbereich geändert werden. Dieser Vorbehalt
macht es — zusammen mit dem Ermessensspielraum bei der Umsetzung
von EWR-Richtlinien — unmöglich, in diesen Fällen ebenso von einer
,Verfügung über Staatshoheitsrechte" i.S.v. Art. 8 Abs. 2 LV zu spre-
chen wie im Falle des ZV. Die gleichen Grundsätze gelten für EWR-
Verordnungen, die in allen ihren Teilen auch für den Einzelnen ver-
bindlich und unmittelbar anwendbar sind: Aufgrund von Art. 97
EWRA kann in Liechtenstein auch in dem von einer EWR-Verord-
nung erfassten Sachbereich auch nach dem Inkrafttreten des betref-
fenden Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses gemäss
Art. 102 Abs. 1 EWRA Recht gesetzt werden.
Die unterschiedliche Eingriffstiefe in das Staatshoheitsrecht der
Gesetzgebungshoheit, die Liechtenstein unter dem EWRA einerseits
und unter den Wirtschaftsverträgen andererseits hinzunehmen hat,
ergibt sich aber auch unter den folgenden beiden Gesichtspunkten:
e Zum einen ist daran zu erinnern, dass die den Gegenstand
von Beschlüssen des Gemeinsamen EWR-Ausschusses gemáss
Art. 102 Abs. 1 EWRA bildenden EWR-Rechtsakte nichts an-
deres sind als ein besonderer Ausdruck der allgemeinen
Grundsätze und Bestimmungen des EWRA (insbesondere der
sog. Vier Freiheiten). EWR-Richtlinien und EWR-Verordnun-
gen sind nichts anderes als EWR-Sekundárrecht — und nicht
nur dies: Sie sind von jenem EWR-Primárrecht abgeleitet und
nichts anderes als eine Materialisierung jenes EWR-Primürrechts,
dessen Übernahme Liechtenstein durch seinen Beitritt zum
EWRA zugestimmt hat. Aus diesem Grunde kann EWR-
Sekundárrecht nicht dort eine nochmalige (oder gar erstmali-
ge) Verfügung über Staatshoheitsrechte nach sich ziehen, wo
dies nicht schon in Bezug auf das EWR-Primärrecht der Fall
gewesen ist. Eine Verfügung über die in Frage stehenden
Staatshoheitsrechte kann — wenn überhaupt —- nur ein einziges
Mal erfolgt sein (beim Beitritt zum EWRA bzw. im Zuge der
728 Art. 7 EWRA.
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