Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

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Dass diese Frage, die bis in die jüngste Zeit Rechtsunklarheit ge- 
stiftet hat®8?, einen Kernpunkt der Rechts- und Wirtschaftsgemein- 
schaft mit der Schweiz berührt, liegt auf der Hand: Unter diesem Ti- 
tel entscheidet sich, welche Organe dazu befugt sind, den Inhalt und 
Umfang des Zollvertragsrechts zu bestimmen. Ist dies der Schweizerische 
Bundesrat in Anwendung von Art. 10 ZV? Oder ist es die Regierung 
in Anwendung der Art. 1ff EGZV? Der Landtag in Anwendung von 
Art. 3 Abs. 2 EGZV? Oder gar die Vollzugsorgane, d.h. die Gerichte 
und Verwaltungsbehörden? 
Eine Antwort auf diese Frage hat eine Reihe von Gesichts- 
punkten zu berücksichtigen, und zwar vor allem in Bezug auf den 
Geltungsgrund des Zollvertragsrechts: Bildet Art. 4 ZV einen unmittelba- 
ren Geltungsgrund, ist die in ihm enthaltene Anwendbarkeitsklausel 
von den (anderen) Schritten des Anwendbarkeitsverfahrens unabhän- 
gig und kann wie ein self executing wirksamer Anwendbarkeitsbefehl 
vollzogen werden. Wird von dieser Annahme ausgegangen, obliegt 
es den Vollzugsorganen, den Inhalt des Zollvertragsrechts im Rah- 
men eines bei ihnen anhängigen (Gerichts- oder Verwaltungs- 
)Verfahrens selbständig, d.h. autonom zu bestimmen. Bildet Art. 4 ZV 
keinen unmittelbaren Geltungsgrund, liegen die Dinge anders: In die- 
sem Falle sind die Vollzugsorgane an jene Rechtslage gebunden, wie 
sie aus einer (periodischen) Durchführung des Anwendbarkeitsver- 
fahrens in Form einer (regelmässigen) Revision der Anlagen I und II 
ZV und deren Kundmachung im Liechtensteinischen Landesgesetz- 
blatt hervorgeht. Eine selbständige bzw. autonome Bestimmung des 
Zollvertragsrechts durch die Vollzugsorgane ist in diesem Falle aus- 
geschlossen. 
Es kommt also auf die Justiziabiliät der Anwendbarkeitsklau- 
seln®8 an, wie sie in den Wirtschaftsverträgen verankert sind. Dieser 
Ausgangspunkt ist die eine Seite. Die andere Seite ist der Umstand, 
dass das Instrumentarium, das diese Bestimmungen zur Verfügung 
stellen, für eine Definition des Wirtschaftsvertragsrechts ungeeignet 
ist: Seiner Offenheit wegen handelt es sich vor allem bei Art. 4 ZV um 
eine „ebenso stumme wie schwatzhafte (Anwendbarkeits-)Klau- 
sel“684 die nur einen „höchst dürftigen Ansatzpunkt zur Bestim- 
Siehe hierzu für das Beispiel des Patentrechts unter dem PSV Appel/Caspers S. 82, mit dem 
Hinweis darauf, dass , Vorschriften, die die Voraussetzung des Art 5 Abs 1 lit b PatSchV nicht 
erfüllen, durch die Aufführung in der Anlage zum Patentschutzvertrag" in Liechtenstein nicht 
dennoch ... gelten sollen. Die blosse Aufnahme von Vorschriften in die Anlage als formelles 
Moment kann die materielle Reichweite des Vertrages ... nicht erweitern". 
Siehe hierzu Gubser S. 9ff. 
Becker (2. Teil) S. 78. 
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