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in Zukunft gehalten wird. Bis heute hat sich die
Bevölkerung der Landes mit den in Frage
stehenden Waren frei eindecken können, so weit
es das Einkommen gestattete. Wird der Staats
vertrag, über den wir im zweiten Teil zu han
deln haben, akzeptiert, so muß natürlich auch jede
spekulative Einfuhr an Balutawaren einge
schränkt werden. Es entsteht daher die Frage,
ob man wohl mit dieser außerordentlichen Maß
nahme noch längere Zeit zu rechnen haben wird.
Wir glauben, daß dies nicht der Fall
s e i. Das System der Einfuhrbeschränkung soll
zwar einstweilen nochmals bis Frühjahr 1924
aufrecht erhalten werden. Allein es ist anzu
nehmen, daß während dieser Zeitdauer die Va-
lutakonferenz des Auslandes völlig verschwinden
werde. Preisunterbietungen wer
den allerdings trotzdem in weit
höherem Maße vorkommen als frü
he r ; sie werden aber nicht mehr auf die Valuta
konkurrenz zurückzuführen sein, sondern in erster
Linie aus die schlechtere Lebenshal
tung der ausländischen Arbeiter'.
Gegen diese Konkurrenz kann es aber außer der
Zollpolitik auf die Dauer keine Beschränkung
geben. Dagegen wendet sich ein starker Teil des
Schweizervolkes. In den gegenwärtigen Ein
fuhrmaßnahmen des Bundes ist daher nur eine
vorübergehende Maßnahme zu er
blicken, welche nach Inkrafttreten des Vertrages
mit Liechtenstein voraussichtlich verschwunden
sein dürfte. Cs darf aber abschließend wohl be
merkt werden, daß die Einfuhrbeschränkungen
vielfach gerade Artikel des Gewerbefleißes be
trafen, deren Schutz vor ausländischer Schmutz
konkurrenz auch dem liechtensteinischen Gewerbe
zugute gekommen wäre.
d) Es ist klar, daß im Zusammenhang mit
^ollfragen stets Preis- und Leben?
Haltungsfragen diskutiert werden. Denn
der Zoll beeinflußt Preise und Löhne, durch
deren Zusammenwirken die Höhe der Lebens
haltung bestimmt wird.
Diese Fragen sollen in der Weise besprochen
werden, daß zunächst die allgemeine Preis
lage der Schweiz unter internationalem
Gesichtspunkt betrachtet wird. Darnach werden
wir uns über die Höhe der Lebenshaltung
aussprechen, um endlich die Einwirkung des
Schweizerzolles auf die liechtensteinischen Le-
benshaltungs- und Produktionskosten zu behan
deln.
Man ist im allgemeinen der Ansicht, daß die
Preislage der Schweiz eine ungünstige sei.
Stellen wir auf die Großhandelspreise ab, die
letzten Endes für die Detailpreise ausschlagge
bend sind, so kann ein Vergleich zwischen der
Schweiz und dem Auslande vorerst nur mit den
Ländern gezogen werden, deren Geld mit der
alten Parität mehr oder weniger im Einklänge
steht.
Ziehen wir die Großhandelsindices zu Rate,
so ergibt sich folgendes:
Der Index stand:
für
am
auf
England
1. April
156
Schweden
1. April
162
Verein. Staaten
1. April
166
Dänemark
1. März
199
Holland
1. März
159
Schweiz
1. April
175
Die Schweiz steht etwa in der Mitte zwischen
den Ländern, allerdings wesentlich höher als
England und Holland. Letzten Endes ist aber
nicht dieser Index der maßgebende, sondern es
kommt auf die internationale Kauf-
k r a f t an. Da stand es längere Zeit mit der
Schweiz recht ungünstig. Infolge ihres hoch
stehenden Geldes bei gleichzeitigen hohen Prei
sen hatte die Schweiz gegenüber dem Auslande
wesentliche valutarische Preisnachteile, bezw. das
Ausland hatte wesentliche valutarische Preis
vorsprünge. Sie haben sich aber seit einiger
Zeit bedeutend verringert, wie folgende Zahlen
nachweisen:
1922 England
Frankreich
Deutschland
Januar
16,4
18,3
53,6
Februar
13,7
13,9
51,4
März
12,9
8,0
48,1
April
9.5
5,3
53,7
Mai
8,9
0,8
46,7
Juni
6.4
0.4
37,6
Juli
6.7
5,8
35,9
August
6,7
7,5
44,4
September
8,2
12,3
48,0
Oktober
8,3
12,0
32,0
November
6.1
16,3
33,1
Dezember
5,6
14.1
39,5
1923
Januar
6,7
10,6
28,7
Februar
3,8
15,7
28,9
März
6.2
14,5
20,3
April
11,5
11,0
20,7
Mai
9,5
10,5
22,4
Die Schweiz
ist hinsichtlich der
Kaufkraft
ihres Geldes immer noch ungünstiger gestellt als
andere Staaten, obwohl sich die Verhältnisse we
sentlich gebessert haben. Berücksichtigt man Ame
rika und schaltet man Deutschland aus, für wel-