Volltext: Der letzte Gutenberger

Burgenspiele Gutenberg. 
Letzten Samstag wurde die Vorstellung für 
die Schulen des Landes gegeben. Für die Spie 
ler war es gewiß eine sehr dankbare Aufgabe, 
der „Znkunft unseres Landes" den frischen, 
vom harten Lebenskämpfe ums Dasein noch 
nicht getrübten, jugendlich frohen Blick aus der 
Gegenwart auch in die „Vergangenheit unseres 
Landes" weiten zu dürfen. Nne dankbare, eine 
schöne Aufgabe war es! | 
Ganz so, wie die liebe Jugend nun einmal 
ist, ganz Hingabe an den Augenblick, haben sich 
die Kinder das Spiel mit gespanntem Jnteresie 
angeschaut uud angehört. Die lustigen Partien 
besonders haben wohl noch nie ein so fröhliches 
Publikum gesehen. Köstlich war es, das nicht 
enden wollende silberhelle Gelächter, als der 
Komiker der Spiele, der Kriegsknecht Leo — 
so heißt er nämlich „in Civil" — mit seinen 
unnachahmbaren Riesenschritten, in gut gemim 
ter Höllenangst vor dem fluchenden „Tschinken" 
das Weite suchte, oder als der Burgvogt, der 
seinen bürgerlichen Beruf als Schulmeister nicht 
zu verleugnen vermochte, dem Knaben Christa 
seinen Bogen probeweise auf jenem Teile des 
kleinen Körpers spazieren führte, wo der Rücken 
aufhört einen ehrlichen Namen zu führen. Das 
helle Lachen der Kleinen echote zurück von den 
altersgrauen Mauern und selbst der alte Burg 
hof soll mitgelacht haben .... 
Geradezu ergreifend war es aber, die Kinder 
zu beobachten, als der todwunde Wirnt mit er 
löschender Stimme vom Leben Abschied nahm. 
Es herrschte eine so feierliche Stille unter dem 
sonst als quecksilberig bekannten Volke, daß 
man ein Mäuslein hätte hören müßen, wäre 
eS über die Tribüne gelaufen: 
Man kann ruhig behaupten, daß all das, 
was das Spiel bietet, Ernstes und Heiteres, in 
den Kinderherzen nachhaltig wirkend bleiben 
wird. Wiffen wir ja doch aus eigener Erfahrung, 
daß wir uns an ein Theater, das wir vor etwa 
5 Jahren gesehen, vielleicht kanm mehr erinnern 
können; dagegen kennen wir ein solches, das 
wir als Kinder gesehen, noch so gut, so frisch, 
als ob es noch gar nicht lange her wäre, seit 
dem wir Kinder gewesen sind. 
Leider sind nur eine geringe Anzahl von 
Schulen erschienen. Es ist Schade! Aber trösten 
wir uns mit dem unbestrittenen Erfolge, daß 
diejenigen, die da waren, viel Gutes und lehr 
reiches mitgenommen haben. Ganz besonders 
wird dies dort der Fall sein, wo dem Besuche 
des Spieles eine geschichtliche Unterrichtung vor 
ausging. So hört man, daß der Herr Lehrer 
Büchel von Schaanwald vorerst in der Schule 
die Geschichte des Schwabenkrieges vorher gründ 
lich behandelt habe, dann die geschichtlichen Grund 
lagen des Spieles beleuchtet und überdies an 
Hand der Lektüre des Dramas dieses selbst den 
Kleinen mundgerecht gemacht habe. Herr Lehrer 
Büchel hat sich hierin als ein gewiegter, prak 
tischer, tüchtiger Schulmann erwiesen, wofür ihin 
alle Anerkennung gebührt. 
Mögen unsere Kleinen aus diesem Besuche 
von Gulenberg stolze Vaterlandsliebe, geschicht 
liches Bewußtsein und überdies vielleicht noch 
das eine oder andere mitnehmen, was ibncn 1 
im Leben nützlich und brauchbar werden kann, 
waö sie begeistert für das Edle, Ideale, über 
den grauen Alltag hinausragende. Ich bin sicher, 
sie haben das Stück in seinen Grundgedanken 
erkannt und verstanden, vielleicht nicht ganz klar, 
aber doch so, wie man es von Kindern erwarten 
kann. — —
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.