Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Bdrte der Bank eine Provision von RM 5832.— 
angeboten, also eine Provision von mehr als 
6o/o der Gesamtsumme, wodurch sich der Diskont 
satz, nicht eingerechnet Spesen und Stempel aus 
die Summe von frs. 2691.50 und RM 5832.— 
= 22.867% für 95 Tage. Insgesamt verblieb aus 
dem Diskonterlös nach Abzug der Zinsen, Pro 
vision, Stempel und Spesen RM 88.402.60 oder 
frs. 109.760.—. Von RM 88.402.60 wurden an 
Finkelstein RM 10.000.— an Provision bezahlt, 
13.390 — behielt Carbone für sich, also vom Ge 
samterlös heute 15%. 
Es liegt also auf der Hand, daß bei einem 
Satz von annähernd 23%' der Angeklagte sich 
dessen vollkommen bewußt sein mutzte, daß es 
sich in diesem Fall um gesetzwidrige Diskontie 
rung handle, weil keine Bank mit einem Satz von 
23% Geld aufnimmt. Dies umsomehr, als der 
Angeklagte sich, kaufmännischer Kenntnisse in größ 
tem Umfange rühmt. 
Am 17. August 1927 kam Carbone nach Va 
duz. Dort wurde er mit den tatsächlichen Ver 
hältnissen und Zusammenhängen vertraut ge 
macht. Mit aller.„Unmißverständlichkeit" wurde 
ihm deutlich gemacht, um welche Operationen es 
sich handle, daß es die Geldbeschaffung, erforder 
lich zum Zwecke der Regulierung der gegen Wal 
ser und wegen Walser eingegangenen. Verbindlich 
keiten erfolgte: Bei dieser Besprechung im August 
1927 erhielten Carbone und Millner das Spar 
kasse-Gesetz,' aus dem die beschränkte Kompetenz 
Thönhs ersichtlich war. Er wurde auch daraus, 
aufmerksam gemacht, von dieser Bestimmung nir 
gends Mitteilung zu machen und es nirgends zu 
verwerten, damit die Verkorrektheiten Thönhs 
nicht zum Vorschein.kommen. 
Wenn also Carbone sich auf guten Glauben 
hinausreden will und' jeden bösen Vorsatz leug 
net, so ist dem entgegenzuhalten, daß er selbst 
zugibt, daß ihm ans Herz gelegt wurde, die Wech 
sel nicht in der Nähe von Liechtenstein zu platzie 
ren, er hatte die Räume der Sparkasse gesehen 
und es war ihn, ausgefallen, daß eine so kleine 
Bant sich in Geschäfte, so großen Umfanges ein 
lasse und daß die Bank nicht einmal im Banken- 
almanach ausscheine. Die Kleinheit der Bank und 
die Größe der Engagements gegenüber Walser 
mache ihn stutzig. Besonders siel ihm aus, daß für 
seine Vermittlertätigkeit ihm solche Bonifikatio 
nen zukamen. Dagegen will er aus dem — frei 
lich viel späteren Umstande, daß die österr. 
Creditanstalt die Wechsel aufnahnr, sich beruhigt- 
haben. Hätte er wirklich aus den: Bankgesetz ge 
sehen, welch enge Grenzen der Tätigkeit des Thö 
nh gesetzt waren und wäre es wahr, daß. er sich 
mit leeren Worten darüber trösten ließ, hätte 
ihm dann nicht ausfallen müssen, daß auch die 
Tätigkeit des Verwaltungsrates ebenso eng be 
grenzt war? Zu solchen Geschäften besaß ja nicht 
einmal .der Verwaltungsrat Kompetenz. 
IX. 
Ungeachtet dessen übergab' er der deutsch-öster 
reichischen Wirtschastsbank zwei Blankoakzepte der 
Liechtensteinischen Bank zu treuen Handen und 
am 26. August, nachdem er sich in Vaduz alle 
dortigen Kenntnisse über, das Ganze erworben 
.hakte und.Thönh bestimmt hatte, ihm Kredit zu 
gewähren, brachte er sie zum Diskont. Zuvor hat 
te er der Anglo Deutsche Commerce Company 
15000.— RM Provision zugestanden, woraus Zin 
sen und Spesen zu tragen waren. Es verblieben 
also von RM 150.000.— in zwei Akzepten RM 
135.000.—, diese Diskontierung erfolgte in der 
zweiten Hälfte, des August.. 
Aus diesem Gesamtbeträge erhielt Beck RM 
90.000.— über deren Verwendungder Deckkonto 
beim Schweizerischen Bankverein in Zürich Aus 
kunft gibt. v 
RM 43.000.— rund erhielt Carbone für sich, 
woraus an Millner Provision RM 6.000—, den 
Rest hatte er unter falschen Vorspiegelungen von 
Thönh für sein Lampenpatent, das angeblich un 
mittelbar vor der Verwertung, stand, erhallen. 
- -X. . ' 
Carbone hatte aber mit diesen Geldern noch- 
nicht genug. So verleitet er Thönh zu weiteren 
Diskontierungen. Zu diesem Zwecke stellt Thönh 
zwei weitere Wechsel über je frs. 186.000.— aus, 
die Beck beim Bankhause A. Busse diskontiert. 
-Der Diskont wurde auf 9 Monate im voraus ab 
gerechnet zum Satz von 9%, der wohl unter Pri 
vaten, nicht aber unter Banken üblich war. Ueber-' 
dies sicherte Carbone noch 1% Provision zu, so- 
daß der Satz eigentlich für-9 Monate 15% be 
trug.' : 
Wird überdies noch die Provision von rns- 
gesamt 24.000:— RM dazu gerechnet, so ergibt 
sich ein Zinssatz tiott 25.874%. Dazu kommt noch, 
daß tatsächlich 59.000.- (neunuydsünfzigtausend) 
RM Carbone selbst für sich in Anspruch nahm; 
der der Bank, Walser und Beck zusammengenom 
men, zufließende Betrag von RM 60.000.— be 
trägt nur V 9 oder wenn der Betrag zur Deckung 
der ersten Diskontierung auch noch mit einge 
rechnet wurde, etwas über 50%.. Die bloße. Be 
trachtung der Zahlen schließe es vollkommen aus, 
daß der Behauptung Carbones, er sei in gutem 
Glauben gewesen, irgend noch ein Glaube bei 
gemessen werden kann. 
In Wirklichkeit hat Carbone aber nicht, wie' 
vorgegeben, die Beträge- für sein Lampenpatent 
verwendet, sondern zur Deckung- eigene'rEerbind- 
lichkeiten. Er hat also Thönh und durch Thönh 
die Sparkasse in Irrtum geführt, wodurch diese 
Schaden leiden sollte. 
Daß das Lampenpatent bei dieser Diskontie 
rung nur eine Finte wär, ergibt sich auch aus -dem 
einen Umstand, daß Carbone an Millner übertrie 
ben hohe Provisionen zu zahlen verpflichtet war,' 
weil Millner ihm"'durch die Blume zu verstehen
	        

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