Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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legungen mit so viel Aufmerksamkeit und Geduld ge 
folgt daß es unrecht wäre, wenn ich noch' länger Ihre 
Geduld in Anspruch nehmen würde. Einige wenige Bemer 
kungen muh ich noch machen, zunächst bedauerlicherweise 
gegen zwei meiner Kollegen. Aber nur ganz kurz: Herr 
Kollege Guntli hat gegenüber meinen Ausführungen über 
die Klassenlotterie, die ich selbstverständlich nur beigezogen 
habe, soweit sie zu einer gewissen psychologischen Erklärung 
der Vorgänge nötig ist — im übrigen 'ist das eine Ange 
legenheit, die schnell erledigt ist — daraufhin ausge 
führt, daß aus dieser Klassenlotterie dem Staate Ge 
winne von etwa 200,000 Fr. bis 300,000 Fr. zuge 
flossen seien. Die Berechnung ist mir bekannt; sie be- 
I ruht auf Berechnungs-jMethoden, die, wenn sie z. B. 
von Herrn Thöny angewendet worden wären, ihn in die 
Gefahr versetzt hätten, angeklagt zu werden, weis er über 
wesentliche 'Momente getäuscht habe. Herr Kollege Dr. 
Euntli hat Herrn Walser dadurch zu entlasten versucht, 
daß er ihn gewissermatzen als das Opfer; seiner Rettungs 
bereitschaft gegenüber Herrn Thöny hingestellt hat. Ich 
habe — wie Sie wohl bemerkt haben werden — mich 
fast völlig jeder Belastung der andern Angeklagten ent 
halten. Ich wollte da x»on mir aus niemand belasten; 
das entspricht auch dem Wunsche Und dev,Haltung meines 
Klienten: er kennt das >Matz seiner Schuld, er will dieses 
Matz seiner Schuld -7- sei es zimlrechtlich,oder sei es straf 
rechtlich oder moralisch — nicht, kleiner und nicht grötzer 
machen durch den Vergleich mit den ^Mitangeklagten. Er 
würde es.als eine unrichtige Handlung und Haltung be 
zeichnen, wenn er. inbesondere gegen Herrn Walser, ei 
nen Versuch dieser Art unternonrmen hätte, obwohl gerade 
fiir einen.Verteidiger eine gewisse Versuchung nach dieser 
Richtung gnaz sicher aus der Hand lag. Ich habe dieser 
Versuchung nicht nachgegeben. Umso mehr Muh ich es be 
dauern, wenn man den Herrn Thöny gewissermatzen fast 
als Verführer des Herrn Walser hinstellen wollte, indem 
man sagt, daß er zu Walser gekommen sei und ihm 
gesagt habe: , So steht es, was soll ich. Machen". Dem 
gegenüber darf ich doch darauf. hinweisen, datz schon im 
Oktober 1926 Herr Walser an anderer Stelle, wo Herr 
Thöny nicht dabei war, in Berlin davon gesprochen hat, 
datz er nach Rumänien fahren wolle und datz man ihm für 
diesen Zweck 250,000 Franken zur Verfügung stelle, 
datz Walser die ersten 15,000 Franken empfangen hat. 
bevor die Abdeckung jener Schuld in Betracht kam, deren 
tzauptposten wiederum zu tasten des Herrn W,als er gin 
gen. Ich glaube, wenn Man eine Causalität herstellen 
wollte, wäre es in umgekehrter Richtung. 
Noch eine Bemerkung gegenüber Herrn Dr. Dit 
scher in Bezug auf Herrn Carbone: Auch Herrn ö-ar frone 
will ich nicht weiter belasten, fotfs ist nicht meine Auf 
gabe, aber das mutz ich doch ablehnen, wenn man die 
Sache so darstellen will,-als ob von-den andern Ange 
klagten und auch von Herrn Thöny Herr Carbone hin 
eingezogen worden -wäre. Herr Carbone ist nach Vaduz 
gekommen zu Herrn Thöny und nicht Herr Thöny zu 
Herrn Carbone in's Hotel Dölder nach Zür,ich. Als ein 
mal von -Herrn Beck versucht wurde, ein Geschäft zu, ma 
chen, ohne dem Herrn Carbone ^Mitteilung zu machen^ 
Sie wissen, mit welcher Venemenz, mit' welcher Leiden 
schaftlichkeit Carbone 'dagegen protestiert hat, datz er da 
ausgeschaltet werde. Das war für ihn der Anlaß; jenen 
berühmten Brief zu entwerfen, der . dann zu-der freund 
schaftlichen Auseinandersetzung, zwischen Beck und Carbone 
geführt hat. Das ist das eiiyige, was ich in dieser Rich 
tung Zu sagen habe. \ 
In rechtlicher Hinsicht, Herr Präsident, hohe Krimi 
nalrichter, bin ich außerordentlich entäuscht-von de^'Dürf 
tigkeit der Replik des Herrn Staatsanwaltes. Ich be- 
daure, datz ich das in seiner Abwesenheit sägen mutz. Ich 
pflege solche Aussetzungen nicht gern in Abwesenheit des 
Betroffenen zu machen. 
-Dr. Budschedl: Ich werde es ihm dann mitteilen. 
Nationalrat -Huber: Rechtliche Behauptungen wer 
den ebenso wenig à tatsächliche Behauptungen dadurch 
begründet, datz man sie einfach wiederholt. Das sind 
Methoden, die anderweitig vielleicht üblich sind', datz'man 
einander gegenüberschreit: Ja; nein, ja, nein, ja nein,.,usw. 
Aber das sind keine Argumente. Der Herr Staatsanwalt 
hat gesagt, er wäre in der Lage, Ihnen Entscheidungen, 
Literatur vorzulegen,' die das widerlegen, was meine 
^verehrten Herrn Kollegen - und ich ausgeführt haben. 
Warum tut er das nicht? Dadurch datz er Ihnen offe 
riert, er wolle das nachher sagen, wenn wir nicht mehr 
da sind, glaube ich, deckt er nur sehr schlecht seine Verle 
genheit, diese Dinge heute vorzulegen. Ich konstatiere, ich. 
kann das natürlich nicht- überall sofort feststellen, aber an 
Hand von zwei Beispielen kann ich Ihnen dartun,. datz- 
der Herr Staatsanwalt sehr in die Irre gegangen ist: In 
Bezug auf meine Ausführungen über die Vertretung, der 
Bank sagt er: Die Anllage lautet ausdrücklich, datz-die 
Vertretung der Bank in die Irre geführt worden sei,. 
datz das gesetzlich heißt, Gesamtheit der Organe. 'Maß 
gebend sei einfach das Gesetz. Ich hätte es gern gese 
hen, wenn der Herr Staatsanwalt das Gesetz genannt 
hätte. Es ist durchaus verständlich,-datz-er-das Gesetz von 
Liechtenstein besser kennt, als à, obwohl wir in einem 
konkreten Fälle ihm den Beweis erbracht- haben, datz 
es gerade umgekehrt der Fall war, datz wir das Gesetz- 
besser gekannt haben, als er. Aber- in Bezug- auf diese 
Anstalt habe ich-die Gesetze auch zu Handen-. Da heißt.es 
in dem großen Buch das ich schon einmal zitiert-habe,.in 
dem Personen- und Gesellschaftrecht über die Anstalt, in 
Nr. 585: Art. 534. Oefsentlich-rüchtliche Anstalten, die ei- 
nctrf bestimmten dauernden Zweck dienen und sich in den 
Händen der öffentlichen Verwaltung befinden; unterste 
hen dem öffentlichen- Rechte, soweit nicht Ausnahmen-be 
stehen urib>. wenn sie selbständig sind, ergänzend den fol 
genden Vorschriften. In diesen folgenden Vorschriften ist 
etwas gesagt in Bezug auf die Verttetung! und daS wi 
derspricht genau benv was der Herr Staatsanwalt ange 
führt hat. Es steht in dem ganzen Gesetze, .soweit ich 
es nachprüfen konnte,-kein Wort davon, datz Vertretung 
heißt: Summe der gesetzlichen Organe! 
In Nr. 536 heißt eS: Zur Gründung meiner Anstalt- 
bedarf es' schriftlicher und von einem oder; mehreren Grün 
dern unterzeichneter Statuten. 
Die Stàten einer Anstalt Müssen -überdies Bestim 
mungen über Folgendes enthalten:
	        

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