Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Wendung des Gesetzes vom 1. Juni 1922, 1. und 2.. Ab 
schnitt, vollständig ausgeschlossen erscheint.-8 .55. kaun hier 
in diesem Falle nicht zur Anwendung kommen, .und 8 64 
ist meines Erachtens auch nicht anzuwenden, fodaß die Strafe 
nach dem Gesetze ohne Anwendung des außerordentlichen 
Milderungsrechtes auszusprechcn wäre. 
Herr Präsident! Meine Herren Kriminalrichter! Ich 
lege nun die Angelegenheit vertrauensvoll in Ihre Hände, 
weil ich der Meinung bin, daß Sie gerecht urteilen werden, 
und daß Sie festlegen werden und festlegen müssen, daß der 
artige Handlungen hier in Liechtenstein nicht unbestraft ver 
übt werden können. Sie werden die Angeklagten schuldig 
erkennen müssen, wenn Sie nicht ein Eldorado der Be 
trüger hier in diesem sonst so schönen Lande schaffen wollen. 
Die Entscheidung hierüber überlasse ich der Verantwortung 
des Gerichtes. 
PräsidentHerr Dr. Buschedl. 
Dr. Budschedl. Herr Präsident, meine Herren. Kri- 
Verteidiger des Walser vereinbaren kann, ich habe auch 
nicht zu beurteilen, ob Herr Dr. Guntli durch diese Stel 
lungnahme seinem Klienten einen Dienst erwiesen hat 
oder nicht. Aber noch ein weiteres Wort 'möchte ich sagen': 
Es ist ein großes Wort gelassen ausgesprochen wor 
den. Die Regierung und der Verwaltungsrat hätten 
ihre Plicht nach ihrem besten Wissen und Gewissen 
erfüllt, von einer Schlamperei sei durchaus keine Rede. 
Das ist denn doch eine etwas starke, eine kühne Be 
hauptung, dj.as klingt fast wie Ironie. Was sagt-Herr 
Dr. Huber dazu? Nein, Herr Nationalrat. das werden 
Sie doch bestimmt selbst nicht glauben. !Man kann ange 
sichts dieser ganz unglücklichen Zustände, die bei Ausbruch 
des Skandals festgestellt wurden, sagen, ihr Verwal- 
tungsräte, ihr habt eure Pflichten nach bestem Wissen 
und Gewissen erfüllt. Ist es möglich, daß sich ein Be 
rufs- oder Laienrichter angesichts dieser Tatsachen zu 
sagen vermöchte, ihr habt die Sorgfalt eines Kauf 
mannes gewahrt? Gerade diese negative Feststellung, be 
leuchtet besser äls die detaillierteste Einzeluntersuchung 
die -Mitschuld der Mitverantwortlichen. Auch eine andere 
minalrichter! Ich habe den rechtlichen Ausführungen des 1 Behauptung, die aufgestellt wurde, möchte ich im Inter- 
Herrn Staatsanwaltes nichts mehr hinzuzufügen, denn ! esse der Wahrheit widerlegen. Es wurde vorgebracht, 
der Herr Staatsanwalt braucht von mir keine Unter- I der V.erwaltungsrat habe seit Frühjahr 1927 nicht mehr 
stützung. Ich werde im klebrigen Ihre werte Aufmerk 
samkeit auch nicht, sehr lange in Anspruch nehmen, aber 
nur eines möchte ich sagen und was den Herren Ver 
teidigern erlaubt ist, müssen Sie mir füglich auch gestatten. 
Der Herr Nationalrat Dr. Huber, der Verteidiger des 
Angeklagten Thöny, hat in pflichtgemäßer Wahrung 
der Interessen seines Klienten daraus hingewiesen, daß 
es nicht angeht, den 4 Angeklagten allein die ganze Schuld 
und Verantwortlichkeit für die begangenen Machenschaf 
ten aufzubürden. Der Herr Nationalrat Dr. Huber hat 
mit Recht gesagt, die 4 Angeklagten seien durchaus nicht 
die einzig Schuldigen, es gebe noch andere Mitverant 
wortliche, die wie Dr. Huber zutreffend bemerkte, noch 
hoch erhobenen Hauptes herumgehen dürfen. So nahe 
liegend, so begreiflich.es war, daß Herr Dr. Huber 
mit Reckt und in- Grküllunn keiner VTifTfrfk+ mif dieke lfm* 
mit Recht und in- Erfüllung feiner Pflicht auf diese Um 
stände besonders aufmerksam gemacht hat, umsomehr hdt 
es mich verwundert und habe ich den Widerspruch nicht 
verstanden, daß der sehr geehrte Herr Kollege Dr. Gunt- 
li als Verteidiger des Angeklagten Walser den Anlaß 
dazu benützt hat, eine Lanze für die Regierung und für 
den Verwaltungsrat hier' zu brechen. Ich bin der Auf 
fassung, im umgekehrten Verhältnisse zur Mitschuld oder 
Nichtmitschuld der Regierung Und des Verwaltungsra 
tes .verringert sich oder vergrößert sich auch die Schuld 
der Angeklagten. Es hat nach sehr verwundert, warum 
Dr. Guntli als Verteidiger des Angellagten Walser nicht 
auch diesen Umstand für seinen Clienten in Anspruch ge 
nommen hat und daß er nicht auch diesen MilderungH- 
grund der aufgestoßenen Gelegenheit für seinen Klien 
ten in Anspruch Nimmt, wie es Herr Dr. Huber bei sei 
nem Klienten getan hat, der darauf hingewiesen hat, 
wenn höheren Ortes nichts vorgekehrt wurde, wenn hö 
heren Ortes nichts' geschehen ist, wenn höheren Ortes von 
einer.gewissenhaften Pflichterfüllung nicht gesprochen wer 
den kann, wie kann man dem Thöny allein die Schuld 
geben. Ich habe es nicht zu beurteilen, ob Dr. Guntli 
diese seine Stellungnahme mit seinem Pslichtenkreis als 
j existiert. Der Verwaltungsrat àrde gewählt. Nur das ' 
leine ist richtig, daß der Präsident desselben später an die 
t Regierung ein Schreiben gerichtet hat, worin er. erklärte, 
"die Annahme abzulehnen. Er wurde, aber später ersucht, 
sein Amt doch auszuüben und er hat es faktisch auch aus 
geübt, indem er immer als Präsident des Verwaltungs 
rates zeichnete, Kassenobligatlonen unterschrieb und zwar 
nicht wenige, sondern viele er hat wiederholt daraus 
hingewiesen, daß es seine Pflicht wäre, den Verwal- 
tungsrat einzuberufen. Ich darf an das Gespräch mit Real 
beim Kirchthaler erinnern, eine solch» Redwendung wäre 
nicht notwendig gewesen, wenn er sich nicht.stets als Prä 
sident des Verwaltungsrates gefühlt hätte, wenn er nicht 
selbst eingesehen hätte, daß er Präsident des Verwul- 
tungsrates ist. Wenn Herr Dr. Guntli die Gelegenheit be 
nützt hat, um für andere, die nicht auf dieser Anklage 
bank sitzen, eine Lanze zu brechen, so sei es auch mir 
gestatte^ für einen zu Unrecht angegriffenen eine Laiyr 
zu brechen. Zum Schüße des von Dr. Guntli gemeinten 
Regierungsmitgliedes möchte ich sagen, es' ist interessant 
daß nun auf einmal nur dieses ^Mitglied der Regierung 
an allem .allein Schuld sein soll. Die Angellagten sagen 
zwar, es sind Unkorrektheilen vorgekommen, aber Schuld 
haben wir doch keine, natürlich ist auch die Regierung 
nicht schuldig und auch der Verwaltungsrat ist nicht 
schuldig, sie waschen sich ihre Hände in Unschuld. Kann 
man -diesem Mitglied der Regierung einen Vorwurf ina- 
chen, weil man das, was er vertraulich mitgeteilt hat, 
verschwiegen hat, wo doch ein Verwaltungsrat verant 
wortlich war. Kann man ihm einen Vorwurf daraus. 
machen, wenn der Hierr Regierungs-Chef selbst, noch auf 
dem Standpunkt steht, daß diese Sachen nicht.die Regie 
rung, sondern den Verwaltungsrat angegangen seien? 
War es klicht ausgerechnet dieses Mitglied des' Verwal 
tungsrates, der am 8. Juni aufgestanden ist und erklärt 
hat: „Ich beantrage die sofortige Verhaftung der Ange 
klagten". Ich glaube, wenn dieses Regierungsmitglied 
nicht gewesen wäre, wären sie vielleicht noch'mit Hierin
	        

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