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strafbaren Handlung angeklagt, daher auch hier in Liechten-,
stein zur Rechenschaft zu-ziehen. Das gleiche gilt hinsichtlich
der übrigen Fälle. Justus ist in Ungarn. Jüstus ist unga
rischer Staatsbürger und konnte deshalb seine Auslieferung
von Ungarn nach allgemein geltenden Rechtsbestimmungen
über die territoriale Souveränität gar nicht bewilligt werden.
Auch in allen jenen Fällen, in denen Justus mitwirkte,
ist das Verbrechen des Betruges schon dadurch begangen und
schon vollendet worden, daß auf den Wechsel, das Akzept ge
setzt und Wechsel aus Thöny's, des Verwalters Verfügung
.in die Hände Beck's gegeben wurden. Damit ist das Ver
brechen vollendet, und wenn das Verbrechen hier schon voll
endet war, ist Carbone dieses Verbrechens mitschuldig und
nach 8 6 und 197 vor dem liechtensteinischen Gericht zur
Rechenschaft zu ziehen. Es ist also nicht begründet, wenn aus
dem Gesetze solche Einwände forineller und materieller Art
hier erhoben worden sind.
Gemäß 8 183 des Strafgesetzes „begeht das Verbrechen
der Veruntreuung derjenige, welcher außer dem im 8 181
enthaltenen Falle ein ihm anvertrautes Gut in einen: Be
trage von mehr als 2000 Franken, vorenthält oder sich zu
eignet".
Der Begriff des Vorenthaltens bedeutet nichts anderes
nach der österreichischen Literatur, -.als die Entziehung aus
der Verfügungsgewalt dessen, der die Sache anvertraut hat,
ohne die Möglichkeit, daß es wieder, wie es war, zurück
kommt, wenn vielleicht der veruntreuten Summe eine Buch
forderung gegenüberstand: eine Eintragung geschah auf
einem Konto, das Konto Walser belastet wurde für den Be
trag von 15 000 Franken, so war dieser Betrag mit dem
Augenblick der Hinausgabe an Walser dauernd der Ver
fügungsgewalt der Sparkasse entzogen und die Möglichkeit
einer späteren Riickerstattung hätte nur dann eine Bedeutung
und Sinn gehabt, wenn wirklich von den Tätern selbst dieser
Gegenstand wieder und zwar tale et quäle zuriickgebracht oder
der Schade zur Gänze aufgemacht worden wäre. Dann
würde die Strafbarkeit , erlöschen.
'Ein weiterer Einwand, der der Anklage gegenüber er
höben' wqrden ist, besteht darin, daß durch die nachträglich
erfolgten Verbrechenshandlungen, so wie sie die Anklage be
zeichnet,' durch die den ersten Handlungen nachfolgenden
„Unzukömmlichkeiten", die Schäden, die durch frühere Wech-
seloperationen entstanden seien, inzwischen wieder abgedeckt
wurden und es sei daher nicht richtig, daß dieserhalb wegen
der Fälle 1, 2, 3 und aller folgenden die Anklage erhoben
wurde.
Das liechtensteinische Strafgesetz kennt zwar den Begriff
„tätige Reue". Diese tätige Reue hebt jedoch die Strafbar-
keit nur auf bei Diebstähl und Veruntreuung. Bei Betrug'
kennt das Gesetz eine Strafbarkeit aufhebende tätige Reue
nicht. j
Damit aber die tätige Reue Strafbarkeit aufhebend
wirke, ist erforderlich, daß der . Täter' selbst, nicht aber ein
Dritter, eher als das Gericht oder eine andere Obrigkeit sein
Verschulden erfährt, den ganz aus der Tat entspringenden.
Schaden wieder gutzumachen. Aber einen durch einen Be-'
trug entstandenen Schaden wieder durch einen neuen -Betrug
gutzumachen versuchen, heißt doppelten Betrug begehen:
sowohl im- Falle 2, als auch im Falle b, deshalb sind beide
Fälle unter Ackklage zu stellen. Es' ist nicht allein die Höhe
des tatsächlich entstandenen Schadens -maßgebend-, sondern
auch der mögliche Schaden, -der hätte entstehen können, ist
unter Anklage zu stellen.
Daher ist die Anklage in allen Punkten gerechtfertigt
nach Auffassung der Staatsanwaltschaft. Ich muß es mir
versagen, Gegenstände, die nicht in diesem Strafprozeß vor
zukommen haben, hier anzuführen, und ich bescheide mich
lediglich damit, daß ich feststelle, daß es unangenehm ist, auch
für den Staatsanwalt, wenn Dinge berührt werden, womit
dritte Personen in den Prozeß hereingezogen werden, um
derentivegen die Anklagebehörde keinen Anlaß zum Ein-
schreiten gefunden hat. Wenn in dieser Richtung irgend eüvas
wäre, dann sind die in dein Gesetze horgezeichneten Wege
zulässig gewesen, ich glaube aber, sie hätten vor dem hiesigen
Gericht nicht angezogen werden müssen.
Herr Präsident, hoher Gerichtshof, ich resiimiere kurz.
Der einflußreiche, gewaltige Walser war die Ursache der
Versohlungen bei Beck und Thöny: der Abgeordnete, der
.Gemeinderat, der Obmann einer politischen Partei traf schon
lange die Vorbereitungen und schuf die Quelle zum Unglück.
Thöny, der Verwalter der Sparkasse, der ungetreue
Knecht, handelt trotz Einsicht und Gewissensbisse fortgesetzt,
Verwaltungsrat und Regierung wurden belogen, damit die
Verbrechen fortgesetzt werden konnten.
Niko Beck, der Diener Walser's und Berater Thöny's,
der Generalbevollmächtigte Beider, Walser's sowohl als auch
der Kasse, der sich besonderer Stellung seiner Verwandten
im Dienste des Landes rühmte, tat mit und half, was cr
konnte, und
Carbone, der Nutznießer anderer und Verbrecher eigenen
Verschuldens half, soweit und so gut es ging. Ich habe mir
vorbehalten, wegen-Carbone eüvas weiter auszuführen, des
wegen, weil das-Gutachten der Sachverständigen.ziir Zeit
der Begründung der Anklage noch nicht vorlag. Ich beantrage
bei Carbone als erschwerend die Vorstrafe, das Zusammen-
treffen mehrerer Verbrechen verschiedener Art, die Wieder
holung des Verbrechens, die Größe des Schadens und die
mehrfache Qualifikation in Betracht-zu ziehen, als mildernd,
die Bereitwilligkeit, den Schaden teilweise gutzumachen und
seine Bemühungen den.Schaden gutzumachen, gewisse Er
leichterungen zur Ausführung in der Tat, einen gewissen
Mangel an Hemmungen wegen seines Morphinismus und
vielleicht auch das eine, was zugegeben ist, daß in seiner
Psyche eine Narbe war, weil es ihm nicht vergönnt war.
am stillen Herde zur Winterszeit im trauten Kreise seiner
Lieben zu sein. Das bitte ich zu beriicksichtigen bei Bemessung
der Strafe; ich gebe es unumwunden zu, daß ich die Schlüß-
und Einführungsbestimmungen dieses Gesetzes vom Jahre
1-922 nicht beachtet habe. Es - sind aber in allen Fällen -zu
.berücksichtigen als erschwerende Umstände die außerordent
liche Größe des Schadens, der das Land fast an' den Rand
des Ruins -gebracht hätte, die Fortdauer, die -große Ueber-
legung, die Raffiniertheit, das sind Qualifikationsmomente,
aber bei der Größe des Schadens kommt in Betracht, daß
die erhöhte Strafgrenze schon bereits eintritt bei Fr. 2000
Schaden, und hier-haben wir wenigstens fast tausend Mal
diese. Derbrechensgrenze erreicht, das bitte ich als besonders
.erschwerend - zu berücksichtigen und verweise, daß eine An-
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