Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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ter Dr. Lenzlinger hat Ihnen gestern hier an 
Schranken erklärt, es sei damals eine fieberhaft 
bewegte Zeit gewesen und Herr Dr. Budschedl 
hat Ihnen heute vorgelesen aus der Presse, ich 
weiß nicht mehr aus dem Wiener Journal oder 
dem Berliner Tageblatt oder aus einer anderen 
Zeitung, um Ihnen darzutun, welche Sensations 
gerüchte und welche wilden Schilderungen damals 
über meinen Klienten ergingen. Das war dieser 
Presse „ein gefundenes Fressen". Er, der Sohn 
dieses reichen Erfinders, der Sohn dieser begü 
terten Mutter aus dem Hause Quincke aus Süd 
amerika, er hat die Bank in Liechtenstein in die 
Lust gesprengt und weiß Gott was alles. Es 
wurde unwillkürlich, effektiv eine Psychose ge 
schaffen, und ich glaube, daß davon ein bißchen 
wenigstens auch der Herr Untersuchungsrichter er 
saßt worden ist. Ich darf das in ferner Gegenwart 
sagen, weil ich ja wohl weiß, wie er sonst- die 
verkörperte aequa mens im Sinne der alten Ho- 
raz'schen Weisheit ist. Nun hatte man aber nichts 
meine Herren. Lesen Sie doch das Aktenstück nach, 
wo der Herr Staatsanwalt an Herrn Dr. Lenz 
linger schreibt: Den Carbone verhaften! Und dann 
kam das Reskript: Schon recht, Haft einverstan 
den, aber zuerst muß man doch in groben Nm-> 
rissen den Tatbestand feststellen, eine Schuld fest 
stehen. So eilig, hatte man es mit diesem Carbone, 
von dem die übrigen Angeklagten nichts wußten, 
so erging es ihm und so kam es, daß in den da 
maligen Requisitionsgesuchen, wenn Sie dieselben 
verfolgen wollen, Sachen aufgeführt werden, die 
man heute restlos preisgegeben hat. Warum, man 
mußte damals eben etwas konstruieren, einen Tat 
bestand haben, einen Tatort festlegen, um die Aus 
lieferung durchsetzen zu können. Meine Herren, 
das war ein effektiver Mangel in dieser Situa 
tion — und die Wirkung dieser Psychose bei den 
Mitangeklagten? Sie, die anfangs restlos nichts 
wußten von ihm, Thönh hat sogar einmal erklärt, 
„von Carbone wisse er nichts", das ist der wört 
liche Ausdruck, der in den Akten erstmals depo 
niert ist. In dem Moment, wo sie befragt wur 
den nach einem Mitwisser und einem Mittäter, 
da kam naturgemäß das Gefühl in jedem auf, ja 
so, Mitwisfen, Mittun, das ist für mich eine Ent 
lastung und unbewußt, beim besten Willen mußte 
sich dieser Gedanke in den Leuten festsetzen, daß 
derjenige zu ihnen gehöre, an den sie ursprünglich 
nicht gedacht haben und von dem sie nichts wis 
sen wollten. Das war die Wirkung der ganzen 
Untersuchung bei diesen Leuten, sie können es 
aktenmätzig genau verfolgen, wenn Sie die Akten 
stücke, die ich Ihnen angegeben habe, nachkontrol 
lieren. Wie alle diese ersten Verhöre ohne jede 
Belastung für meinen Klienten sind, wie sogar im 
Aktenstück 51 Pag. 106 — 6 dieser eine Anspruch 
steht von Herrn Thöny: „Nur Walser, Beck und 
ich waren eingeweiht", und Aktenstück 59 Pag. 
145/146 — 15 — 16: „Beck und ich veranlaßten 
den Thöny". Dann kommen die späteren Akten 
stücke 66, 67 und 68. Auch da noch erwähnt Wal 
ser absolut ehrlich, er wisse sehr wenig von Car 
bons er habe nie direkt mit ihm verkehrt und 
Thönh erklärt noch da, „er habe sehr wenig 
sichere Anhaltspunkte", und einzig war es Herr 
Beck, dieser impulsive Mann, ich will ihn heute 
nicht belasten, so nahe die Persuchung läge, et 
was mit gleicher Münze zurückzuzahlen, einzig 
Herr Beck weiß allmählich etwas. Und je mehr die 
Verhöre kommen und je mehr das Gefühl in 
den Leuten erregt wird, einen Mitwisser zur eige 
nen Entlastung, zu haben, um so mehr fallen diese 
Anklagen. Ich mache, wie gesagt, allen diesen Leu 
ten keinen Vorwurf, aber ich bitte Sie, auch in 
der Richtung die Sonderstellung, die mein Klient 
bei der ganzen Genesis der Verhaftung, des Un 
tersuchs, eingenommen hat, wohl zu beachten. Es 
ist dies um so wichtiger, gerade für meinen Klien 
ten, weil er in Gottes Namen, wie er nun einmal 
ist, so viel gesagt hat in der mündlichen Verhand 
lung, was irrtümlich war, sodaß ich für mich bezw. 
für meinen Klienten doppelten Wert darauflege, 
daß man die Akten, was geschrieben ist in ihnen, 
als Grundlage für ihn in erster Linie heranzieht. 
Das ist die Sonderstellung auch in dieser Rich 
tung. Nun, meine Herren, die sog. Begangen- 
schasten Carbones. Es ist wichtig, da die allge 
meinen Richtlinien zu beachten, die hier für ihn 
das Leitmotiv bildeten. Sie kennen den Spruch 
aus Faust: „Am Golde, hängt,- nach Golde drängt 
doch alles". Meine Herren, die Dominante in 
der ganzen Geschichte war für meinen Klienten, 
für Walser Geld zu beschaffen. Sie haben dies 
festgelegt in den grundlegenden Akten durch Wal 
ser, Thönh, Beck, Gelder mußten für diese drei 
Eingeweihten beschafft werden. Lesen Sie Akten 
mappe I., Fasz. 1 Art 6, 7, 8: „Die Sache in Ru 
mänien ging schief, Walser begann andere Sa 
chen, er brauchte wieder Geld, er suchte durch neue 
Geschäfte den Ausfall aus dem alten Geschäft 
zu decken", so Thöny. Lesen Sie in der gleichen 
Aktenmappe Fasz. 2, Akt. 23 (Beck), als Walser 
nach Rumänien ging, war er schon stark engagiert 
bei der Bank, „Er" (Beck) habe den Auftrag 
gehabt, für Walser eine Finanzgruppe zu suchen. 
Und weiter: „Thöny drängte unterdessen jeden 
Tag aus Geldbeschaffung für Walser", das ist in 
Aktenmappe II. Fasz. 1, Mt. 45, Pag. 74, die 
eine ganz reiche Fundgrube von Belegstücken ist, 
ferner Pag. 81, „zu Beginn Herbst 1927 berich 
tete mir Thöny, daß er wieder Geld haben solle", 
Pag. 90, „Thönh ersuchte immer wieder um Ueber- 
fendunZ flüssiger Gelder", Pag 91 „Thönh er 
neuerte seine Rufe nach Geld". Und Thönh sagt 
weiter in der Aktenmappe II., Fasz. 1, Akt. 51, 
Pag. 122—123: Walser versprach Deckung für be 
zogene Kredite, es wuchsen dringende Verpflich 
tungen der Bank an, „zu deren Regulierung man 
Geld durch Wechselbegebung verschaffen mußte". 
Und so kam es d ann, daß Beck erklärte, es wurde 
zum Diskont geschritten für das rumänische Ge 
schäft und für die anderen Fälligkeiten Walsers, 
Aktenmappe I., Fasz. 2, Akt. 23, Pag. 12. Später
	        

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