Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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preisgegeben hat. Eine weitere Sonderstellung 
»verlange und vindiziere ich für meinen Klienten 
»nach der Zeit und der Art der Begangenschas- 
I ten, Carbone war nicht beteiligt bei einer ganzen 
I Reihe von Geschäften, die hier in Frage stehen, 
k ilicht beim Likörgeschäst, der Klassenlotterie, bei 
iZwickh, Malans, bei Brugger Wolfzennen, beim 
l Steinfördegeschäft, Barmer Bankverein. Als er 
f kam, da bestanden hunverttausende von Verpflich- 
k tungen geldlicher Art, bürgschastlicher Art usw. 
Es ist also ein ganz wesentlich engerer Kreis von 
Begangenschaften, wenn wir davon ausgehen wol 
len, es seien solche, die hier für ihn in Frage 
| kommen. Die Staatsanwaltschaft hat in gewissem 
l Sinne diesem Rechnung getragen, sie hat meinen 
- Klienten nur des Betruges und nicht der Verun- 
! iveuung angeklagt. Carbone kam nachträglich in 
i Diese Geschichte, als der Stein schon längst im 
^Rollen war. Und wie ging es zu? Meine Herren, 
'es wurde ihm die Person und die Atacht des 
! Herrn Walser bezaubernd schön hingestellt; man 
! suche für die großen Geschäfte „eines" Herrn Wal 
ser, wie-es in den Akten heißt, der die Garantie 
einer fürstlichen Landesbank im Rücken habe, Gel 
der. Mutzte er, der so jugendlich leicht zu entflam 
men ist, nicht Respekt gewinnen, mutzte- er nicht 
Freude haben und nicht entflammt werden, in 
einen solchen Geschäftskreis hineinzuwachsen und 
sich dort betätigen zu können! Dabei ist er nicht 
eingeweiht worden in die internen, wirkli-chen Be 
gebenheiten, sondern es wurde ihm, und das ist 
zu betonen, eine bestimmte Rolle zugewiesen. Er 
hatte keine politischen Aspirationen, er hatte keine 
Geschäftsgründung im Lande Liechtenstein zu su 
chen, keine Lotteriegelüste, nichts von alledem. 
Er kannte, wie er selber sagte, das Land kaum 
dem Namen nach. Man hatte ihm damals vor 
getäuscht, das sei hier festgestellt, ohne einen Stein 
.<mi die Andern zu Wersen, lediglich den Akten 
entsprechend, Vorgetäuscht, glänzende Geschäfte, 
statt daß es sich um Schuldenzahlungen handle; 
man hat ihm Vorgetäuscht Leute mit Reichtum und 
öffentlicher Stellung, mit großen Vertrauensstel 
lungen; das hat man ihm gegenüber gemacht wäh 
rend Monaten, in Zürich und Vaduz, nach siche 
ren Aktenseststellungen, aus alle Fälle bis 17. 
August 1927. Und das hat man gemacht positiv 
und unter Verschweigung dieser Tatsachen, nicht 
nur durch einen, sondern durch zwei der Herren; 
man hat es gemacht durch falsche Angaben, ge 
macht unter Verschweigung wesentlicher Umstände. 
Das Opfer dieser Umstände sollte er nun wer 
den. 'Meine.Herren, das sind Sonderstellungen, 
die hier zu beachten sind und über die nicht leich 
ter Dinge hinweggegangen werden kann. Mein 
Klient hat meines Erachtens auch eine weitere 
Sonderstellung eingenommen vor und bei. der 
Verhaftung und später in der Untersuchung. 
Wenn Sie die Akten durchgehen, die ersten Ein 
vernahmen, die ersten Geschehnisse sich vor Augen 
führen, dann sehen Sie, wie ca. seit März 1928 
die andern drei sahen, daß ein Gewitter heran 
zieht, wie diese allmählich sich vertraut machen 
konnten mit der Situation und wie sie noch selbst, 
als die Verhandlungen vor der Regierung ge 
führt wurden, Gelegenheit hatten, sich gegenseitig 
auszusprechen, sich zu verständigen. Ich darf nur 
aus die Aktenmappe I. Fasz. 2 Pag. 41 — 27 hin 
weisen, wo der eine der Angeklagten damals zi 
tiert und befragt wurde und er erklärte, bitte, 
ich möchte zuerst mit dem Andern noch Rück 
sprache nehmen. Wie ganz anders war es für mei 
nen Klienten, der ahnungslos in Budapest unten 
weilte, u. der noch, wieSie aus meinen Privatakten, 
Akt. 14, ersehen können und tags zuvor feinem da 
maligen Anwalt Dr. Ataag den Auftrag gegeben 
hatte, nach Vaduz zu reisen, um diese ganze zi 
vilrechtliche Sache in Ordnung zu bringen und 
abzuklären, siehe Akt. 14. Und während er guten 
Gewissens und bester Hoffnung sich mit diesen 
Gedanken der Regelung seiner geschäftlichen Be 
ziehungen trug, da kam unverhofft der Häscher, 
um ihn in jenes Gefängnis zu stecken, von dem 
der Angeklagte heute selber in Untersuchung u. in 
der öffentlichen Verhandlung ein so bewegtes 
Bild entworfen hat und das er kurzgesagt, ein 
Wanzengesängnis nennen mutzte. Dort war er 
Monate lang unter Verhältnissen, gegen welche 
diejenigen, wie sie Herr Dr. Rittmeyer für sei 
nen Klienten geschildert hat, rein nichts sind. Das 
läßt sich nicht vergleichen, ein Gefängnis in Va 
duz, mag es noch so tief im Keller liegen, noch so 
trostlos aussehen, mit jenen Gefängnissen, in de 
nen während Monaten mein Klient schmachtete 
und zwar ohne jede Schuld seinerseits, indem er 
wie kaum einer, sich bemühte, möglichst rasch nach' 
Vaduz zu kommen, um hier dem Richter, dem Un 
tersuchungsbeamten, Rede und Antwort stehen 
zu können. Meine Herren, das ist eine Sonder--, 
stellung auch bei der Verhaftung. Mein Klient 
hat aber meines Erachtens auch eine Sonderstel 
lung während des ganzen Untersuchs und das ist 
zur Würdigung der ganzen Geschichte nicht be 
langlos. Ich bitte Sie zu beachten, die grundlegen 
den Verhöre wurden mit Walser, Beck und Thönh 
ausgenommen. Es ist ausfallend, wie damals in 
diesen grundlegenden Verhören keiner der Be 
teiligten Walser, Thönh, Beck, mit einem einzi 
gen Wort meinen Klienten belasteten, keiner ihn 
beschuldigte. ■ Erst als die grundlegenden Ver 
höre fertig waren, und zwar nicht nur diejeni 
gen von Dr. Thurnher am 8. und 9. Juli auf 
genommenen, sondern auch die weiteren mit dem 
Untersuchungsrichter Dr. Lenzlinger am 18., 20. 
und 21. Juli. Das ist niedergelegt im Akten 
stück 51, damals erklärte es Thönh: „Nur Wal 
ser, Beck und ich waren eingeweiht", später sagte 
Walser: „Beck und ich veranlaßten den Thönh" 
(Akt. 59). Erst als diese grundlegenden Verhöre 
vorbei waren und man glaubte, mit den drei 
Hauptbeschuldigten serttg zu sein, machte man, 
um mich des Ausdruckes zu bedienen, Jagd auf 
Meinen Klienten. Meine Herren, das Feld dazu 
war ja vorbereitet. Der Herr Untersuchungsrich-
	        

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