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preisgegeben hat. Eine weitere Sonderstellung
»verlange und vindiziere ich für meinen Klienten
»nach der Zeit und der Art der Begangenschas-
I ten, Carbone war nicht beteiligt bei einer ganzen
I Reihe von Geschäften, die hier in Frage stehen,
k ilicht beim Likörgeschäst, der Klassenlotterie, bei
iZwickh, Malans, bei Brugger Wolfzennen, beim
l Steinfördegeschäft, Barmer Bankverein. Als er
f kam, da bestanden hunverttausende von Verpflich-
k tungen geldlicher Art, bürgschastlicher Art usw.
Es ist also ein ganz wesentlich engerer Kreis von
Begangenschaften, wenn wir davon ausgehen wol
len, es seien solche, die hier für ihn in Frage
| kommen. Die Staatsanwaltschaft hat in gewissem
l Sinne diesem Rechnung getragen, sie hat meinen
- Klienten nur des Betruges und nicht der Verun-
! iveuung angeklagt. Carbone kam nachträglich in
i Diese Geschichte, als der Stein schon längst im
^Rollen war. Und wie ging es zu? Meine Herren,
'es wurde ihm die Person und die Atacht des
! Herrn Walser bezaubernd schön hingestellt; man
! suche für die großen Geschäfte „eines" Herrn Wal
ser, wie-es in den Akten heißt, der die Garantie
einer fürstlichen Landesbank im Rücken habe, Gel
der. Mutzte er, der so jugendlich leicht zu entflam
men ist, nicht Respekt gewinnen, mutzte- er nicht
Freude haben und nicht entflammt werden, in
einen solchen Geschäftskreis hineinzuwachsen und
sich dort betätigen zu können! Dabei ist er nicht
eingeweiht worden in die internen, wirkli-chen Be
gebenheiten, sondern es wurde ihm, und das ist
zu betonen, eine bestimmte Rolle zugewiesen. Er
hatte keine politischen Aspirationen, er hatte keine
Geschäftsgründung im Lande Liechtenstein zu su
chen, keine Lotteriegelüste, nichts von alledem.
Er kannte, wie er selber sagte, das Land kaum
dem Namen nach. Man hatte ihm damals vor
getäuscht, das sei hier festgestellt, ohne einen Stein
.<mi die Andern zu Wersen, lediglich den Akten
entsprechend, Vorgetäuscht, glänzende Geschäfte,
statt daß es sich um Schuldenzahlungen handle;
man hat ihm Vorgetäuscht Leute mit Reichtum und
öffentlicher Stellung, mit großen Vertrauensstel
lungen; das hat man ihm gegenüber gemacht wäh
rend Monaten, in Zürich und Vaduz, nach siche
ren Aktenseststellungen, aus alle Fälle bis 17.
August 1927. Und das hat man gemacht positiv
und unter Verschweigung dieser Tatsachen, nicht
nur durch einen, sondern durch zwei der Herren;
man hat es gemacht durch falsche Angaben, ge
macht unter Verschweigung wesentlicher Umstände.
Das Opfer dieser Umstände sollte er nun wer
den. 'Meine.Herren, das sind Sonderstellungen,
die hier zu beachten sind und über die nicht leich
ter Dinge hinweggegangen werden kann. Mein
Klient hat meines Erachtens auch eine weitere
Sonderstellung eingenommen vor und bei. der
Verhaftung und später in der Untersuchung.
Wenn Sie die Akten durchgehen, die ersten Ein
vernahmen, die ersten Geschehnisse sich vor Augen
führen, dann sehen Sie, wie ca. seit März 1928
die andern drei sahen, daß ein Gewitter heran
zieht, wie diese allmählich sich vertraut machen
konnten mit der Situation und wie sie noch selbst,
als die Verhandlungen vor der Regierung ge
führt wurden, Gelegenheit hatten, sich gegenseitig
auszusprechen, sich zu verständigen. Ich darf nur
aus die Aktenmappe I. Fasz. 2 Pag. 41 — 27 hin
weisen, wo der eine der Angeklagten damals zi
tiert und befragt wurde und er erklärte, bitte,
ich möchte zuerst mit dem Andern noch Rück
sprache nehmen. Wie ganz anders war es für mei
nen Klienten, der ahnungslos in Budapest unten
weilte, u. der noch, wieSie aus meinen Privatakten,
Akt. 14, ersehen können und tags zuvor feinem da
maligen Anwalt Dr. Ataag den Auftrag gegeben
hatte, nach Vaduz zu reisen, um diese ganze zi
vilrechtliche Sache in Ordnung zu bringen und
abzuklären, siehe Akt. 14. Und während er guten
Gewissens und bester Hoffnung sich mit diesen
Gedanken der Regelung seiner geschäftlichen Be
ziehungen trug, da kam unverhofft der Häscher,
um ihn in jenes Gefängnis zu stecken, von dem
der Angeklagte heute selber in Untersuchung u. in
der öffentlichen Verhandlung ein so bewegtes
Bild entworfen hat und das er kurzgesagt, ein
Wanzengesängnis nennen mutzte. Dort war er
Monate lang unter Verhältnissen, gegen welche
diejenigen, wie sie Herr Dr. Rittmeyer für sei
nen Klienten geschildert hat, rein nichts sind. Das
läßt sich nicht vergleichen, ein Gefängnis in Va
duz, mag es noch so tief im Keller liegen, noch so
trostlos aussehen, mit jenen Gefängnissen, in de
nen während Monaten mein Klient schmachtete
und zwar ohne jede Schuld seinerseits, indem er
wie kaum einer, sich bemühte, möglichst rasch nach'
Vaduz zu kommen, um hier dem Richter, dem Un
tersuchungsbeamten, Rede und Antwort stehen
zu können. Meine Herren, das ist eine Sonder--,
stellung auch bei der Verhaftung. Mein Klient
hat aber meines Erachtens auch eine Sonderstel
lung während des ganzen Untersuchs und das ist
zur Würdigung der ganzen Geschichte nicht be
langlos. Ich bitte Sie zu beachten, die grundlegen
den Verhöre wurden mit Walser, Beck und Thönh
ausgenommen. Es ist ausfallend, wie damals in
diesen grundlegenden Verhören keiner der Be
teiligten Walser, Thönh, Beck, mit einem einzi
gen Wort meinen Klienten belasteten, keiner ihn
beschuldigte. ■ Erst als die grundlegenden Ver
höre fertig waren, und zwar nicht nur diejeni
gen von Dr. Thurnher am 8. und 9. Juli auf
genommenen, sondern auch die weiteren mit dem
Untersuchungsrichter Dr. Lenzlinger am 18., 20.
und 21. Juli. Das ist niedergelegt im Akten
stück 51, damals erklärte es Thönh: „Nur Wal
ser, Beck und ich waren eingeweiht", später sagte
Walser: „Beck und ich veranlaßten den Thönh"
(Akt. 59). Erst als diese grundlegenden Verhöre
vorbei waren und man glaubte, mit den drei
Hauptbeschuldigten serttg zu sein, machte man,
um mich des Ausdruckes zu bedienen, Jagd auf
Meinen Klienten. Meine Herren, das Feld dazu
war ja vorbereitet. Der Herr Untersuchungsrich-