Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

■ bestimmter Kenntnis der Latumstände gehandelt hätte, 
so ist der Schlug auf den Vorsah gerechtfertigt", mit an 
dern Worten, dolus eventualis liegt dann vor, wenn der 
Täter trotz der bestimmten Voraussicht des unglückli 
chen Erfolges sich vom Handeln nicht hätte abhalten 
lassen. !.. 
Wie gesagt, ist in der Literatur umstritten, ob do 
lus eventualis nach österreichischem Recht zur Schadens 
absicht des Paragraph 197 genüge. Die Frage für un 
sern Fall ist praktisch die: Wenn Walser und Beck..zur 
Zeit, als sie die Wechselgeschäfte eingingen, gedacht hät 
ten, .das rumänische Geschäft gelinge nicht, so könnten 
sie nur dann der Schädigungsabsicht b^ichtigt werden, 
wenn sie die Wechselbegebungen doch gemacht hätten. 
Nun liegt der Beweis dafür, ob sie mit Schadensabsichh 
eventuell auch nur mit dolus eventualis im angegebe 
nen Sinne gehandelt haben, beim Staatsanwalt. Den 
Beweis hat er uns aber nicht erbracht; ja gerade im Ge- 
, genteil steht fest, daß Walser und Beck die Wechselb'ege- 
! düngen nicht gemacht hätten, wenn sie auch nur einen 
I Zweifel gehabt hätten, datz das rumänische Geschäft 
! nicht gehen werde. Es hätte für sie ja auch gar keinen 
Sinn gehabt, die Wechselgeschäfte einzugehen und Schul 
den ohne Deckungsmöglichkeit zu machen. So ist denn 
! die Schädigungsabsicht, auch bloß im Sinne des dolus 
! eventualis, nicht gegeben. 
! Angenommen aber, dolus eventualis wäre doch ge- 
! geben, so läge nach der herrschenden Praxis des österrei- 
i chischen Obersten Gerichtshofes doch kein Betrug vor, 
j weil nach den neuesten Entscheidungen desselben dolus 
' eventualis zur Schädigungsabsicht im Sinne des Pa 
ragraph 197 nicht genügt. Denn so uneinig die Rechts 
lehre ist, so klar ist die Praxis des Obersten Ge 
richtshofes in der Ablehnung des dolus' eventualis. So 
j sagt ein Entscheid vom 28. Januar 1913 : ,,Zum Tat- 
f bestand des Verbrechens des Betruges ist nach Para 
graph 197 Strafgesetz erforderlich, datz die Absicht des 
Täters darauf gerichtet war, ein,ein andern einen 
Schaden zuzufügen. Keineswegs genügt es aber, datz der 
Täter mit der «Möglichkeit einer Schädigung des an 
dern rechnen konnte oder mutzte." Ein weiterer Entscheid 
aus dem Jahre 1925 sagt ebenfalls ausdrücklich: ,,Zum 
Tatbestand des Betruges genügt der dolus eventualis 
nicht." 
Meine Herren, ich resumiere ganz kurz: Betrug, be 
gangen durch listige Vorstellungen gegenüber der Bank 
und Jrrtumserregung bei der Bank ist nicht vorhan 
den. Die Bank, deren Aufsichtsorgane, sind nicht 'listig hin 
tergangen u. betrogen worden. Ebenso wenig ist Zwicky be 
trogen, getäuscht worden, weil gar kein Grund! da war, ihn 
durch listige Handlungen in Irrtum zu führen. Er konn 
te die Diskontierung in dem Moment ruhig machen, wo 
er wutzte, datz Thöny zeichnungsberechtigt war. Selbst 
wenn man aber listige Handlungen und Jrrtumserre- 
' gung irgendwie konstruieren wollte, so wäre Betrug we 
gen mangelnder Schadensabsicht nicht gegeben. Dolus 
directus fehlt; wenn aber der Herr Staatsanwalt etwa 
dolus eventualis konstruieren möchte, dann wäre Be 
trug deshalb nicht gegeben, weil dolus' eventualis nach 
neuesten Entscheidungen Zum Betrugstatbestande nicht ge 
nügt. ’ 
Wenn nun Betrug nicht vorliegt, so könnte man sich 
fragen, ob etwa ein anderes Delikt gegeben sei, eventuell 
Veruntreuung. Frage: Hat Thöny etwa eine Verun 
treuung begangen.und damit auch Beck? Diese Ansicht 
hat Ihnen schon Herr Nationalrat Huber widerlegt. 
Er hat erklärt, datz das, was Thöny und indirekt auch 
Beck gemacht haben, blotze Untreue ist, die nach dem gel 
tenden österreichischen Rechte nicht bestraft werden kann; 
es liegt blotze zivilrechtliche Kompeteiyüberschreitung vor. 
Nun habe ich bei. Altmann bei Prüfung dieser Frage, 
ob anstatt Betrug eventuell Veruntreuung vorliegen könn-, 
te, in seinem Kommentar vom Jahre 1928 folgende 
Bemerkungen gefunden: ».Das Kriterium für die Frage, 
ob Betrug oder Veruntreuung, bildet der Umstand, ob 
die durch die Täuschung, hervorgerufene Handlung des 
Irregeführten den Schaden direkt, ohne datz es wei 
terer eigenmächtiger Akte des Täters bedarf, vermitteln 
kann oder nicht. Der Oberste Gerichtshof nimmt daher 
mit Recht nicht jBetrug, sondern Veruntreuung an, wenn 
der Vormund, unter 'Vorbringung der unwahren Be 
hauptung, es sei für den Mündel Wäsche anzuschaffen, 
vom Vormundschastsgericht einen Geldbetrag erhält und 
ihn für sich verwendet." Wenn wir diesen Ausspruch auf 
unsern Fall übertragen, so ist Thöny mit seiner Zeich 
nungsberechtigung dem Vormund gleichzustellen und 
Zwicky dem Vormundschastsgericht. Der Oberste Gerichts 
hof hat nun entschieden, datz Veruntreuung vorliege, weil 
der Vormund, nachdem er das Geld vom Vormund 
schaftsgericht erhalten hatte, das Geld für eigene Zwecke 
verwendete. Sollten Sie nun annehmen, datz unser Fall 
demjenigen aus Altmann ähnlich sei, so liegt.bei.uns nun 
aber trotzdem keine Veruntreuung vor, weil ja in unserm 
Falle Thöny das Geld nicht für eigene Zwecke verwendete. 
Wozu hat denn Thöny das Geld von Zwicky und der 
Rhätischen Bank benützt? Wie . aus der persönlichen 
Befragung und den Akten hervorgeht, zur Deckung ver 
schiedener offener Konti, also zu Gunsten der Bank. So 
geht denn aus dem Gesagten hervor, datz es sich bei 
den Handlungen von Thöny-und Beck auch nicht um Ver 
untreuung handeln kann, weil das wesentlichste Moment 
der Veruntreuung, die Vorenthaltung der anvertrauten 
Cache, fehlt. 
Meine . Herren, nachdem ich diese grundsätzlichen 
rechtlichen Momente hervorgehoben habe, Mangel des 
Betruges gegenüber der Sparkasse, ebenso gegenüber dem 
Dritten, sodann Mangel der Begriffsmomente der Verun 
treuung, kann ich mich für den Rest meiner Ausführun 
gen ziemlich kurz fassen, um Ihre Aufmerksamkeit nicht 
allzulange m Anspruch zu nehmen. 
Der zweite Wechsel war der, , der bei-der Rhätischen 
Bank begeben wurde. Hier liegen alle Momente genau so 
wie bei Zwicky. So..gilt hiefür alles das, was schon 
bei Zwicky gesagt wurde, nur kommt bel,diesem Fall noch 
die Vereinfachung hinzu, datz die RHLtische Bank nicht 
einmal nach dem Handelsregisterauszug fragte, wie es 
Zwicky tat. Bei der Rhätischen Bank ging der Diskont 
glatt, vonstatten, weil.sie sich mit der Unterschrift durch 
den Zeichnungsberechtigten' Thöny ohne Weiteres beru 
higte und beruhigen konnte; sie-Mutzte nicht in Irrtum ver 
setzt werden. - :
	        

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