Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

Stenographischer 
verhan-lun-s-Sericht 
aus -em Kriminalprozeß gegen Zranz Thönp, Niko Seck, -Inton Walser un- Ru-olf Larbone. 
23. Ausgabe. Mittwoch, 4. Dez. 1-2». 
i Herr 'Präsident, hohe 'Kriminalrichter! 
? Es ist durchaus richtig, das; dieser Prozeß heraus- 
! gewachsen ist aus einem schweren Unglück, daß 
-dieses Unglück das ganze Land betroffen hat. Und 
- daß unter diesem Unglück das Land wahrscheinlich 
-noch lange zu tragen haben wird. Meine Herren, 
î aber unrichtig. wäre, es, nun dieses ganze Unglück 
-ans diese vier Köpfe verteilen zu wollen, die Der- 
- antwortlichkeit dafür. Nicht bloß sie sind die Schul 
digen,. sondern sie stehen hier auch oder sitzen auf 
der Anklagebank als Vertreter einer gewissen Kol 
lektivschuld, die diejenigen auf sich geladen Habens 
die jenen Geist der Raffsucht, jene Sucht nach 
mühelosem Erwerb durch kühne fantastische Pläne 
in dieses nüchterne, fleißige liechtensteinische Volk 
hineingetragen haben. Es hat ein Schweizer ein 
mal über dieses Liechtenstein eine kleine Arbeit 
^schrieben. Es ist unser Schriftsteller I. E. Heer. 
Er schilderte, wie in Liechtenstein doch allmählich 
alles sich erholt hat, wie Kulturwerke hier ge 
schaffen worden feien, wie das zustande gekom- 
> men sei teils durch die Unterstützung des Fürsten 
hauses, teils durch Oesterreich. Aber, schließt er 
- dann, das beste zu der offensichtlich da liegenden 
[ kulturellen und wirtschaftlichen Blüte der beiden 
l Länder Liechtenstein und Vorarlberg hat der all- 
lgemeine und riesige Fleiß der eigenen Bevölke- 
[ rung getan, die sich namentlich in der Industrie 
-und.Landwirtschaft mit wachsender Unterneh- 
-mungslust an den wirtschaftlichen Fortschritten 
der neuen Zeit beteiligten. Das war der gute ge 
sunde Geist, wie er im liechtensteinischen Volke 
I lebt und wirkt. Die Angeklagten, sie sind die 
-Opfer einer Infektion, mit einem landfremden 
i Geist, der die Frucht des Krieges und der Nach 
kriegszeit ist. Dieser Geist hat das Volk ergreifen 
Können, weil es .in Not und Elend war und wie 
[fcer Körper des einzelnen Menschen, wenn er 
-schwach ist, wenn er Entbehrungen zu ertragen 
' hat, gegen Krankheiten weniger widerstandsfähig 
\ ist, so ist auch Liechtenstein in einer gewissen Zeit 
-weniger widerstandsfähig gewesen. Der heutige 
^Prozeß sollte, glaube ich, eine Sanierung sein, 
-der Anfang einer Gesundung, und wenn mir ein 
-Wort über die Verteidigung hinaus gestattet ist, 
fvielleicht auch ein Anfang einer Verständigung, 
i Diese werden ihr Leben lang, ob sie gestraft w er 
sten oder nicht, schwer zu tragen haben, schwer 
büßen müssen. Aber das, was geschieht, soll ein 
Akt der Gerechtigkeit sein als Verständnis für 
die Schuld des einzelnen wie für den Teil der 
Schuld der anderen. 3 ; 
Dr. Guntli: Verehrter Herr Präsident! Meine verehrten 
Herren Kriminalrichterl 
Für den Angeklagten Walser stelle ich den Antrag, er 
sei von der Anklage ans Betrug freizusprechen, eventuell sei 
er milde zu bestrafen unter Anwendung des bedingten Straf 
erlasses und unter Berücksichtigung der erstandenen Unter- 
suchungshaft. Gegenüber der Zivilklage stelle ich den Antrag, 
es sei dieselbe auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, soweit 
nicht der Angeklagte Walser heute schon die Forderungen vor 
Gericht anerkannt hat. Nämlich die 15 000 Franken erhalte 
nen Vorschuß für die Reise nach Rumänien und die 240 971 
Franken 25 Rappen gemäß Vergleich der Landesbank mit 
dem Barmer Bankverein. 
Ich möchte die Zivilklage zunächst erledigen und hin 
weisen auf die gesetzlichen Bestimmungen, wonach beispiels 
weise Forderungsansprüche nur soweit vom Gerichte, das sich 
mit der Strafsache zu befassen hat, zu erledigen sind, als die 
Ansprüche dem Betrage nach „verläßlich", heißt es im Gesetze, 
entschieden werden können. Das ist mit Bezug auf diese diver 
sen komplizierten Wechselangelegenheiten nicht der Fall. Da- 
rüber ist das Gericht nicht genügend, insbesondere auch zah- 
lenmäßig nicht ausreichend orientiert. Es spielen da, wie 
Herr Kollege Nationalrat Huber angedeutet hat, verschiedene 
Wechsel ineinander, der eine diente zur Abhebung des anderen 
und so kann nicht einfach, wie man es tun wollte, auf die 
Beträge der Wechsel abgestimmt werden, sondern da muß 
schon das Ende der Liquidierung abgewartet werden, der Li- 
quidierung bei den von den Wechselgläubigern angerufenen 
Gerichten. Wir haben aus dem Munde >des Herrn Zivilklä- 
gers vernommen, daß dort auch noch nicht alle Sachen er 
ledigt sind, einige hängen beim Obergericht, andere sind noch 
beim Landgerichte anhängig. Es wird Einrede erhoben seitens 
der Spar- und Leihkasse, ich nehme cm mit Recht, sonst würde 
sie sie nicht erheben. Es ist doch notwendig, daß eine Abklä- 
rung dieser Dinge abgewartet wird, bevor hier über die Zivil- 
klage entschieden wird. Ich glaube also, die gesetzliche Voraus 
setzung stir die Erledigung der Zivilklage im Adhäsions 
verfahren mangelt und ich bitte Sie daher, unserem gemein 
samen Antrag auf Verweisung auf den separaten Zivilrechts 
weg zu entsprechen. 
Nun-, meine Herren, die Strafsache. Ich würde meiner 
Aufgabe nicht gerecht, glaube ich, wenn ich hier einen Vortrag
	        

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