- 291 -
legt. Das ist kein Betrug, wenn jemand sich selbst bereichert
oder einen Dritten oder andere. Wenn jemand einen Dritten
schädigt und nachher, nachdem er die Ursache des Schadens
selbst gesetzt hat, ben Geschädigten oder einen anderen über
diese Tatsachen in Irrtum versetzt, das ist kein Betrug, das
kann ein Diebstahl sein, das kann eine Veruntreuung sein,
aber es ist niemals ein Betrug. Es muß die Staatsanwält-
schast sagen, und da haben wir Klarheit der Ausführungen
vermißt, die Staatsanwaltschaft muß bei ihren Anklage»
Herrn Thöny und den anderen Angeklagten gegenüber be
haupten und beweisen, der Herr Thöny habe irgend jeman
den i» einen Irrtum versetzt oder in Unwissenheit lind er habe
diesen betreffenden Getäuschten, im Irrtum befindlichen, da
durch zu einem Verhalten oder zu einen. Unterlassen veran
laßt, was den eine» von Thöny beabsichtigte» Schade» herbei
geführt «habe. Wir werden nachher zu nntersuchen haben,
ob die Staatsanwaltschaft nach dieser Richtung taugliche Be
hauptungen gebracht hat. Ich will jetzt schon darauf hinweisen,
daß diese Ausführungen, die ich hier gemacht habe, sich durch
aus decken mit der Ausfassung der Rechtslehre. Ich verweise
Sie ans das Buch „Grundriß des österr. Strafrechtes von
Lammasch, 5. Auflage, § 246". Sie finden hier die Aus-
jührungen auf- Seite 302, 303, 304 nuten, 306 in der Mitte.
Lanunasch sagt dort:
„Betrug begeht, wer jemanden durch eine listige Vor
stellung oder Handlung in Irrtum führt oder durch solche
Mittel desseg Irrtum benützt, uiu ihn durch den Irrtum zu
einem Verhalten zu bestimmen, durch welches dieser sich selbst
oder einem Dritten »mvissentlich einen Schaden zufügen soll.
Das charakteristische Merkmal, durch welches der Betrug sich
von anderen Verbrechen unterscheidet, liegt darin, daß der
Schaden des Betrogenen unmittelbar aus seinem eigenen
Verhalten entspringt (KH. 4041 OeR. 607), daß dieses sein
aktives oder auch nur passives Verhalte» jedoch von dem
Betrüger vorsätzlich, und zwar durch Erregung oder Bestär
kung eines Irrtums veranlaßt worden ist (Finger II 566).
Dieser nur mittelbare Kausalzusammenhang zwischen der
Tat des Betrügers und dem Schaden des Betrogenen be
gründet eine weitere Aehnlichkeit des Betruges mit der Er
pressung. Jedoch unterscheiden sich beide Delikte in dieser Be
ziehung dadurch, daß derjenige, der das Opfer einer Erpres
sung ist, weiß, daß er eine Handlung vornimmt, durch die
er sich schädigt, diesen Schaden jedoch als das kleinere von
zwei Uebeln vorzieht, während der Betrogene nicht weiß, daß
er sich schädigt."
Dann ans Seite 3,03: fliest).
Der Betrogene muß selbst sich schädige», und zwar des
halb, weil er sich in einem Irrtum befindet, de» der Betrüger
entweder verursacht oder ivissentlich aufrocht erhalte» und be
nützt hat.
Auf Seite 304 unten heißt es: „Der Klausalznsammen-
hang zwischen einer Tätigkeit des Angeklagte» und einem
Schaden des angeblich Betrogenen genügt nicht zur Zurech
nung des Betruges, es muß zu ihm noch ein ursächlicher Zu
sammenhang zwischen der Tätigkeit des Betrügers und der
Entstehung oder dem Fortbestände jenes Irrtumes hinzukom-
anen, infolgedessen der Betrogene die schädigende Handlung
vornimmt."
Es muß der Betrogene die schädigende Handlung vor
nehmen, niemals wenn der Täter die schädigende Handlung
vornimmt, es sei ihm jetzt gestattet worden, auf Grund eines
Irrtums, den er verursacht habe, sonst niemals ist das.ein Be
trug. Es sann etwas anderes, es kann Diebstahl, Raub sein, i
kann unlauterer Gebrauch einer Sache sein, aber das ist kein
Betrug.
Und endlich auf Seite 306: „Betrug liegt nicht vor,
wen» die Täuschung bloß den Zweck verfolgt, dem Täter Ge
legenheit zu verschaffen, damit er durch eine weitere Handlung
von seiner Seite den andern schädige, zum Beispiel damit er
in die Lage versetzt werde, zu veruntreuen (SSt. I 80) oder
damit er eine fremde Sache entwenden könne (KH. 3934,
4281, 48/20). Die Täuschung muß fick; auf die Motive des ^
Getäuschten beziehen, durch welche er zu seinen, Verhalten
zum Beispiel zum Abschlüsse des betressende» Rechtsgeschäf-
teZ, bestimmt werden soll."
Hoher Gerichtshof! Meine Herren! Mir scheinen diese
Ausführungen durchaus klar zu sein und angesichts des Wort- -
lautes, des Sinnes des österreichischen Strafgesetzbuches kann
ich schlechterdings nicht verstehen, wie im vorliegenden Falle so
umfassend die Behauptung des Betruges erhoben werden
konnte. Es gibt einzelne Tatbestände, bei denen.der Betrug
angenommen werden konnte, wo Thöny beispielsweise als
Inhaber der Verfügnngsmacht betrogen lind veranläßt wor
den ist, auf Grund seines Irrtums zu handeln und zu schädi
gen. Das sind FrrtumStatbestände, aber nirgends liegt ein
Irrtum vor zu Lasten des Thöny da, wo er gehandelt hat.
Ich werde weiters daraus zurückkommen. Die Anklage nennt
dann auch einen Tatbestand des § 201, lit. a, den wir als
Urkundenfälschung zu bezeichne» Pflegen, ohne das; er irgend
welche Ausführungen darüber gemacht hat. Ich enthalte inich
auch einer Antwort auf diese Bemerkung. M. E. liegen die
Voraussetzungen zu Artikel 201, lit. a, nicht vor. Es wird
dann in merkwürdiger Weise, trotz der Aufklärung, .die wir
im Verlaufe der Verhandlungen erhalten haben, ansrecht er
halten die Klage nach § 201, lit cl. Es wird meinen, Klienten
vorgeworfen, daß er sich hinter einem falschen Schein ver
borgen habe, hinter dem falschen Schein des voll Verfügungs
berechtigten verbürge». Hat er das getan? Hat er irgend
jemanden durch Vorspiegelung der übrigens nicht durch die
Tatsache, aber sagen wir einmal durch die Vorspiegelung der
Behauptung der Tatsache, er sei unbeschränkt, verfügungsbe
rechtigt, hab er irgend jemanden getäuscht dadurch und da
durch veranlaßt, mit ihm eine» Kontrakt einzugehen, de» er
selbst nicht eingegangen wäre? Wenn das der Fall wäre,
würde die Sache für die Zivilpartei wesentlich einfacher wer-
den. 'Sodann wird meinen, Klienten noch vorgeworfen, er
habe sich der Veruntreuung im Sinne des Artikels 183 des
St. G. schuldig gemacht. § 183 umschreibt die Veruntreuung
solgeiidermaßen:
„Des Verbrechens der Veruntreuung macht sich auch
derjenige schuldig, welcher außer dein im 8 181 enthaltenen
Falle ein ihm anvertrautes Gut i» einem Besage von inehr
als 200 Franken vorenthält oder sich zueignet."
Das ist eine sehr enge Eingrenzung des Begriffes der
Vernntreniing, das wird als Unterschlagung bei uns,bezeich
net. Notivendig ist entweder die Voreiithaltung eines anver
trauten Gutes oder die Aneignniigsabsicht. Was hat Thöny
gemacht? Er hat nichts vorenihalten. Er hat nicht? angeeig
net, sondern er hat über Eigentum der Bank, über Rechte
der Bank verfügt unter Ueberschreitnng seiner Kompetenz.
Er war ei» schlechter Bankverwalter, und es gibt immerhin
Gesetze, welche ihn dafür strafen würden. Aber das Oesterrei
chische Strafgesetzbuch gehört nicht zu diese» Gesetzen. In
Deutschland würde er dafür bestraft, da würde seine Tat