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Präsident: Das Gericht hat diesen nachträglichen Be-
weisantrag zugelassen und als Experten bestimmt die Herren
Dr. Batliner und Dr. Längte, erster Assistent der Landes
irrenanstalt Valduna. Die Herren haben gestern Carbane
untersucht und heute mittag den Befund abgegeben. Wir
werden den Befund vorlesen lassen Und dann die Parteien
ansragen, ab sie auch noch persönliche Einvernahme der
beiden Herren Sachverständigen wünschen. Die beiden Herren
sind ans alle Fälle im Saale anwesend.
(Der Schrift sichrer liest das Gutachten über Carbone.)
Präsident: Wird die Vernehmung der Sachverständigen
gewünscht? Staatsanwalt?
Staatsanwalt: Nein.
Präsident: Verteidigung?
Dr. Ditscher: Ich möchte nur eine kurze Frage an die
Herren Sachverständigen richte», Auf Seite 4 des Gut
achtens ist die Menge des täglich aufgenommenen Morphiums
mit 0,15 Gramm angegeben. Ich möchte von den Sachver
ständigen wissen, ob das eine starke Dosis ist, oder ob es
nur eine bescheidene Dosis ist.
Dr. Längte: Das ist im allgemeinen, wen» diese Dosis
gleich das erstemal genommen wiirde, eine tödliche. Der Mor
phinist beginnt mit schwächerer Dosis und steigert duvch Ge
wöhnung die Dosis immer mehr bis zu 0,1, 0,2 oder 0,3
Gramm täglich, ohne das; es eine tödliche Wirkung hat. Ob
das Morphium im legten Stadium eine besonders starke
Wirkung hatte, kann ich nicht beurteilen. Das ist hinterher
nicht gut möglich. Jedenfalls ist das eine ziemlich hohe Dosis,
0,15 Grannn pro Tag, die halbe Maximaldosis.
Präsident: Wollen keine Fragen mehr gestellt werden?
Es ist nicht der Fall.
Wird auf die Beeidigung verzichtet? Ja.
Null wäre die Behandlung dieses Gutachtens erledig
und wir würden weiterfahren mit den Parteivorträgen. Das
Wort hat der Vertreter des Angeklagten Franz Dhöny, Herr
Nationalrat Dr. H n b e r , St. Gallen.
Dr. Huber: Hoher Gerichtshof! Als Verteidiger des
Herrn Thöny /beantrage ich, es sei mein Klient von allen
Anklagepunkten freizusprechen. Allenfalls bitte ich Sie, milde
Bestrafung anszusprechen, getilgt durch die Untersuchungs-
haft lind für die nicht getilgte Strafe bedingten Straferlaß
zu gewähren. Ich bitte speziell ariich um Anwendung des ihm
zustehenden außerordentlichen Milderungsrechtes. In bezug
auf die Zivilklage beantrage ich, ihn auf den Zivilrechtsweg
zu verweisen gemäß 8 238 des St. G. (Liest.)
Ich glaube keine großen Ausführungen darüber machen
zu iniissen, daß in der Tat die Privaten Ansprüche nach keiner
Richtung abgeklärt sind, daß es heute vollständig unmöglich
ist, festzustellen, wie groß die Verpflichtungen der Landes
bank sind, die entstanden sind ans dem Verhalten meines
Klienten, und wieweit inein Klient dafür verantwortlich ge
macht werden kann, inwieweit Selbstverschulden der Ban!'
mitspricht, inwieweit die geschlossenen Vereinbarungen richtig
waren, inwieweit dabei Rechte vernachlässigt worden sind, die
gerechter Weise Hütten gewahrt- werden sollen. Ich stelle fest,
daß eine gailze Reihe Prozesse noch anhängig sind, sodaß
schlechterdings nicht von einer abgeklärten Sache gesprochen
werden kann. Ich begnüge mich bezüglich der Zivilklage mit
diesen wenigen Bemerkungen, denn es ist ausgeschlossen, die
materielle Behandlung zu erwarten.
Ick) verfiige nicht über die blumenreiche Sprache deS
Herrn Staatsanwaltes, ich werde Ihnen deshalb keine Schil
derung des Rheinunglückes geben, in der Annahnie, datz
Ihnen diese bedauerlichen Tatsachen hinreichend bekannt sind. ;
Sie dürfen nicht daran zweifeln, daß die Verteidigung, mit
gleichem Schinerz diese Dinge erlebt hat, glaube aber, daß
ei» direkter Zusammenhang mit deni heutigen Geschehen
zwischen Rheinungliick und den Taten det Angeklagten nicht
besteht. Mir scheint es gerecht zu sei», daß ivir uns bei den
Ausführungen auf dasjenige beschränken, was mit dem Pro
zeß etwas zu tun.hat. Ich bin einig mit der Anklage, wenn
ie die politischen Einflüsse möglichst weit zurückdrängen will,
obwohl nicht verschwiegen lind nicht übersehen werden darf,
laß selbstverständlich ohne die politischen und wirtschaftlichen
Verhältnisse, wie sie in Liechtenstein bestanden, die ganzen
Vorkommnisse nicht erklärbar gewesen wären. Entgegen der
üblichen Form der Verteidigung will ich gerade deshalb, »m
eine möglichst nüchterne Behandlung vorzubereiten, mit
einigen rechtlichen Ausführungen beginnen 'und nicht die
Tatsachen an die Spitze stellen, auch deshalb nicht, weil in
bezug auf die tatsächlichen Feststellungen wir nicht so sicher
abgegrenzte Ergebnisse vor uns haben, als die, die Ihnen
bekannt sind. Die Anklage wirft meinem Klienten vor, er
habe sich schuldig gemacht des Betruges nach 8 197, 200,
201, lit. a und b, des Strafgesetzes, ferner schuldig gemacht
der -Veruntreuung im Sinne des Artikel 183 des St. G.
Mir scheint nach den Ausführungen, die der Herr Staats
anwalt am Schlüsse gegeben hat, nicht zivecklos zu sein.
zuerst die Begriff-Merkmale des Betruges, wie sie beschrieben
sind int österreichischen Strafrecht und umschrieben sind in
wesentlicher Unterscheidung von anderen Strafrechten, vom
deutschen und schweizerischen Strafrecht, diese Begriff-Merk
male festzustellen.
8 197 lalltet: „Wer durch listige Vorstellungen oder
Handlungen einen andern in J'rrtlnn führt, durch welchen
jemand, sei es der Staat, eine Gemeinde oder andere Person,
an seinem Eigentrune oder andern Rechten Schaden leiden
soll. oder wer in dieser Absicht lind auf die eben erwähnte
Art eines andern Irrtum oder Unwissenheit benützt, begeht
einen Betrug, er mag sich hiezu durch Eigennutz, Leidenschast,
durch die Absicht, jemanden gesetzwidrig zu begünstigen. oder
sonst durch was immer für eine Nebenabsicht haben verleiten
.lassen."
Der Betrug hat die Eigentümlichkeit, daß ec sich nicht
erschöpft in einer Handlung des Angeklagten, des Täters,
sondern daß er voraussetzt, in sich schließt ein Handeln
oder ein Verhalten des Betrogenen, daß der Betrogene durch
eine Täuschung zu einer bestimmten Handlung oder Ver
haltung veranlaßt werden soll, der dann wiederum seiner
seits den Schaden zu verursachen hat. Es begegnet also da
der Betrug in deut rechtlichen Ausbau jener anderen Rechts
figur, der Erpressung, wo der Schaden auch nichtzugefügt
wird durch eine Tat des Täters, sondern durch die Tat des
Geschädigten selbst. Bei der Erpressung wird der Geschä-
digte durch Gewalt der Erpressung zu einer Handlung oder zu
einein-Verhalten veranlaßt. Beim Betrug niuß eine Person
verairlaßt werden, etivas zu tun oder zu unterlassen, wodurch
der vom Täter gewollte beabsichtigte Schaden eintritt. Es isi
also ein erstes Begriffsinerkmal die Erregung oder Benützung
eines Irrtums, die Absicht der Schädigung und der Kausal
zusammenhang zwischen diesem Irrtum, und zwischen der
Handlung oder Unterlassung des in die Irre Geführten und
dem schließlichen Schaden. Nicht etwa das Umgekehrte, wie die
Staatsanwaltschaft effektiv in ihren Konstruktionen es vor-