Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Präsident: Das Gericht hat diesen nachträglichen Be- 
weisantrag zugelassen und als Experten bestimmt die Herren 
Dr. Batliner und Dr. Längte, erster Assistent der Landes 
irrenanstalt Valduna. Die Herren haben gestern Carbane 
untersucht und heute mittag den Befund abgegeben. Wir 
werden den Befund vorlesen lassen Und dann die Parteien 
ansragen, ab sie auch noch persönliche Einvernahme der 
beiden Herren Sachverständigen wünschen. Die beiden Herren 
sind ans alle Fälle im Saale anwesend. 
(Der Schrift sichrer liest das Gutachten über Carbone.) 
Präsident: Wird die Vernehmung der Sachverständigen 
gewünscht? Staatsanwalt? 
Staatsanwalt: Nein. 
Präsident: Verteidigung? 
Dr. Ditscher: Ich möchte nur eine kurze Frage an die 
Herren Sachverständigen richte», Auf Seite 4 des Gut 
achtens ist die Menge des täglich aufgenommenen Morphiums 
mit 0,15 Gramm angegeben. Ich möchte von den Sachver 
ständigen wissen, ob das eine starke Dosis ist, oder ob es 
nur eine bescheidene Dosis ist. 
Dr. Längte: Das ist im allgemeinen, wen» diese Dosis 
gleich das erstemal genommen wiirde, eine tödliche. Der Mor 
phinist beginnt mit schwächerer Dosis und steigert duvch Ge 
wöhnung die Dosis immer mehr bis zu 0,1, 0,2 oder 0,3 
Gramm täglich, ohne das; es eine tödliche Wirkung hat. Ob 
das Morphium im legten Stadium eine besonders starke 
Wirkung hatte, kann ich nicht beurteilen. Das ist hinterher 
nicht gut möglich. Jedenfalls ist das eine ziemlich hohe Dosis, 
0,15 Grannn pro Tag, die halbe Maximaldosis. 
Präsident: Wollen keine Fragen mehr gestellt werden? 
Es ist nicht der Fall. 
Wird auf die Beeidigung verzichtet? Ja. 
Null wäre die Behandlung dieses Gutachtens erledig 
und wir würden weiterfahren mit den Parteivorträgen. Das 
Wort hat der Vertreter des Angeklagten Franz Dhöny, Herr 
Nationalrat Dr. H n b e r , St. Gallen. 
Dr. Huber: Hoher Gerichtshof! Als Verteidiger des 
Herrn Thöny /beantrage ich, es sei mein Klient von allen 
Anklagepunkten freizusprechen. Allenfalls bitte ich Sie, milde 
Bestrafung anszusprechen, getilgt durch die Untersuchungs- 
haft lind für die nicht getilgte Strafe bedingten Straferlaß 
zu gewähren. Ich bitte speziell ariich um Anwendung des ihm 
zustehenden außerordentlichen Milderungsrechtes. In bezug 
auf die Zivilklage beantrage ich, ihn auf den Zivilrechtsweg 
zu verweisen gemäß 8 238 des St. G. (Liest.) 
Ich glaube keine großen Ausführungen darüber machen 
zu iniissen, daß in der Tat die Privaten Ansprüche nach keiner 
Richtung abgeklärt sind, daß es heute vollständig unmöglich 
ist, festzustellen, wie groß die Verpflichtungen der Landes 
bank sind, die entstanden sind ans dem Verhalten meines 
Klienten, und wieweit inein Klient dafür verantwortlich ge 
macht werden kann, inwieweit Selbstverschulden der Ban!' 
mitspricht, inwieweit die geschlossenen Vereinbarungen richtig 
waren, inwieweit dabei Rechte vernachlässigt worden sind, die 
gerechter Weise Hütten gewahrt- werden sollen. Ich stelle fest, 
daß eine gailze Reihe Prozesse noch anhängig sind, sodaß 
schlechterdings nicht von einer abgeklärten Sache gesprochen 
werden kann. Ich begnüge mich bezüglich der Zivilklage mit 
diesen wenigen Bemerkungen, denn es ist ausgeschlossen, die 
materielle Behandlung zu erwarten. 
Ick) verfiige nicht über die blumenreiche Sprache deS 
Herrn Staatsanwaltes, ich werde Ihnen deshalb keine Schil 
derung des Rheinunglückes geben, in der Annahnie, datz 
Ihnen diese bedauerlichen Tatsachen hinreichend bekannt sind. ; 
Sie dürfen nicht daran zweifeln, daß die Verteidigung, mit 
gleichem Schinerz diese Dinge erlebt hat, glaube aber, daß 
ei» direkter Zusammenhang mit deni heutigen Geschehen 
zwischen Rheinungliick und den Taten det Angeklagten nicht 
besteht. Mir scheint es gerecht zu sei», daß ivir uns bei den 
Ausführungen auf dasjenige beschränken, was mit dem Pro 
zeß etwas zu tun.hat. Ich bin einig mit der Anklage, wenn 
ie die politischen Einflüsse möglichst weit zurückdrängen will, 
obwohl nicht verschwiegen lind nicht übersehen werden darf, 
laß selbstverständlich ohne die politischen und wirtschaftlichen 
Verhältnisse, wie sie in Liechtenstein bestanden, die ganzen 
Vorkommnisse nicht erklärbar gewesen wären. Entgegen der 
üblichen Form der Verteidigung will ich gerade deshalb, »m 
eine möglichst nüchterne Behandlung vorzubereiten, mit 
einigen rechtlichen Ausführungen beginnen 'und nicht die 
Tatsachen an die Spitze stellen, auch deshalb nicht, weil in 
bezug auf die tatsächlichen Feststellungen wir nicht so sicher 
abgegrenzte Ergebnisse vor uns haben, als die, die Ihnen 
bekannt sind. Die Anklage wirft meinem Klienten vor, er 
habe sich schuldig gemacht des Betruges nach 8 197, 200, 
201, lit. a und b, des Strafgesetzes, ferner schuldig gemacht 
der -Veruntreuung im Sinne des Artikel 183 des St. G. 
Mir scheint nach den Ausführungen, die der Herr Staats 
anwalt am Schlüsse gegeben hat, nicht zivecklos zu sein. 
zuerst die Begriff-Merkmale des Betruges, wie sie beschrieben 
sind int österreichischen Strafrecht und umschrieben sind in 
wesentlicher Unterscheidung von anderen Strafrechten, vom 
deutschen und schweizerischen Strafrecht, diese Begriff-Merk 
male festzustellen. 
8 197 lalltet: „Wer durch listige Vorstellungen oder 
Handlungen einen andern in J'rrtlnn führt, durch welchen 
jemand, sei es der Staat, eine Gemeinde oder andere Person, 
an seinem Eigentrune oder andern Rechten Schaden leiden 
soll. oder wer in dieser Absicht lind auf die eben erwähnte 
Art eines andern Irrtum oder Unwissenheit benützt, begeht 
einen Betrug, er mag sich hiezu durch Eigennutz, Leidenschast, 
durch die Absicht, jemanden gesetzwidrig zu begünstigen. oder 
sonst durch was immer für eine Nebenabsicht haben verleiten 
.lassen." 
Der Betrug hat die Eigentümlichkeit, daß ec sich nicht 
erschöpft in einer Handlung des Angeklagten, des Täters, 
sondern daß er voraussetzt, in sich schließt ein Handeln 
oder ein Verhalten des Betrogenen, daß der Betrogene durch 
eine Täuschung zu einer bestimmten Handlung oder Ver 
haltung veranlaßt werden soll, der dann wiederum seiner 
seits den Schaden zu verursachen hat. Es begegnet also da 
der Betrug in deut rechtlichen Ausbau jener anderen Rechts 
figur, der Erpressung, wo der Schaden auch nichtzugefügt 
wird durch eine Tat des Täters, sondern durch die Tat des 
Geschädigten selbst. Bei der Erpressung wird der Geschä- 
digte durch Gewalt der Erpressung zu einer Handlung oder zu 
einein-Verhalten veranlaßt. Beim Betrug niuß eine Person 
verairlaßt werden, etivas zu tun oder zu unterlassen, wodurch 
der vom Täter gewollte beabsichtigte Schaden eintritt. Es isi 
also ein erstes Begriffsinerkmal die Erregung oder Benützung 
eines Irrtums, die Absicht der Schädigung und der Kausal 
zusammenhang zwischen diesem Irrtum, und zwischen der 
Handlung oder Unterlassung des in die Irre Geführten und 
dem schließlichen Schaden. Nicht etwa das Umgekehrte, wie die 
Staatsanwaltschaft effektiv in ihren Konstruktionen es vor-
	        

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