Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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kleeblatt bestimmt nicht besser zusammentragen 
können. Walser zög Thr/nh an sich, Thöjny und 
Walser zogen Nico Beck an sich, Nico Beck zog 
Carbone an sich. 
Ich hoffe und glaube, es wird in diesem Lande 
keinen Menschen mehr geben, der davon erfah 
ren hat, mit Ausnahme selbstverständlich meiner 
verehrten Kollegen, der Herren Verteidiger, die 
pflichtgemäß dieser schwierigen Aufgabe dahier 
walten müssen, die die Handlungen der Angeklag 
ten nicht restlos verurteilen. Da ist in erster Li 
nie der Angeklagte Walser. Er war der Haupt 
akteur der ganzen Macherei, der spiritus rek- 
tor, ein Hasardeur, aber nicht aus eigene Kosten, 
sondern aus Unkosten des Landes. Aus kleinlichen 
Verhältnissen herausgewachsen, fühlte er sich zu 
Größerem geboren. Anstatt auf dem heimatlichen 
Gute hier zu schassen, — seine Frau hatte ihm 
die Wirtschaft zum Kirchtäler in die Ehe ge 
bracht — anstatt durch ehrliche Arbeit ein sor 
genloses Dasein zu führen, hatte er ganz andere 
Passionen. Er widmete sich der politischen Lauf 
bahn. Das.Glück schien ihm hold zu sein. Er wurde 
Gemeinderat, Abgeordneters er wurde.Obmann 
der Regierungspartei. Sein Wort galt viel, sein 
Wort wog schwer, und als er einmal soweit war, 
fühlte er sich in der Rolle des omnipotenten 
Volkstrj'buns, der wie er sagte, dem Fürsten die 
Rechte genommen habe, um sie dem Volke zu ge 
ben. Dafür hat er aber dem Volke das Geld ge- 
noinmen. Er war der „Kann-Alles", der deus ex 
machina insbesondere bei den Wechselbegebungen, 
die er durchführte. Natürlich konnte er nicht je 
dem einzelnen Wechsel nachlaufen. Er fühlte sich 
in seiner Rolle, es war für 'ihn schmeichelhaft, 
sich als Führer der Regierungspartei hinzustel 
len. Es war schmeichelhaft für ihn, daraus hin 
zuweisen, daß Nico Beck der Bruder des einzi 
gen Gesandten des Fürstentums Liechtensteins 
sei. - 
Cs mag, sein, daß die Auskünfte über ihn 
glänzende waren und viel dazu beigetragen haben, 
ihn höher einzuschätzen. Er fühlte sich aber be 
stimmt selbst recht gern in dieser Rolle. Keinem 
einzigen anderen, als nur ihm, dem Walser, be 
stimmt, keinem anderen konnte das möglich wer 
den, was er zum Schaden und Nachteil des Lan 
des vollbracht hatte. Es ist auch nicht richtig, daß 
seine Bezüge so niedrige waren. Ich habe in einer 
Ausstellung nachgewiesen, daß er außer den Fr. 
15.000, die er von Thönh gleich vor der ersten 
Reise nach Rumänien mitbekam, außer dem Mk. 
300.000 vom Barmer Bankverein, außer den Be 
lastungen auf dem Konto Walser und Brugger, 
daß er über diese Belastungen hinaus noch über 
120.000 Franken bar bezogen hat. Die ganzen 
Bezüge des Herrn Walser betragen nicht weniger 
als 672.000 Franken. Und mit diesen' 672.000 
.Franken ließ sich zweifelsohne recht gut leben, 
auch dann, wenn man für Filmgeselschaften und 
andere. Dinge recht viel Geld ausgeben muß. 
Ich komme nun zum Allgeklagten Thönh. Er 
ist der Typus des gutmütigen Menschen, der ge 
duldige Esel, dem man mit suggestiver Wirkung 
ongsam beigebracht hat, wie man das Geld stuf 
ig machen kann. Er war ein Schwächling ohne 
Willen. Er konnte den Freunden seines Freun 
des, die deshalb auch seine Freunde wurden, keine 
Bitte abschlagen und so kam es zur ersten Geset 
zesübertretung. Wie schwer hat sich diese erste 
Gesetzesübertretung an ihm gerächt! Seine Freun 
de benützten diese seine Schwäche. Als es zu spät 
war, als infolge dieser ersten Gesetzesübertretung 
bereits Schädigungen eingetreten waren, da war 
es die Angst, entdeckt zu werden. Da griff er gerne 
zu, als ihm Walser den Weg wies, wie er seine 
.Position halten könne und Walser sich mit Hm 
auf Tod und Leben verband, persönlich mehr an 
spruchslos, opferte er sich ganz seinen Freunden 
und so wurde er aus Schwachheit, aus schwachem 
Willen zum Verbrecher. 
Und dann zu'Carbone. Sein Vater war der 
berühmte Erfinder und Inhaber der Dia-Car- 
bone-BogenlamPen-patente. Er war aber nur der 
Sohn seines genialen Vaters. Er hat in Berlin in 
jungen Jahren die Volksschule besucht, nachher 
verschiedene privatschulen. Er hielt es aber nir 
gends lange aus. Er mußte in zwei Besserungs 
anstalten untergebracht werden. Er legte auch 
eine Reifeprüfung nach seinem Geschmacke ab, d. 
h. er verkaufte vor der Reifeprüfung einfach die 
Schulbücher und ging dorthin, wo es ihm besser 
paßte. Er war von Jugend an ein Leben auf gro 
ßem Fuße gewohnt, wie er es aus seinen Reisen 
kennen gelernt hatte, wie er sich auch ängstlich 
und geflissentlich bemühte, alles das nachzuma 
chen. Seine Reue haftet nur an Aeußerlichkeiten, 
er bereut nur den schlechten Ausgang seiner Sa 
che, nicht aber die unlauteren Motive. Er ist 
das Produkt seines Milieus. Er hat sich niemals 
beherrschen gelernt und sein eigener Wille war 
ihm oberstes Gesetz. Die betrügerischen Handlun 
gen wurden von ihm ruhig hingenoinmen und 
beschönigt, ja sogar angestaunt. Dieser Mann 
konnte natürlich nicht fehlen, er patzte zu dieser 
Corona. Er kann-nicht weggedacht werden, d. h. 
er ist ein Glied in dieser Kette. 
Und nun Nico. Beck. Man hat ihn so recht 
als den Handlanger bezeichnet. Er war berufen, 
die Akzepte zu empfangen und für die Platzierung 
zu sorgen. Dabei fand er nun an Carbone den 
richtigen Helfer. Cr selbst begnügte sich mit der 
Bereitstellung der Mittel zur Abfindung seiner 
und seiner Familie Nahrungssprgen. 
Er war zweifellos von allen weitaus der In 
telligenteste entgegen dem Gutachten des Herrn 
Sachverständigen. 
Diese vier Personen mußten zusammen ban 
delnd auftreten. Keiner könnte davon weggedacht 
werden. Es schadete natürlich auch nichts ein vor 
übergehendes kleines Zerwürfnis zwischen Nico 
Beck und Carbone, damit das alte Sprichwort 
wahr werde: pack schlägt sich, pack verträgt sich. 
Nach -ein weiteres Moment, ein wichtiger Fak 
tor kommt hinzu, nämlich die Klassenlotterie. Von 
der Klassenlotterie ist die ganze Angelegenheit
	        

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