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begründet und ich beantrage daher, daß dieser
eine Umstand als miterschwerend Lei Dhönh in
Betracht gezogen werde.
Präsident: Ich erteile dem Vertreter der pri
vatbeteiligten Herrn Dr. Budschedl das Wort.
Dr. Budschedl: Hoher Kriminalgerichtshof!
Ami'Abend des 27. September, an jenem Unglücks
sonntag, brach der Hochwasser führende Rhein
oberhalb der Eifenbahnbrücke Schaan-Buchs in
das liechtensteinische Rheintal ein. Die Wasser-
massen drangen in die Ortschaften Schaan, Nen-
deln und Eschen vor, durchströmten mit unge
heurer Gewalt die liechtensteinische Gemeinde
Ruggell und drei Häusergruppen der Gemeinde
Namprin und setzten mehr als die Hälfte des
rnchtbaren Talbodens unter Wasser. Die techni-
chen Schwierigkeiten waren so groß, daß es erst
am Weihnachtstage 1927 gelang, den Rhein wie
der in sein Bett zurückzüleiten. Ich will davon
absehen, die ganze Schwere des Unglückes und
die trostlosen Eindrücke jener Tage zu schildern.
Es ist allgemein bekannt, daß sich damals das
Mitleid der ganzen Welt dem Lande Liechtenstein
zuwandte. Ich erinnere hier nur an die unver
zügliche Hilfsbereitschaft der mutigen schweizeri
schen und österreichischen Soldaten, die von der
schweizerischen und österreichischen Regierung zur
Hilfeleistung gesandt wurden, ich erinnere an die
opferwillige Retterarveit selbstloser Männer aus
der Schweiz und Vorarlberg, ich 'erinnere hier
insbesondere an die Opferwilligkeit des Schwei
zer Publikums, das nahezu 600.000 Franken an
Hilfsgeldern für Liechtenstein spendete.
Aber ein noch viel größeres Unglück stand
bevor. Bei der ersten Katastrophe traf auswärtige
Hilfe ein, bei der zweiten Katastrophe war das
gerade Gegenteil der Fall. Mit großen Lettern,
in großer Ausmachung verkündeten damals die
Zeitungen die erschütternde Meldung: „Graf Car-
bone- sprengt die liechtensteinische Ländesbank."
Tie Wirkungen dieser zweiten Katastrophe waren
noch viel entsetzlicher: Das ganze Land, das
ganze . Volk stand vor dem Ruin. — Das
ganze Land, das ganze Volk wurde davon ergif-
sen, in Mitleidenschaft gezogen. Die erste Wir
kung war d ie Insolvenz der Landesvank, die wie
wir wissen, eine Unterbilanz von 1% Millionen
Franken auswies. Diese Unterbilanz war umso
gefährlicher, als.der Bank keine eigenen flüssigen
Mittel zur Verfügung standen.
Die schweizerische Post nahm kein liechtenstei
nisches Silbergeld mehr an. Die Schweizer Na
tionalbank legte Arrest aus das Guthaben der
Landesbank in St. Gallen. Neue Einlagen aus die
Bank erfolgten selbstverständlich nicht mehr. Obli
gationen und Kreditoren wurden der Bank in
der Totalhöhe von 300.000 bis 400.00o Fran
ken gekündigt. Es bestand weiter die große Ge
fahr, djaß alle Gläubiger, insbesondere die Gläu
biger des Auslandes die Schuldner dieses un
glücklichen Landes ebenfalls einberufen werden,
daß sie ihre Guthaben auch kündigen werden.
Exekutionen, Not und Elend grinsten in das
Land. Alan bedenke einmal, die schweizerische Na
tionalbank, nicht etwa eine ganz gewöhnliche
Bank, nein, die Nationalbank, deren Korrespon
dentin -die hiesige Landesbank war, legte Arrest
auf ein ihr befreundetes Bankinstitut. Diese Tat
sache beleuchtet besser als Worte es vermögen, die
furchtbar schreckliche Situation, die große Not.
Ans Grund des Zollvertrages und der Zollunion
mit der Schweiz war die Landesbank als Korres
pondentin der Schweizer Nationalbank die Sam-
melstelle für Postgelder aus Liechtenstein. Die
Landesbank führte ein Konto bei der schweizeri
schen Nationalbank. Die Guthaben mußten alle
14 Tage und zwar jeweils am 5.. und 20. eines
jeden Monats an die Nationalbank abgeführt
werden. Am 5. Juni 1928 war nun das Gut
haben d er Nationalbank nicht mehr vorhanden.
Es konnte nicht abgeführt werden.
/
Die schweizerische Bankgesellschaft St. Gallen,
bei welcher die Landesbank einen größeren Kre
dit gegen Hinterlage von Hypothekenbriefen hat- -
te, hatte durch ihre Hauptanstalt in Zürich auf
die Kunde von der Insolvenz der Bank das bei
ihr liegende Guthaben, darunter auch die Post
gelder, mit Beschlag belegt und begreiflicherweise
gesperrt. Infolgedessen konnte der Auftrag zur
Ueberweisung der der Nationalbank zukommenden
Beträge nicht mehr durchgeführt werden. Daher
hat die Nationalbank notgedrungen für ihr Gut
haben an Postgeldern Arrest auf das Guthaben
der Landesbank gelegt. Erst nachdem der Landes-
ausfchuß und die Regierung in aller Oeffentlich-
keit feierlich erklärt, daß -das Land die primäre
Haftung für alle Schulden der Bank übernehme,
während dem nach dem Gesetze das Land erst
sekundär zu hasten hatte, nachdem durch die Mu-
nisizienz seiner. Durchlaucht des Landesfürsten
und durch die Solidarität der Gemeinden die
Avssyllshaftung für den Betrag von H/2 Millio
nen Franken übernommen war, erst dann konnte
der Arrest aufgehoben werden. Erst dann trat
etwas Beruhigung ein, wobei die besonders wür
devolle Haltung der Bevölkerung volle Anerken
nung verdient.
Die für' die Opfer der Rheinkatastrophe ge
sammelten Hilfsgelder von 500.000 Franken, die
ber Ausbruch der Katastrophe nicht mehr vorhan
den waren, über die zum Zwecke der Durchfüh
rung dieser Spekulationen und Manipulationen
verfügt worden war, konnten erst nach Aufnahme
der zwei Millionen Laudesauleihe ausbezahlt wer
den.
Eine weitere Folge blieb zurück: Die Post
gelder Der Nationalbank sind nicht mehr nach Va
duz gekommen, sie sind nach Buchs gewandert.
Jeden zweiten Tag mußte die Landesbank nach
Buchs schicken, um ihr liechtensteinisches Silber
geld gegen Schweizer Franken auszutauschen, was
mit großen Kosten verbunden war. Heute ist die-
fer Zustand Gott sei Dauk behoben.