Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

Stenographischer 
veichan-lunss-Sericht 
aus Sem Kriminalprozeß gegen Zranz Thönp, Niko Seck, -lnton Walser und NuSolf Carbone. 
20. Ausgabe. Montag, L. Dez. 1929. 
Woher soll ich es nehmen, Thöny hat keines, was soll ich 
machen? Telegramm an den Barmer Bankverein: Geschäft 
perfekt, stopp, iiberweist Geld, brauche es unbedingt bis Don 
nerstag. Zahlung machet durch die Frankfurter Kreditbank, 
damit es sicher mir diese Zeit da ist. Ich'brauche das Tele- 
gramnr nicht vorzulesen, es liegt ja bei den Akten. Walser 
sagt hinterher, daß er dieses Telegramm nicht aufgegeben 
habe. Nun war es nicht möglich, auf dieses Telegramm die 
Sache durchzuführen. Jetzt mußte Walser selbst telegraphie 
ren, damit keine Mißverständlichkeit vorkomme und da hat 
er die von Bauer in die Welt gesetzte Lüge fest unterstrichen, 
um ja in den Besitz des Geldes zu kommen, obwohl er wußte, 
daß alles, was telegraphiert wurde, falsch war. Die Kon 
zession war nicht erteilt und ist vom 1. Februar 1927 bis 
zum November 1929 nicht erteilt worden. Ungeachtet dessen 
hak er telegraphiert. Jetzt wird das Geld in Rumänien ver 
praßt. Thöny weiß, daß die Sache brenzelig ist. Im Ver 
waltungsrat wird er wegen der Verbindung der Sparkasse 
mit der Klassenlotterie zur Rede gestellt und weist diese Zu 
mutung natürlich zurück. Er wird wegen der Wechsel zur 
Rede gestellt gelegentlich der Kontrolle. Da erwacht in ihm 
das Gewissen. Er berichtet Walser: „Komme sofort, die Sache 
muß bereinigt werden." Walser telegraphiert zurück: „Ich 
habe keine Zeit, ich habe ein Joch Ochsen gekauft, ich muß 
die Klassenlotterie weiterführen, ich komme wohl, aber nur 
auf Deine Verantwortung,' wenn es schief geht." Was tat 
er inzwischen? Vielleicht den einen oder andern Gang in das 
Ministerium, zugegeben; hoffiningsvolle Gänge, zugegeben; 
enttäuschte Hoffnungen, zugegeben; viele Bemühungen, zu 
gegeben; starke Inanspruchnahme der Nerven, ebenfalls zu 
gegeben. Aber nachdem er dieses Geld in den Händen hatte 
und für die Lotterie-Konzession verwenden sollte, durfte er 
nicht hergehen, eine Filmgesellschaft zu gründen mit Bauer, 
don dem er wußte, daß er ungedeckte Kredite hatte, die ab-, 
zudecken er sich verpflichtete; mit Bauer, dessen Lebensweise 
er hinreichend kannte und von dem er rvußte, daß er mit der 
Lilly Floor viel Geld verpuffte; mit Bauer, von dem er 
wußte, daß er auf sehr großem Fuße lebte;' mit Bauer, von 
dem er wußte, wie er hier in Vaduz gelebt hatte; mit Bauer, 
der, als er hier war, das Autofahrgeld nicht einmal bezahlen 
konnte, sodaß Thöny am Telephon dafür haften und die 
Zahlung versprechen mußte, wie ich heute erfahren habe. Mit 
dem Bauer durfte er keine Verbindung eingehen. Da gründete 
er mit ihm die Filmgesellschaft und warf dort Geld hinein. 
Nun, meine Herren, wie wäre das möglich, selbst ange 
nommen, daß es so wäre, wie Walser sagt, es sind rechtliche 
Unmöglichkeiten, was er von der Gründung, der rumänischen 
Aktiengesellschaft behauptet. Er gibt das Geld, deponiert es 
bei der Bank und erhält dafür einen Depotschein, jetzt ist das 
Aktienkapital eingezahlt, dann ist die Aktiengesellschaft ge 
gründet. Aktien werden deponiert und er geht hinein und holt 
Gelder ohne Beschluß des Verwaltungsrates, ohne Ge 
nehmigung des Aufsichtsrates, d. h. er beschwindelt Rumänien 
genau so, in derselben Weise, wie Liechtenstein. Denn >venn er 
das hinterlegte Aktienkapital herausgeholt hat, so ist der Be 
trug genau so dort unten, wie er es hier, getan hat, es ist 
kein Unterschied bei der Filmgesellschaft, und als diese Sache 
nicht mehr ging, schuf man eine Filmverleihstelle und die 
arbeitete derart wunderbar und glänzend, so daß sie in Kon 
kurs kam und das genügte nicht, es wurde, so gab Walser 
ausdrücklich an, um die verlorenen' Gelder wieder hereinzu 
bringen, die Fischerei gepachtet, er, der vielleicht Forellen 
kannte und den Lachs, der die Donau ja doch nie und nimmer 
nach dieser Richtung kennen konnte, pachtete eine Fischerei, 
weil es risikolos und gewinnbringend für die Zukunft schiene. 
Kein Geschäft, das Walser ausgeführt hat, das er entrierte, 
hat Erfolg gehabt, nicht eines. Ich verweise auf die Leder 
warenindustrie, die Passiv war, schon bereits als Thöny 
den ersten Kredit gab. Ich verweise auf das Spirituosen 
geschäft, sein Rumänenprojekt, .auf die Filmindustrie, ver 
weise auf die Fischerei uni) auf die folgenden noch zu er 
wähnenden Geschäfte; alle waren vollkommen- risikolos, ge- 
winnvcrheißend und kein einziges brachte eüvas anderes denn 
Verlust, nicht ihm, sondern anderen. Denn er hatte nichts 
mehr zu verlieren. Was ihm passieren konnte, das ivar Ge 
winn und wenn er keine Schulden gehabt hätte, hätte er gar 
nichts gehabt. So kam er Ende 1927 dann mit leeren Taschen 
zurück, nachdem er in der Zwischenzeit schon mehrfach tele 
graphiert hatte, daß man ihm Geld sende, kam angeblich' 
voller'Hoffnung zurück nach Vaduz. Das Geschäft steht unbe 
dingt knapp vor dem Abschluß, es ist noch eine Türe zu 
öffnen, dann sind wir in dem hellerleuchteten Spielsaal der 
.Klassenlotterie. Aber als Ende 1927 diese Verhältnisse hier 
in Vaduz besprochen wurden, zeigte es sich, daß mit diesen 
Mitteln das Auslangen nicht gefunden werden konnte, man 
mußte wieder Geld beschaffen. Beck mußte auf alle Fälle 
dafür sorgen, daß der Barmer Bankverein seine Forderung 
auf Rückzahlung nicht aufrecht erhalte, das-wäre der Ruin. 
Walser durfte aus taktischen Gründen nicht beiin Barmer 
Bankverein erscheinen, aus Gründen, die. erklärlich sind, aus 
allen Telegrammen, die verlesen wurden, den Telegrammen 
mit der Aufforderung, übersenden Sie uns einen Vertrag, 
wir kommen zusammen, wir tteffen uns in Wien, in Buda- 
pest, aus diesen Gründen war es unklug, wenn Walser sich 
an jene Stelle begab, wo man Rechenschaft verlangte, daher 
wurde Beck als Generalbevollmächtigter gesandt nach Dussel-
	        

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