Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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über die damaligen Verhältnisse aufgellärt wurde, wenn 
er "auch heute diese Sache abzuschwächen versucht hat. 
' So geht doch klar daraus hervor, daß Thöny und Beck 
zusammen mit Waldemar Millner und Carbone vollkommen 
aufgeklärt waren über die Verhältnisse der Landesbank; daß 
sie alles ohne Vorwisseu des Verwaltungsrates taten. Wie 
wäre sonst die Aeußerung erklärlich, es dürfen die Wechsel un 
ter keinen Umständen in der Schweiz oder in der Nähe von 
Liechtenstein Placiert werden? Wieso iväre dann sonst die 
Aeußerung möglich, daß man vorsichtig sein müsse mit An 
fragen wegen der Bonität der Sparkasse? Offenbar ilur ans 
dem Grunde, weil Thöny und Beck in der Erkenntnis, daß 
derartige Anfragen vielleicht vorzeitig die Aufdeckung ihrer 
Machinationen herbei führen würden. Das darf nicht gesche 
hen, weil uns dazu jedes Rocht fehlt und wir diese Geschäfte 
zu Unrecht — und wie Thöny ja selbst angibt — wider Ge 
setz und Reglement gemacht haben. Carbone bezog ungeachtet 
dessen, der vorausgegangenen Vereinbarung gemäß Vorteile 
aus dem Geschäft. Dann aber schrieb er, daß es vielleicht doch 
vorteilhaft wäre — ich verweise in dieser Richtung ans den 
von Carbone an Thöny geschriebenen Brief über die feste 
Offerte von P/2 Mill. Dollars — mit größeren Beträgen 
zu arbeiten, zumal er das Lampengeschäft verwerten köilne. 
Daraus vereinbarte Beck bei seiner darauffolgenden Anwesen 
heit in Berlin, daß nun zweimal 186 000 Mark bei Busse 
diskonftert werden sollen, uinlcgbar ans neun Monate und den 
Diskont zu Lasten Carbones. Tatsächlich bezog die Landes 
dank von dem gesamten Erlös nach Abzug der 120 000 
Franken für die früheren Akzepte ausschließlich einen Be 
trag von 50 000 Mark, also von etwas über 60 000 Fran 
ken, während der Mehrbetrag von rund 60 000 Mark in 
die Taschen Carbones floß, angeblich zur Verwertung des 
Lampenpatentes.- Und da hatte er zuvor ebenfalls mitgeteilt, 
daß er mit Amerikanern in Verhandlungen stehe, daß er 
eine feste Offerte von P/o Millionen Dollars bereits in Hän 
den habe, daß er aber mit diesem Betrag nicht zufrieden sei, 
weil andere mehr geben wollen. 
Ich stehe auf dem Standpunkt, daß Carbone durch diese 
Mitteilung Thöny und die Sparkasse in Irrtum geführt hat, 
damit durch diese Handlung die Sparkasse Schaden litt. 8lbge- 
,sehen davon, daß er durch diese Handlung Thöny betrogen 
hat, hat er die Sparkasse auch noch um den Diskont-Erlös 
betrogen. Bis in das drifte Quartal 1927 waren nun wohl 
die hauptsächlichsten geschäftlichen Transaktionen erledigt. Um 
.diese Zeit törichten andere Projekte arrf und die Sparkasse 
litt natürlich immer an Geldnot. Es trat auf das Projekt 
Mathe-Steinförde; 125 000 Franken sollten einem Gar 
tenbaubesitzer in Steinförde gegeben werden. Ein absolut 
sicheres, risikoloses, höchst gewinnbringendes Geschäft war in 
Aussicht. Ich habe mich bemüht, mich um diese Steinförde zu 
erkundigen bei den einzelnen Angeklagten. Keiner von ihnen 
wußte zu sagen, wo auch nur der Ort sei. Das ist ein klein- 
. winziges Nestlein in Mecklenburg-Strelitz. Der Ort ist 
mich auf einer großen Landkarte nicht zu finden. Dorthin 
.'sollte das Geld der Landesbank fließen, für Geschäfte, 
die nach deni Gesetze streng verboten waren. 250 000 Farn- 
ken würden gegeben, die Hälfte — 125 000 Franken — flö 
ßen der Sparkassa zu, dex Restbetrag wurde bei Busse ange 
legt. So wurde gearbeitet. Einerseits im Teilbetrag fest ange 
legt, andererseits wieder behoben und dann am Schlüsse noch 
sogar Aktienkauf. Direktor Schäler war hier. Beck sagte in 
' der Voruntersuchung, daß dieses Geschäft abgeschlossen war- 
den sei. Schon die Tatsache, daß man mit solchen Gedanken 
überhaupt operieren konnte, zeugt von der außerordent 
lichen Leichtsinnigkeit und der außerordentlichen Verantwör- 
tilngslosigkcit aller Angeklagten. Dieses Rathe-Steinfördege- 
schäft brachte für die Sparkasse einen Verlust von 250 000 
Franken, weil dieser Wechsel durch die Basler Handelsbank 
in Zürich vorgewiesen wurde und gedeckt werden mußte. Man 
stelle sich die Notlage von Thöny vor, wenn er bei allen 
Banken die verfügbaren Mittel zusammenraffen mußte, um 
diesen Wechsel decken zu können, denn was hieße es, einen 
solchen Wechsel nicht sofort zu decken? Damit wäre der Kredit 
der Sparkasse zur Gänze ruiniert worden. Was hieße es, 
auch nur um eine Stundung anzusuchen? Dvs würde be> 
deuten, daß die finanzielle Lage dieser Bank ringsherum 
bekannt geworden wäre und damit ein soforftges Ruchbar 
werden der ganzen Machenschaften. Daher mußte mit allen 
Mitteln getrachtet tverden, diesen. Wechsel zu decken. Wir 
sahen, welcher Art diese Mittel waren. 
Ende 1927 gefährlicher Zeitpunkt. Der Basler Bank 
verein hatte den Kredit von 300 000 Franken ursprünglich 
auf ein halbes Jahr gegeben und dann bis Ende 1927 ver- 
längert. Nuu bestand er auf Zahlung und warum? Ich darf 
wohl ein kleinwenig hier die runiänische Klassenlotterie her 
einziehen. Walser war nach Rumänien gefahren bereits im 
Herbst 1926 und ein zweitesmal im Frühjahr 1927 und 
blieb unten bis Ende des Jahres 1927. Die Konzession für 
die Klassenlotteric war, wie er schon in der Generalver- 
sammlung in Berlin gesagt hat, so gut wie sicher; glänzend, 
risikolos, gewinnbringend. Als er das zweitemal nach Vaduz 
kam, war das Geschäft fast ganz sicher; es konnte nur Tage 
dauern, bis die Konzession kam. Bauer gratulierte ihm schon 
zum wunderschönsten Weihnachtsgeschenk, das dem Walser 
gegeben worden sei. Walser muß anfangs Jänner 1928 
wieder hinunter und die Konzession ist noch nicht da, aber das 
Geld war ausgegangen; 250 000 Franken stellte er nach 
feiner Angabe bei der Generalversammlung selbst zur Ver 
fügung. Nun waren van den 300 000 Mark schon bereits 
150 000 Mark verpulvert, was jetzt? Ich brauche Geld! 
(Fortsetzung folgt.) 
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Im Auftrage der fürstl. Regierung. 
Buchdruckerei Gutenberg, off. Handelsgesellschaft, 
— Schaan. —
	        

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