Stenographischer
aus dem Kriminalprozeß gegen Zranz Thönp, Niko Seck, Mton Walser und Rudolf Larbone.
IS. -lussabr. Vienstag, 20. Nov. 1929.
Dr. Budschedl: Hat der Herr Zerige nicht schon früher
erfahren, daß Wechsel im Umlaufe seien, ist Direktor Schredt
nicht schon früher zn Ihnen gekommen lind hat Ihnen Mit
teilungen gemacht, daß bei der Landesbank nicht alles in
Ordnung sei?
Präsident: Wann haben Sie zuerst vom Wechselumlauf
gehört?
Schädler: Daß Wechsel im Umlaufe seien, habe ich das
erstemal am 30. März erfahren. Am Sonntag den 4. März
war Herr Rechnnngsdircktor bei mir und hat sein Mißtrauen
ansgedrückt mit einigen Worten über die Sparkasse. Von
Wechseln hat er nicht gesprochen. Er hat von allgemeinen
Geschäften gesprochen. Dann habe ich gesagt, das gehe mich
nichts an, was sic für Geschäfte machen, das ist Sache des
Verwaltnngsratcs der Sparkasse. Gehen Sic zri Thöny.
Dann ist er zll Thöny hinübcrgegangen. Von der Existenz
der Wechsel habe ich erst Kenntnis erhalten ain 30. März
1928, halb 3 Uhr nachmittags.
Präsident: Wollen weitere Fragen gestellt werden?
Dr. Bndschedl: Sie haben sich zn niemand geäußert,
daß es auffallend sei, daß Walser als Mitglied der Kontroll
stelle über ein Jahr abwesend sei?
Schädler: Mir ist nichts ausgefallen, nichts in Er
innerung.
Dr. Blidschedl: Danke.
* Staatsanwalt: Ist mir nachträglich eine Frage ge
stattet?
Präsident: Bitte.
Staatsanwalt: Es gab Walser in seiner Einvernahme
an, daß er im September 1926 bei seiner ersten Rnmänicn-
reise den Diplomatenpaß verwendet hatte. Wurde ihm dieser
Paß von der Regierung gegeben und war sie in Kenntnis
des Reisezieles? Oder von wem wurde der Diplomatenpaß
im September oder um die Zeit seiner ersten Reise nach
Rumänien gegeben?
Schädler: Gegeben wurde er ihin anno 1922, weil die
Regierung ihn damals delegiert hat znm Landcsfürsten. In
geschäftlichen Sachen war er ein tüchtiger Mann. Dann
hat man ihm den Diplomatenpaß verlängert auf ein Jahr,
nachdem nicht mehr. Verlängert hat ihn dann der Herr Re-
gierungssekrctär. Die Sache wurde im Kollcgiuiu behandelt.
Man hat den Paß zurückberufen, Näheres ist mir nicht be
kannt.
Staatsanwalt: War damals das Ziel der Reise, wozu
er den Paß verlängert wünschte, bekannt?
Schädler: Das weiß ich nicht. Ich habe davon erst ge
hört aus dem „Liechtensteinischen Volksblatt", das war im
Frühling 1927; glaube ich. Da sind Anfragen gekommen,
es sei ein Diplomatenpaß herum, ich wußte nicht wo. Die
Regierung hat sich mit der Sache beschäfttgt, eine Sitzung
abgehalten, dann hat cs sich herausgestellt, daß der Herr
Sekretär den Paß verlängert hat.
Staatsanwalt: Ohne Wissen der.Regierung?
Schädler: Ohne mein Wissen.
Staatsanwalt: Mit Berechtigung oder ohne?
Schädler: Die Paßangelegenheit hat sonst immer der
Sekretär erledigt.
Staatsanwalt: Diplomatenpässe sind keine gewöhnlichen
Pässe. Stund die Ausstellung von Diplomatenpässen auch
in dem Befngniskreise des Sekretärs?
Schädler: Eine eigentliche Norm war nicht ausgestellt.
Es gibt kein Gesetz, woraus das geregelt wäre.
Staatsanwalt: Usuell?
Schädler: Normaler Weise habe ich es gemacht während
meiner Amtszeit.
Staatsanwalt: Durfte der Sekretär annehmen, daß
ihm diese Befugnis zustand?.
Schädler: Ich glaube schon.
Präsident: Es bestand ein Verzeichnis für Diplomaten
pässe. War die Verlängerung im Verzeichnis auch cinge-
tragen?
Schädler: Das kann ich heute nicht sagen. Sic wird
drinnen sein.
Dr. Blidschedl: Ist es mir erlaubt, noch eine Frage
zu stellen?
Präsident: Bitte.
Dr. Bndschedl: Ist cs Ihnen bekannt, habeil Sic den
Herrn Präsidenten des Verwaltungsratcs wiederholt auf
merksam gemacht, daß cs dringend notwendig sei, eine Ver
waltungsratssitzung einzuberufen?
Schädler: Ja, ich habe im April 1928 ihn aufmcrk-
sam geinacht.
Dr. Huber: Herr Professor, Sie haben erklärt, Sie
haben Ihre Auskünfte auf Grund der Ueberzeugung ge
geben, daß dies Ihre Ueberzeugung gewesen sei; daß Walser
ein fähiger Manir war. Nun haben Sic nicht bloß an die
Schweizerische Genossenschaftsbank in St. Gallen und an
Herrn Dr. -Beck in Berir solche Informationen, gegeben,
sonderrr auch an das Gencralsekretariat des' Ministeriums
des Innern in Rumänien. Ist cs Ihnen nicht aufgefallen,
daß Sie angefragt werden von einem Organ dcx rumänischen
Regierung über die Eigenschaft des Herrn Walser, besonders
da Herr Walser bereits früher im Besitze eines Diplomaten
passes wär?