Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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oberste Behörde der Sparkasse sei das Landes 
gericht? 
Beck: Für so stumpfsinnig und blödsinnig 
hatte ich Zwickh nie gehalten, daß er das geglaubt 
hätte. 
Dr. Benzer: Er sagte aber, es sei ihm vor 
gegeben worden. 
Walser: Ich kann nur sagen, daß ich aus den 
Aeußerungen und den Gesprächen mit Zwickh nicht 
den Eindruck bekommen habe, Zwickh könnte an 
nehmen, daß eine Gerichtskanzlei die oberste Be 
hörde einer Bank sei. 
Dr. Benzer: Er hat es doch nicht aus der 
Luft gegriffen gehabt. Irgendwoher mutz er es 
doch haben. 
Staatsanwalt: Ist es Tatsache, daß Sie mit 
Zwickh bei Simon zusammengekommen sind? 
Beck: Nicht bei Simon, sondern durch Ver 
mittlung Simons im Simplon-Hotel. 
Staatsanwalt: Dann dürfte eine Personenver 
wechslung vorliegen. 
Präsident: Wir wollen nun diesen Gegenstand 
verlassen. 
Einvernahme des Herrn Landesphhsikus Dr. 
Batliner. 
Herr Landesphhsikus, ich möchte Sie gern ver 
nehmen über das Gutachten, das Sie gemeinsam 
mit dem Herrn Obersanitätsrat Dr. paregger in 
Rankweil über die Person Becks abgegeben haben. 
Den Parteien und Richtern mutz ich mittei 
len, daß Herr Dr. paregger der Vorladung keine 
Folge geben kann, weil er diese Woche ab 
wesend ist. Er befindet sich bei der Sitzung des 
Obersten Sanitätsrates in Wien und wird auch 
nächste Woche nicht abkömmlich sein. 
Herr Landesphhsikus, ich erinnere Sie an den 
von Ihnen abgelegten Amtseid genrätz Par. 63 der 
Strafprozeßordnung. Auf Begehren des Vertei 
digers des Niko Beck ist nachträglich ein Gut 
achten eingeholt worden bei den beiden genann 
ten Herren, daß sie sich über folgende Fragen 
aussprechen sollten: J . Leidet der beschuldigte Niko 
Beck an Epilepsie? 2. Beeinträchtigt die Krank 
heit Becks, sofern eine solche konstatiert wird, 
dessen Zurechnungsfähigkeit und in welchem 
Maße? 
3. War zur Zeit der Begangenschaft der ein 
zelnen Verbrechen vom Oktober 192-6 bis 1. Juli 
1928 der schuldige Niko Beck in verminderter 
Zurechnungsfähigkeit und in welchem Matze? 
Die Fragen wurden am 7. November den bei 
den Experten vorgelegt. Es wurde nun das Gut 
achten der beiden Herren während der Verhand 
lung eingebracht. Ich werde es zur Verlesung 
bringen. Ich würde dann den Herrn Landes 
phhsikus fragen, ob er dazu einige Ergänzungen 
zu machen hätte und den Parteien Gelegenheit 
geben, dem Staatsanwalt, den Privatklägern und 
dem Verteidiger, Fragen zu stellen. 
Das Gutachten lautet: 
(liest).... 
Herr Landesphhsikus, haben Sie dem Gut 
achten noch irgendwelche Bemerkung oder Nach 
trag hinzuzufügen? 
Dr. Batliner: Ich habe nur bei der Verneh 
mung gestern die Beobachtung gemacht, daß Niko 
Beck wirklich nervös ist. Ich habe gesehen, wie er 
hereingetreten ist, wie er mit den Lidern ge 
zuckt hat, wie die Gesichtsmuskeln gezuckt haben, 
wie er, wenn jemand zur Türe hereingekommen 
ist, aufgeschreckt ist und nach der Seite geschaut 
hat. Dann habe ich beobachtet, daß er bei Wider 
sprüchen, besonders seitens Carbones heftig wurde. 
Man hat das Gefühl gehabt, als ob ihm die Zunge 
hervortreten wolle, sein Temperament ihm in die 
Finger gehen wolle, als ob er sich zu Tätlichkeiten 
hinreißen lassen wollte. Ich möchte auf den Be 
fund hinweisen. Es ist auch vorgekommen, daß er 
seinerzeit bei den kleinen Raufereien, einmal beim 
Radfahren, einmal im Eisenbahnzug, sich rasch 
zu solchen unüberlegten Handlungen hat hin 
reißen lassen. Das war zu einer Zeit gewesen, 
bevor die epileptischen Anfälle stattgefunden ha 
ben. Diese überaus starke Reizbarkeit hat offen 
bar aus die Handlungen des Niko Beck einen Ein 
fluß ausgeübt. Auch hatte er z. B. seinerzeit, 
als er eine sehr gute öffentliche Stellung chatte 
bei der Klassenlotterie mit einem' Gehalt von 
600 Franken monatlich, Magenschmerzen bekom 
men. Diese Magenschmerzen wurden so intensiv, 
daß er in das Spital gegangen ist und operiert 
wurde. Bei der Operation wurde kein patholo 
gischer. Befund festgestellt und daher die Magen 
operation umsonst durchgeführt. Die Schmerzen 
sind offenbar nur aus nervöse Zustände zurück 
zuführen. 
Präsident: Im klebrigen bestätigt Herr Lan 
desphhsikus das Gutachten in vollem' Umfange? 
Dr. Batliner: Ja. 
Präsident: Will das Gericht Fragen stellen? 
Staatsanwalt? 
Staatsanwalt: Herr Landesphhsikus, mir fal- 
icn zwei Momente auf. Einerseits, die Magen- 
operation soll durchgeführt worden sein nach An 
gabe des Beck vollkommen wider jede Jndrka- 
tion.. Bei nur nervösen Magenleiden wird doch 
normalerweise die Operation nicht vorgenommen. 
Stand da den Herren Sachverständigen etwel 
che andere Grundlagen als lediglich die Mittei 
lung des Angeklagten Beck zur Verfügung? 
Dr. Batttner: Nein, in dieser Hinsicht stan 
den nur die Angaben Becks zur Verfügung. 
Staatsanwalt: Erscheinen die angesichts dieser 
Mitteilungen glaubwürdig? 
Dr. Batliner: Daß solche Sachen mehr vor 
kommen, ist sicher, weil man selbst durch Röntgen 
untersuchung nicht immer feststellen kann, ob ein 
pathologischer Befund vorhanden ist oder nicht. 
Wenn ein pathologischer Befund vorhanden ist, 
wird man ihn nachweisen können. Es kann aber 
auch trotz röntgenologischer Untersuchung kein pa 
thologischer Befund gemacht werden, aber trotz 
dem wird oft die Operation vorgenommen. Man 
kann zur Operation schreiten, obwohl man nicht
	        

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