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oberste Behörde der Sparkasse sei das Landes
gericht?
Beck: Für so stumpfsinnig und blödsinnig
hatte ich Zwickh nie gehalten, daß er das geglaubt
hätte.
Dr. Benzer: Er sagte aber, es sei ihm vor
gegeben worden.
Walser: Ich kann nur sagen, daß ich aus den
Aeußerungen und den Gesprächen mit Zwickh nicht
den Eindruck bekommen habe, Zwickh könnte an
nehmen, daß eine Gerichtskanzlei die oberste Be
hörde einer Bank sei.
Dr. Benzer: Er hat es doch nicht aus der
Luft gegriffen gehabt. Irgendwoher mutz er es
doch haben.
Staatsanwalt: Ist es Tatsache, daß Sie mit
Zwickh bei Simon zusammengekommen sind?
Beck: Nicht bei Simon, sondern durch Ver
mittlung Simons im Simplon-Hotel.
Staatsanwalt: Dann dürfte eine Personenver
wechslung vorliegen.
Präsident: Wir wollen nun diesen Gegenstand
verlassen.
Einvernahme des Herrn Landesphhsikus Dr.
Batliner.
Herr Landesphhsikus, ich möchte Sie gern ver
nehmen über das Gutachten, das Sie gemeinsam
mit dem Herrn Obersanitätsrat Dr. paregger in
Rankweil über die Person Becks abgegeben haben.
Den Parteien und Richtern mutz ich mittei
len, daß Herr Dr. paregger der Vorladung keine
Folge geben kann, weil er diese Woche ab
wesend ist. Er befindet sich bei der Sitzung des
Obersten Sanitätsrates in Wien und wird auch
nächste Woche nicht abkömmlich sein.
Herr Landesphhsikus, ich erinnere Sie an den
von Ihnen abgelegten Amtseid genrätz Par. 63 der
Strafprozeßordnung. Auf Begehren des Vertei
digers des Niko Beck ist nachträglich ein Gut
achten eingeholt worden bei den beiden genann
ten Herren, daß sie sich über folgende Fragen
aussprechen sollten: J . Leidet der beschuldigte Niko
Beck an Epilepsie? 2. Beeinträchtigt die Krank
heit Becks, sofern eine solche konstatiert wird,
dessen Zurechnungsfähigkeit und in welchem
Maße?
3. War zur Zeit der Begangenschaft der ein
zelnen Verbrechen vom Oktober 192-6 bis 1. Juli
1928 der schuldige Niko Beck in verminderter
Zurechnungsfähigkeit und in welchem Matze?
Die Fragen wurden am 7. November den bei
den Experten vorgelegt. Es wurde nun das Gut
achten der beiden Herren während der Verhand
lung eingebracht. Ich werde es zur Verlesung
bringen. Ich würde dann den Herrn Landes
phhsikus fragen, ob er dazu einige Ergänzungen
zu machen hätte und den Parteien Gelegenheit
geben, dem Staatsanwalt, den Privatklägern und
dem Verteidiger, Fragen zu stellen.
Das Gutachten lautet:
(liest)....
Herr Landesphhsikus, haben Sie dem Gut
achten noch irgendwelche Bemerkung oder Nach
trag hinzuzufügen?
Dr. Batliner: Ich habe nur bei der Verneh
mung gestern die Beobachtung gemacht, daß Niko
Beck wirklich nervös ist. Ich habe gesehen, wie er
hereingetreten ist, wie er mit den Lidern ge
zuckt hat, wie die Gesichtsmuskeln gezuckt haben,
wie er, wenn jemand zur Türe hereingekommen
ist, aufgeschreckt ist und nach der Seite geschaut
hat. Dann habe ich beobachtet, daß er bei Wider
sprüchen, besonders seitens Carbones heftig wurde.
Man hat das Gefühl gehabt, als ob ihm die Zunge
hervortreten wolle, sein Temperament ihm in die
Finger gehen wolle, als ob er sich zu Tätlichkeiten
hinreißen lassen wollte. Ich möchte auf den Be
fund hinweisen. Es ist auch vorgekommen, daß er
seinerzeit bei den kleinen Raufereien, einmal beim
Radfahren, einmal im Eisenbahnzug, sich rasch
zu solchen unüberlegten Handlungen hat hin
reißen lassen. Das war zu einer Zeit gewesen,
bevor die epileptischen Anfälle stattgefunden ha
ben. Diese überaus starke Reizbarkeit hat offen
bar aus die Handlungen des Niko Beck einen Ein
fluß ausgeübt. Auch hatte er z. B. seinerzeit,
als er eine sehr gute öffentliche Stellung chatte
bei der Klassenlotterie mit einem' Gehalt von
600 Franken monatlich, Magenschmerzen bekom
men. Diese Magenschmerzen wurden so intensiv,
daß er in das Spital gegangen ist und operiert
wurde. Bei der Operation wurde kein patholo
gischer. Befund festgestellt und daher die Magen
operation umsonst durchgeführt. Die Schmerzen
sind offenbar nur aus nervöse Zustände zurück
zuführen.
Präsident: Im klebrigen bestätigt Herr Lan
desphhsikus das Gutachten in vollem' Umfange?
Dr. Batliner: Ja.
Präsident: Will das Gericht Fragen stellen?
Staatsanwalt?
Staatsanwalt: Herr Landesphhsikus, mir fal-
icn zwei Momente auf. Einerseits, die Magen-
operation soll durchgeführt worden sein nach An
gabe des Beck vollkommen wider jede Jndrka-
tion.. Bei nur nervösen Magenleiden wird doch
normalerweise die Operation nicht vorgenommen.
Stand da den Herren Sachverständigen etwel
che andere Grundlagen als lediglich die Mittei
lung des Angeklagten Beck zur Verfügung?
Dr. Batttner: Nein, in dieser Hinsicht stan
den nur die Angaben Becks zur Verfügung.
Staatsanwalt: Erscheinen die angesichts dieser
Mitteilungen glaubwürdig?
Dr. Batliner: Daß solche Sachen mehr vor
kommen, ist sicher, weil man selbst durch Röntgen
untersuchung nicht immer feststellen kann, ob ein
pathologischer Befund vorhanden ist oder nicht.
Wenn ein pathologischer Befund vorhanden ist,
wird man ihn nachweisen können. Es kann aber
auch trotz röntgenologischer Untersuchung kein pa
thologischer Befund gemacht werden, aber trotz
dem wird oft die Operation vorgenommen. Man
kann zur Operation schreiten, obwohl man nicht