Volltext: Zum Zollvertrag mit Liechtenstein

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derartiges Vorgehen gegenüber dem Kaiserstaate vor dem 
Kriege oder gegenüber einem andern máchtigen Nachbarstaate 
unserseits fiir statthaft gehalten worden wáre, wollen wir da- 
hingestellt sein lassen. Aber das wissen wir aus guter Quelle, 
dass diese Beiseitesetzung als einer quantité négligeable auf 
Osterreichischer Seite peinlich empfunden worden ist. 
Kommt somit' zur Unsicherheit der Rechtsgrundlage für 
den Fortbestand der Vertráge von 1870 und 1872 bei unserem 
Vertragspartner noch eine, zwar nicht offiziell kundgegebene — 
der Unterstützungsgenóssige lernt schlucken — aber innerlich 
um so mehr wurmende Verstimmung, so lag darin für uns 
ein weiterer Grund zur Befürchtung, die Zollunion mit Liech- 
tenstein móchte, wenn vollzogen, früher oder später neues 
passer auf die Mühle der Feldkircher Bahnhofbestrebungen 
eiten. 
Wenn nun die Botschaft jeden innern Zusammenhang zwi- 
schen der Zollunion und der Frage des österreichischen 
Zollamtes in Buchs kategorisch bestreitet, so muss uns der 
bezügliche Passus um so mehr überraschen, als sich der 
Bundesrat, beziehungsweise das Politische Departement ver- 
schiedentlich, sowohl vor als nach dem Erscheinen der Bot- 
schaft, in wesentlich anderem Sinne ausgesprochen hat. Belege 
dafür sind die nachstehenden Dokumente. 
1. 
Am 8. Márz 1923 hatte eine Delegation des werdenber- 
gischen lnitiativkomitees contra Zollanschluss die Ehre einer 
Konferenz im Bundeshause mit den Herren Bundesrat Motta 
und Minister Dinichert. Unsere hierüber gemachten Auizeich- 
nungen schliessen mit nachstehendem Passus: 
„Herr Minister Dinichert gibt hierauf die Erklärung ab, dass der 
Liechtensteinervertrag erst ratifiziert werden könne, wenn einmal die 
Rechtslage gegenüber Oesterreich im Sinne der angeführten Verträge, 
welche Buchs als Gemeinschaftsbahnhof vorsehen, restlos abgeklärt sei. 
Herr Bundesrat Motta schliesst die Konferenz mit zustimmenden 
Worten.“ 
Die von Herrn Motta nicht beanstandete Erklärung des 
Herrn Dinichert war für die Vertreter der werdenbergischen 
Interessen eine grosse Beruhigung. Sie wurde. ihnen auch 
psychologisch erklärlich, als sie nachträglich erfuhren, dass 
unterm 12. Februar 1923, also der Konferenz vorgängig, die 
österreichische Regierung an den schweizerischen Bundesrat 
ein Schreiben gerichtet hatte, in welchem sie erklärte, dass 
sie die Verträge von 1870 und 1872 nicht als
	        

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