Volltext: Zum Zollvertrag mit Liechtenstein

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übersichtliche Lage, dass es für die Schweiz im Interesse der 
Ordnung und Klarheit geboten ist, für Abklärung zu sorgen, 
bevor man neue bleibende Verhältnisse schafft, deren Trag- 
weite ebenfalls noch im Dunkeln liegt. 
Es gäbe allerdings noch eine andere Lösung der Rechts- 
frage, eine Lösung, die der Zustimmung. Oesterreichs von 
vornherein sicher wäre und jedem Streit über die Auslegung 
der Verträge mit einem Ruck den Boden entzöge: Der An- 
kauf der heute billig zu habenden Bahnstrecke Feldkirch- 
Buchs durch den Bund. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die 
stillen Wünsche und Bestrebungen der österreichischen Fi- 
nanz- und Eisenbahnverwaltung auf nichts anderes hinaus- 
laufen, als sich dieses Anhángsels an ihr Bahnnetz und der 
damit verknüpften kostspieligen Verpflichtungen ie bàlder je 
lieber zu entledigen. Áber es bedarf wohl keines besondern 
Nachweises, dass eine solche Durchschneidung des gordischen 
Knotens zugleich den Lebensfaden der Gemeinde Buchs hoff- 
nungslos entzwei schnitte. 
Wenn somit die radikale Beseitigung des Rechtsstreits 
durch die Uebernahme der fraglichen Bahnstrecke unsern In- 
teressen direkt zuwiderláuft, wenn ein Rechtsverfahren gegen 
Oesterreich, wie oben gezeigt, aussichtslos oder sein Erfolg 
zum mindesten zweifelhaft ist, wenn wir folglich zur Siche- 
rung des status quo auf gütliche Verhandlungen mit Oester- 
reich angewiesen sind, so erscheint es als ein Gebot der Klug- 
heit, alles zu vermeiden, was die Willfáhrigkeit des Mitkon- 
trahenten, und wáre es auch nur durch imponderable Stim- 
mungen, herabsetzen kónnte. Deshalb hat uns schon die 
eigentümliche Art des Vorgehens bei den Verhandiungen mit 
Liechtenstein Grund zur Besorgnis gegeben. Man erinnere sich 
der historischen Vorgánge beim Austritt Liechtensteins aus 
dem Zollverband mit Oesterreich. Eines schónen Tages wur- 
den die ósterreichischen ,Landvógte", die weiter nichts als 
ihre Vertragspflicht taten, mit blutigen Köpfen aus dem Lande 
gejagt, und der liechtensteinischen Regierung blieb nichts an- 
deres übrig als die nachträgliche Sanktionierung des durch 
das ,Volk" neugeschaffenen Zustands. Und nach dieser Ge- 
walttat breiten wir dem vertragsilüchtigen Bundesgenossen 
des uns befreundeten Oesterreich die Bruderarme entgegen, 
nehmen ihn in einen engen Verband auf, der ihn durch neue 
Zollschranken von seinem früheren Bundesgenossen noch wei- 
ter trennt, und all das, ohne Oesterreich mit einem Worte zu 
begrüssen, obgleich Liechtenstein doch auch zu den Unter- 
zeichnern der Verträge von 1870 und 1872 gehörte. Ob ein
	        

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