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litischen Departements, der Meinung, dass der ,,Liechtensteiner-
vertrag nicht ratifiziert werden kónne, ehe die
Rechtslage gegenüber Oesterreich etc. restlos abge-
klärt sei“. Und der Chef des Politischen Departements
selbst will am 13. April, in der Voraussetzung, dass der Liech-
tensteinervertrag von der Bundesversammlung unzweifelhaft
ratifiziert werde, wenigstens seine Inkraftsetzung soweit hin-
ausschieben, „bis die Voraussetzungen zur Ausführung des
Vertrages nach seiner Auffassung gegeben sind", was vom:
Chef der Abteilung für Auswärtiges am 19. Juni dahin prä-
zisiert wird: „bis die vorerwähnte Frage bereinigt ist“.
4. Herr Bundesrat Motta hat in seiner Beantwortung eines
Votums des Herrn Nationalrat Gabathuler in der Junisession
der Bundesversammlung 1922 erklärt, dass er die Interessen
der Gemeinde Buchs nicht aus den Augen verliere, und hat da-
mit die Erklärung bestätigt, die der Bundesrat in pleno schon
am 5. April in seiner Antwort auf eine „Kleine Anfrage“
des nämlichen Ratsmitgliedes abgegeben hatte. Wir sind vom
landesväterlichen Wohlwollen, das sich in diesen Erklärungen
kundgibt, vollkommen überzeugt, sehen uns aber doch ge-
nötigt, die am 13. April und 19. Juni vom Politischen De-
partement erhaltenen Zusicherungen nach ihrem Beruhigungs-
wert abzuwägen. Wir wollen gerne annehmen, dass die etwas
vagen Ausdrücke „Voraussetzungen zur Ausführung des Ver-
trages“ (13. April) und ,die vorerwühnte Frage bereinigen"
(19. Juni) bona tide im Sinne der Wahrung der Buchser Bahn-
hofinteressen zu deuten seien, und dass das uns gegebene
Wort des Politischen Departements nicht mehr und nicht
weniger besage, als dass die Inkraftsetzung des Liechtensteiner
Vertrages so lange hinausgeschoben werden solle, bis der
Fortbestand des Rechtsverhiltnisses von 1870/72 sicherge-
stellt sei.
Aber da erhebt sich die schliesslich entscheidende Frage:
Hat der Bundesrat nach der Ratifikation des Vertrages durch
die Bundesversammlung noch die Kompetenz dazu? Fiir das
Inkrafttreten des Vertrages ist durch Art. 45 des Vertrages
selbst der 1. Januar 1924 festgesetzt. Der Bundesrat wird
allerdings durch das Schlussprotokoll zur Hinausschiebung
dieses Termins ermächtigt, aber unter ebenda genau f{est-
gesetzten Bedingungen, und diese liegen einzig und allein in
gewissen, von der liechtensteinischen Regierung zu erfüllen-
den Forderungen, nicht aber in irgendwelchen Unterhand-
Jungen mit einem dritten Staate. Woraus folgt: Wenn der
Liechtensteinervertrag so, wie er vorliegt, von der Bundes-