Volltext: Briefmarkenskandal im Fürstentum Liechtenstein

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Einvernehmen nicht gepflogen habe. 
Eine direkte Unwahrheit ist die 
Behauptung, daß in Liechtenstein 
anfangs Jänner dieses Jahres die 
Madonnamarken postalisch ver 
wertet worden seien, denn die Tat 
sache, dah zwei in Eschen abge 
stempelte Briefe mit solchen Mar 
ien existieren, beweist gar nichts. 
Der fürstliche Geschäftsträger 
von Baldah berichtet der Regierug 
am 8. August 1921 hiezu wie 
folgt: „Ganz unverständlich und 
höchst befremdend ist hiebei das 
Borgehen des Herrn von FleM 
nachdem er sich dem Ing. Hart 
mann gegenüber ausdrücklich ver 
pflichtet hatte, diese Marken an 
die Post zu bringen (und auch bis 
jetzt immer versichert hatte, es ge 
tan zu haben), ist unbegreiflich, datz 
ihm seine durch Krankheit verhin 
derte Reise nach Baduz als aus 
reichender Grund für die Unter 
lassung des Transportes erschien, 
der ja auch auf anderem Wege 
hätte erfolgen können. Zumindest 
hätte er dies sogleich melden sollen 
und nicht in geradezu unverant 
wortlicher Weise die fürstliche Ge 
sandtschaft durch Prof. Seefeldner 
veranlassen dürfen, an Herrn 
Stohmann zur Beröffentlichung in 
der „Postmarke" zu schreiben, datz 
diese Marke Anfang Jänner 1921 
postalisch verwertet wurde, wäh 
rend, wie sich jetzt herausstellt, 
durch Fleschs eigenes Verschulden 
dieselben niemals an den Postj- 
schalter gelangten." 
Die Referenten geben nun in 
dieser Angelegenheit den beachtens 
werten Aeutzerungen des Obman 
nes der Untersuchungskommission 
Raum. „Ich verstehe unter offi 
ziellen Marken amtlich aufgelegte 
Postwertzeichen, auch wenn sie 
Idurch irgend einen Zufall die Reise 
auf Briefen noch nicht mitmachen 
-konnten. Bei dieser postalisch nicht 
gelaufenen Serie handelt es sich 
also einzig darurm ob sie als amt 
liche Auflage angesehen werden 
kann oder nicht. 
Die Liechtensteinische Gesandt 
schaft erklärte die geschnittenen 
Jubelmarken für offiziell, mit der 
Begründung, datz ein Teil wegen 
technischer Schwierigkeiten nicht 
mehr gezähnt werden konnte. Un 
bedingt mühte sich die zweifelnde 
Cammlerwelt dieser offiziellen Er 
klärung mit einer solchen Begründ 
ung beugen, wenn nicht der Zu 
fall es gewollt hätte, datz die 
Kommission bei ihrer Untersuchung 
von der mysteriösen Inkognito-Be 
stellung Kenntnis erhielt. Der 
Hauptvertrag sieht bei Marken- 
auflagen und Nachdrucken die ge 
genseitige Einvernahme zwischen 
Regierung und Berschleihstelle vor. 
Die Erhebungen haben nun erge 
ben, datz die Markenbestellung 
teilweise der Gesandtschaft über 
lassen worden ist. Mithin hätte 
im Sinne des Bertrages die Ein 
vernahme zwischen Berschleitzstelle 
Und Gesandtschaft erfolgen müssen. 
Herr Flesch erllärte aber bei der 
Regierungs-Sitzung auf eine An 
frage des Herrn Regierungschefs, 
daß er dieses Einvernehmen nicht 
gepflogen habe. Herr Flesch ord 
nete die Anfertigung aus eigenem 
an, gab die Gründe, die ihn dctz- 
zu bewogen, im Fragebogen der 
Kommission an und man könnte 
die Nichtfühlungnahme als ein 
Berschen gelten lassen, hätte er 
nicht jetzt den verhängnisvollen 
Geheimauftrag erteilt.
	        

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