Volltext: EINTRACHT (2011) (Advent)

EINTRACHT ADVENT 2011 Sonnenblume mit Liebespaar, o. D., Aquarell und Farbstift auf Karton entstanden 1951 «Radierungen aus den 11 Gemeinden des Fürstentums Liechtenstein». An Wassilij Massju- tin schrieb Zotow 1952 «... hier aber bin ich voller Unruhe, wir sit­ zen schon vierzehn Jahre auf den Koffern» und «wie dumm und wi­ derwärtig ist es ein Flüchtling zu sein». Er hoffte, in Argentinien das zu finden, was ihm bisher gefehlt hatte. Ein besonderes Sendungs- bewusstsein Die Erkenntnis, dass die Herrschaft des Menschen über den Menschen unabänderlich sei, erweckte in ihm ein besonderes Sendungsbewusst- sein. In seiner Arbeit an einem Wör­ terbuch, dem nie gedruckten «Lexi­ kon der allgemeinbejahenden Be­ griffe», sah er die einzige Chance, die Menschheit zu retten. Im schrift­ lichen Nachlass des Künstlers fin­ den sich Stapel voll geschriebener Hefte und Blätter mit verwirrenden Betrachtungen über die emotiona­ len Defizite des Menschen, die ge­ sellschaftlichen Ausbrüche von Bar­ barei im Gefolge der Moderne. Die­ se befremdliche innere Welt scheint Eugen Zotow in Liechtenstein mit niemandem geteilt zu haben. Über­ liefert ist lediglich, dass er gerne mit Pfarrer Emmenegger und dem Di­ rektor des Collegium Marianum Ing­ bert Ganss philosophierte. Häufig 
politisierte er mit dem Juwelier Jules Huber aus Vaduz, der neben seinem Schmuck auch Zotows Bilder aus­ stellte und ihm Aufträge verschaffte. «Nette, freundliche, ruhige Leute» In der Erinnerung befragter Liech­ tensteiner werden die Zotows als nette, freundliche und ruhige Leute beschrieben. Vorrangiges Lebens­ ziel des Paares war zunächst das all­ tägliche Bestehen im Kleinstaat mit kaum mehr als 10000 Einwohnern. Nüchtern betrachtet zeigt sich das Liechtenstein der 1930er Jahre ge­ prägt von Kleinbauern, «meist mit zwei bis vier Kühen und vielleicht fünf Stück Jungvieh, mit ebenso vie­ len Kindern am Tisch» (Alfons Goop 1977). Seine Auftraggeber und Käu­ fer seiner Werke entstammten nicht dem kleinbäuerlichen Teil der Be­ völkerung, sondern der kleinen Gruppe von Verwaltungsbeamten, Vertretern intellektueller Berufe wie auch Handwerkern und Kaufleuten. Erste Auftragsporträts und Briefmar­ kenentwürfe entstanden schon 1938/39. Dem Maler und Grafiker wurde früh ein gewisses Vertrauen entgegengebracht, war er doch ei­ ner der wenigen im Land lebenden Künstler. Lediglich Ferdinand Nigg lebte seit 1931 zurückgezogen in seinem 1926 erbauten Haus an der alten Schlossstrasse in Vaduz. Um Kanonikus Anton Frommelt scharten sich 
in Vaduz einige wenige auslän­ dische Künstler, wie Johannes Troyer oder Franz Fischer, die von From­ melt beispielsweise für Denkmal- «Gemäldeausstellung Prof. E. Zotow» in der alten Realschule Vaduz 1952 
Aufträge ins Land geholt worden waren. Lediglich in zwei Ausstellun­ gen in Vaduz, 1940/41 im Englän­ derbau und 1952 in der alten Real­ schule, hatte die Bevölkerung Gele­ genheit, sich umfassend über Zo­ tows künstlerisches Schaffen zu in­ formieren und seine Werke zu er­ werben. Die Zeit war nicht reif. Von einem regen Kunstmarkt konnte nicht die Rede sein. Erst 1967 eröff­ nete Albert Haas die erste Kunstga­ lerie im Städtle, nachdem er seit den 1950er Jahren zunächst in seiner Buchhandlung Ausstellungen veran­ staltet hatte. Werke als Geschenke, Kauf- und Tauschobjekte sowie Zahlungsmittel In der Regel erfolgten die Käufe di­ rekt in Zotows Wohnung, wo er in seinem Atelier anhand von Muster­ blättern und -kartons anschaulich sein Angebot insbesondere an Land­ schaften und Stillleben vorstellen konnte. Neben den seltenen Kunst­ verkäufen in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit zeugen zahlreiche Erzählungen von Tauschgeschäften. Wassermeister Gassner von Vaduz erhielt von den Zotows Bilder als Geschenk, da er ihnen zusammen mit einem Freund geholfen hatte, Holz in die Wohnung zu tragen. Beim Zahntechniker Hermann Kor­ ner, der sich von Luzern kommend in Vaduz niedergelassen hatte, wa­ ren die Zotows in Behandlung. Sie zahlten, wie auch andere Patienten in den Kriegsjahren, in Naturalien, sprich in Gemälden oder Grafiken. Bei Schreinermeister Anton Ospelt in Vaduz liess Zotow Bilderrahmen anfertigen und bezahlte diese eben­ falls mit Gemälden. Schneidermeis­ ter Adolf Kaufmann in Vaduz erhielt von Zotow ein Blumenstillleben mit üppigem Fliederstrauss als Schul­ denstundung. Aber auch als gross­ zügiger Schenker, insbesondere gra­ fischer Werke, ist Zotow bekannt. Richard Gassner, Briefträger in Va­ duz, erhielt beispielsweise in den 1950er Jahren eine Radierung der «Russischen Madonna» mit der Widmung «Dem fröhlichen Postilli­ on von Vaduz». In weitesten Sinn nach dem Motto: «Kleine Geschen­ ke pflegen die Freundschaft». 15
	        

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