Volltext: EINTRACHT (2011) (Advent)

EINTRACHT ADVENT 2011 ihn viele seiner Liechtensteiner Mit­ bürger aus Scheu vor seiner Fremd­ heit oder aus purem Unverständnis verkannt haben. (...) Ich habe ihn freilich noch in Erinnerung als Standbild am Rand meines tägli­ chen Weges in die Volksschule Va­ duz. Bei seiner schönen Frau Malvi- na (...) haben wir als <Wölfli> (...) für eine szenische Aufführung im Rat­ haus ein paar Stunden <Tanzunter- richt> gehabt.» Ohne die Rückbesin­ nung auf Zotows künstlerisches Werk durch die grosse Retrospektive 1997/1998 wäre für viele von Zo­ tows Person nicht mehr geblieben als das Bild des seltsamen, alten Pro­ fessors mit langem Bart, eines Fremd­ lings in der Fremde. Überleben eines Künstlers im bäuerlich geprägten Kleinstaat «Sein Aufenthalt in Vaduz hatte trotz der Einschränkung seiner Be­ wegungsfreiheit als Flüchtling zur Entfaltung seines Genies in der Mal­ kunst geführt», heisst es im Nachruf auf den Tod Eugen Zotows in der Ausgabe des Liechtensteiner Volks­ blatts vom 20. August 1953. Der Korrespondent des Liechtenstei­ ner Vaterlands weiss am 19. August 1953 zu berichten, dass Zotow jede Technik auf dem Gebiet der Mal­ kunst beherrscht habe und er hierin «als Genie bezeichnet werden» dür­ fe. «Persönlichkeiten der besten Ge­ sellschaft und vor allem Fachleute auf dem Gebiete der Kunst» hätten dem alten Herrn anlässlich seiner Ausstellung 1952 uneingeschränk­ tes Lob gespendet. In Liechtenstein schuf Eugen Zotow insbesondere Porträts, Stillleben und Landschaften, auch Gebrauchsgra­ fik, um sich damit das Überleben zu sichern. Bis 1943 trugen zudem Aufträge im Bereich der Briefmar­ kengestaltung zu einem bescheide­ nen Auskommen bei und machten ihn über die Grenzen des Landes hi­ naus in Philatelistenkreisen be­ kannt. Eine völlig andere Welt vermittelte Eugen Zotow mit den gemalten und gezeichneten Dämonenszenarien, in denen er unter anderem seine Re- volutions- und Kriegserlebnisse ver­ arbeitete. Im Nachlass des Künstlers Revolution, Öl auf Leinwand 
befindet sich eine umfangreiche Werkgruppe mit knapp 150 Arbei­ ten, die von Hasstiraden auf Staat, Kirche und Krieg zeugen - Arbeiten, die sich mit dem Bild des greisen­ haften Professors und dessen Por­ träts, Stillleben und Landschaften in den Liechtensteiner Wohnungen kaum vereinbaren lassen. Die meis­ ten Blätter dürften im Liechtenstei­ ner Exil entstanden, aber mehrheit­ lich nie der Öffentlichkeit gezeigt worden sein. Es sind innere Bilder eines sich verfolgt und bedroht füh­ lenden Menschen, der sich auch schreibend mit den politischen Ur­ sachen des Weltübels auseinander­ setzte. «So lebt der Mensch, er lebt und geht dahin, dank dem Kultur­ muster des Denkens sind wir alle zu wahrnehmungslosen Dummköpfen geworden in Hinsicht auf unseren Nächsten. (...) Der Hase auf einer Trommel ist ein Heiliger, ein Weiser im Vergleich zu uns.» (Brief an Was- silij Massjutin 1936). 1947 fand in der Wohnung Zotows eine polizeiliche Durchsuchung statt, da er verdächtigt wurde, liech­ tensteinische Pässe und falsche Dol­ larnoten hergestellt zu haben. 1948 verurteilte ihn das Liechtensteiner 
Eugen Zotow und seine Frau Malvina mit Freunden auf Silum, 1940 Land- und Kriminalgericht wegen «versuchter Nachahmung öffentli­ cher Kreditpapiere» zu zwei Jahren Haft. Er wurde vorzeitig entlassen, um angefangene Arbeiten und er­ haltene Aufträge fertig zu stellen, damit seine Schulden zu tilgen und die Ausreise aus Liechtenstein zu fi­ nanzieren. Als letztes Auftragswerk seitens der Fürstlichen Regierung 14
	        

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