EINTRACHT ADVENT
2009 ropäischen Wirtschaftsraum erkann- ten viele zukünftige EWR-Partner, dass sie eigentlich zu wenig über un- ser Land wussten und ernannten so- genannte nicht-residierende Bot- schafter, in den meisten Fällen waren dies die Botschafter in Bern. Deutsch- land war unter den ersten Staaten, die auf diese Weise direkte diplomatische Beziehungen mit Liechtenstein auf- nahmen. Liechtenstein erkannte Ende 1999 die Notwendigkeit einer direkten Vertretung in Berlin und ernannte im Jahre 2000 in einem ersten Schritt Botschafter Roland Marxer, Leiter des Amtes für Auswärtige Angelegenhei- ten in Vaduz, zum nicht-residieren- den Botschafter. 2002 folgte ihm Bot- schafter Dr. Josef Wolf nach, der mit der Errichtung einer Residenz und von Kanzleiräumen beauftragt wur- de. Botschafter Dr. Wolf wurde der erste residierende Botschafter. Die vom Land erworbene Residenz im schönen Stadtteil Berlin-Grunewald war 2003 einzugsbereit. Es ist ein schlichter, aber eleganter Bau des be- kannten schweizerischen Architek- ten Salvisberg von 1927 im zeitlosen Bauhaus-Stil. Erstmals war nun die volle Aufnahme der repräsentativen Aufgaben möglich. Selbst im Zeitalter der digitalen Kom- munikation zählen immer noch das persönliche Gespräch und der Auf- bau von Netzwerken am meisten. Botschafter Wolf konnte solche Netz- werke aufbauen und viele Freunde für Liechtenstein gewinnen, auch und besonders in den Bundeslän- dern. Nach wie vor gehört es zu den wichtigsten Aufgaben der Botschaft, ein vollständiges Bild von Liechten- stein zu vermitteln und Miss- verständnisse über unser Land aus der Welt zu räumen. Seit März 2007 ist nun der Autor die- ses Beitrags residierender Botschafter in Berlin. Die letzten 18 Monate ha- ben gezeigt, dass diplomatische Be- ziehungen Krisen oft nicht verhindern können. Aber sie können zu einer Lö- sung dieser Krisen beitragen. Der per- sönliche Kontakt und «direkte Draht» in die einzelnen Ministerien und das Kanzleramt ist wichtig. In den letzten Jahren gewann aber auch die öffentli- che Diplomatie oder «public diplo-Botscharter
Prinz Stefan von Liechtenstein bei Bundespräsident Horst
Köhler macy», und der Einbezug der Medi- en, stark an Bedeutung. Aussenpoliti- sche Auseinandersetzungen werden heute massiv über die Medien ge- führt. Liechtenstein musste dies ins- besondere im Zuge der Steueraffäre seit Februar 2008 erfahren. Die mit der Regierung in Vaduz und allen Aussenstellen koordinierte Kommuni- kation nach aussen ist daher ebenfalls eine zentrale Aufgabe einer Botschaft. Durch die Errichtung von Honorar- konsulaten in Frankfurt am Main und München im Herbst 2008 wird die Botschaft in ihren Aufgaben deutlich unterstützt. Die Honorarkonsulate unterstreichen auch die Bedeutung der Bundesländer in den Beziehun- gen mit Deutschland. Sehr oft führt ein erfolgversprechender Weg nach Berlin über eines oder mehrere Bun- desländer. Dort sind liechtensteini-sche
Industriebetriebe tätig und schaf- fen Arbeitsplätze. Dort kennt man Liechtenstein nicht nur oberflächlich, sondern als verlässlichen Wirt- schaftspartner. Mit der Unterzeichnung eines Ab- kommens zwischen Liechtenstein und Deutschland über den Austausch von Steuerinformationen Anfang Septem- ber 2009 beginnt nun ein neues Kapi- tel der Zusammenarbeit auch auf Ebe- ne der Regierungen. Die Beziehungen zwischen Deutsch- land und Liechtenstein waren nie völ- lig frei von Krisen und Konflikten. Wo ist das schon der Fall? Aber die Wei- chen sind gestellt für ein intensiveres Miteinander in allen Bereichen. Botschafter Prinz Stefan von Liechtenstein Berlin im September 2009