Volltext: EINTRACHT (2009) (Advent)

EINTRACHT ADVENT 
2009 UNSER 
GASTJänrfr • Botschafter Prinz Stefan von Liechtenstein vor einem Foto der Berliner Mauer (Bild der liech- tensteinischen Künstlerin Barbara 
Bühler) Diplomatie in Berlin - eine Zeitenreise über zweihundert Jahre Als der junge Goethe 1 764 in Frank- furt am Main anlässlich der Krönung des römisch-deutschen Königs Fürst Josef Wenzel von Liechtenstein als Kaiserlichen Kommissär sah, soll er von der würdigen Persönlichkeit des damals bereits beinahe siebzigjähri- gen Fürsten beeindruckt gewesen sein. Für Fürst Josef Wenzel war es nicht die erste politisch-diplomati- sche Mission im heutigen Deutsch- land. Bereits 1 735 sandte ihn Kaise- rin Maria Theresia als kaiserlichen Gesandten an den preussischen Hof in Berlin. Es war eine kurze Zeit, aber eine sehr intensive. Josef Wenzel verfügte über genügend eigene Mittel, um das Kai- serreich am preussischen Hof mit ei- nem glanzvollen Auftritt zu vertreten. Prachtvolle Kutschen, herrliche Ge- schenke und lustvolle Abende ... wie sehr hat sich doch das Leben der Di- plomaten seither geändert. Zum Ab- schied nach nur vier Monaten liess sich Josef Wenzel vom Hofmaler An- toine Pesne portraitieren und schenk- te das Gemälde König Friedrich Wil- helm I., dem Soldatenkönig. Der Kö- nig bedauerte die Abreise, hätte er doch gerne, wie er schrieb, «von Eu- rer Liebden angenehmer Gegenwart» weiter profitiert. Ein Jahr nach der Abreise sandte Kronprinz Friedrich ein ebenfalls von Pesne gemaltesBildnis 
seiner selbst nach Wien und gab der Hoffnung Ausdruck, «die Ko- pie möge die Erinnerungen an das Original» - Friedrich - hervorrufen. Josef Wenzel und der spätere König Friedrich II. sollten auch weiter Freunde bleiben und einen intensi- ven Austausch pflegen. Insbesondere teilte man die Leidenschaft zur Kunst. In den folgenden Jahrzehnten folgte ein reger Austausch an Geschenken, aber auch Käufen von Kunst. Eine der für Friedrich II. wohl bedeutendsten Erwerbungen war im Jahre 1 747 der Kauf des legendären «Betenden Kna- ben», einer um das Jahr 300 v. Chr. auf Rhodos geschaffenen Skulptur von besonderer Ästhetik und Schön- heit. Ein ganzes Jahr lang verhandelte man mit Fürst Josef Wenzel. Bis zum Tod des grossen Königs sollte der «Betende Knabe» im Park von Fried- richs Lieblingsschloss Sanssouci ste- hen. Heute steht der Betende Knabe in der Antikensammlung des Alten Museums auf der Museumsinsel in Berlin.Die 
innige Freundschaft der beiden Feldherren ist umso bemerkenswer- ter, als sie auch Zeiten schlimmster Kriege überstand. Sie war durch ho- hen Respekt voreinander geprägt. Auch während der korrespondenz- losen Zeit des Seh lesischen Krieges 1756-1763. Friedrich soll zum Bei- spiel von den von Josef Wenzel durch eigene Mittel erneuerten kai- serlichen, «österreichischen» Kano- nen beeindruckt gewesen sein. Über- liefert ist sein Ausspruch «die Kano- nen machen dem Liechtenstein alle Ehre». Die Preussen klauten den kai- serlichen Truppen sogar «liechten- steinische» Kanonen, weil sie einfach weiter und zielgenauer schössen. Als der Krieg beendet war, sandte Josef Wenzel dem König einige Windhun- de, um das Band der Freundschaft wieder aufleben zu lassen. Vielleicht sind es genau die Hunde, mit denen Friedrich der Grosse in Sanssouci zu- sammen begraben sein wollte. Die Zeiten haben sich, wie gesagt, geändert. Anstelle von militärischen Auseinandersetzungen stehen sich die Staaten heute in nicht minder harten Kämpfen, vielleicht etwas we- niger offener Art, gegenüber. Gekämpft wird heute mit den Mitteln der politischen und wirtschaftlichen Macht. Dazu gehört auch die Wirt- schaftsspionage, der heute alle Staa- ten, auch die Grossen, ausgesetzt sind. Nach wie vor hat daher die Di- plomatie eine wichtige Aufgabe. Sie setzt sich für Aussenpolitik mit eben anderen Mitteln als dem Krieg ein. Die neuere Geschichte der diploma- tischen Beziehungen zwischen Va- duz und Berlin begann an der Schwelle zum Dritten Jahrtausend. Bereits im Zuge der Verhandlungen zu Liechtensteins Beitritt zum Eu- «Ankunft des Betenden Knaben»: Detail des Reiter- standbildes Friedrichs des Grossen, das in Berlin «Unter den Linden» steht.
	        

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