Volltext: EINTRACHT (2000) (Advent)

EINTRACHT ADVENT 
2000 Hinweise zur Glasmalerei Technik und 
Material Die Art der Glasmalerei wird nach ihren Herstellungstechniken unter- schieden und durch die Begriffe Mosaikverglasung, Glasgemälde und musivische Glasmalerei bezeichnet. Die Mosaikverglasung (gleichbe- deutend mit Kunstverglasung) ent- steht durch das Zusammenfügen von farblosen oder gefärbten Glas- teilen ohne zusätzliche Bemalung. Dem Begriff Mosaik entsprechend, besteht die «Zeichnung» allein aus der Führung der Bleiruten. Im Ge- gensatz dazu wird beim Glasgemäl- de mit Schmelzfarben auf farblose Glastafeln gemalt. Diese werden wie der Malgrund eines Tafelgemäl- des behandelt. Die Bleiruten spie- len dabei kaum eine gestalterische Rolle, sie werden oft sogar als stö- rend empfunden. Eine Kombination der beiden genannten Techniken ist die sogenannte musivische Glasma- lerei. Hier spielen bei der Bildkom- position sowohl die Bleiruten eine Rolle, die das zeichnerische Gerüst bilden, als auch das Bemalen der farbigen Glasteile mit Schwarzlot und Silbergelb (und anderen Glas- malfarben, sogenannten Emailfar- ben.) Französisches Glas, Kathedralglas und 
Antikglas Verschiedene Glasarten kamen im 19. Jahrhundert für die Anwendung in Frage: das beinahe durchsichtige, dünne und grellfarbige französische Glas (gefärbtes Fensterglas) mit struk- turloser Oberfläche; das Kathedral- glas aus England, das durchschei- nend ist und, da es gegossen und gewalzt wird, eine strukturierte Oberfläche besitzt; und schliesslich das Antikglas, das nach alten Re- zepten von Mund geblasen wird wie auch das französische Glas. Beim Antikglas wird aber durch Beimischen u.a. von Sauerstoff und anschliessendem Hobeln eine künst-liche 
Bläselung erreicht. Dadurch erzielt man eine unregelmässige Wirkung, wie sie beim mittelalterli- chen Glas auf Grund von Verunrei- nigungen und handwerklichen Schwierigkeiten zustandekam. Im übrigen beruht die Wirkung des Glases vor 1600 weitgehend auf der aufgeschlossenen Oberfläche (Korrosion), nicht auf der seit den Neugotikern so geschätzten und unregelmässigen Oberfläche. Technischer 
Entstehungsprozess Glas, Bleinetz und Bemalung sind die drei wichtigsten Bestandteile der Glasmalerei, die aber erst durch das Licht voll wirksam werden. Die zahlreichen Einzelscherben, die ein Bildfenster aufbauen, sind auch Trä- ger der Farbe. Das Bleinetz bildet das Gerüst und sorgt für Stabilität, zugleich bildet es die lineare Kom- position. Die Bemalung ist Modula- tor des durch das Glas fallenden Lichts und Mittel der Darstellung. Die Technik im engeren Sinn hat sich seit dem Mittelalter nicht wirk- lich gewandelt. Bemalung, Brand und 
Verbleiung Nach der Glaswahl und den vorbe- reitenden Arbeitsgängen, wie dem Durchpausen der Konturen und Zu- schneiden der Gläser, sind Bema- lung, Brand und Verbleiung die wichtigsten Schritte. Im Vergleich zur mittelalterlichen Glasmalerei sind nur vorbereitende Arbeiten modernisiert: Das Glas wird mit dem Diamanten geschnitten, nicht mehr mit dem heissen Eisen abge- sprengt; die Bleiruten werden im Bleizug gezogen und nicht mehr in einer Form gegossen; der Vorgang des Brennens ist mechanisiert. Die Vorbereitung beginnt mit der Wahl des Glases und seiner Beschaffung. Der Rohstoff Glas wird in Form von Tafeln bezogen. Im 19. Jahrhundert benutzte man Signalglas, das stoff- lich weniger reizvoll war. Seit 1851 wurde das mundgeblasene An- tikglas bevorzugt. Die eigentliche Arbeit des Glasmalers beginnt auch heute noch mit dem Karton 1:1. Im Mittelalter riss man die Glasfensterauf 
einer weiss grundierten Holzta- fel (Leinwand und Pergament sind vereinzelt auch bezeugt) auf, später benützte man dazu Papier. Der Kar- ton legt das Bleinetz, die Binnen- zeichnung und die Farbwerte fest. Nachdem Konturen durchgepaust und die Gläser zugeschnitten sind, beginnt die Bemalung. Diese soll einerseits das zeichnerische Gerüst liefern, soweit es nicht bereits durch das Bleinetz gegeben ist, an- dererseits Figuren und Gegenstände schattieren bzw. 
modellieren. Im Mittelalter waren Künstler und Glasmaler identisch Durch die physikalischen Rahmen- bedingungen wie Eigengewicht und Winddruck sind der Grosse eines verbleiten Fensterfeldes Grenzen gesetzt. Diese Begrenzung erleich- tert das Einsetzen und Ausbauen der Fenster und gewährleistet ihre Stabilität. Jedes Feld ruht für sich auf einer Eisenschiene und ist seit- lich im Mauerfalz verankert. Trotz der Teilung der Fenster und der all- seitigen festen Verspannung des einzelnen Feldes bedarf es noch ei- ner zusätzlichen Verstrebung durch sogenannte Windeisen, die in re- gelmässigen Abständen mit Bleihaf- ten am Feld befestigt und ebenfalls seitlich verankert sind. Sie bilden das notwendige stabilisierende Ge- gengewicht zur Elastizität des Blei- netzes, das teilweise, nicht aber in seiner Gesamtheit, dem Winddruck nachgeben soll. Im Mittelalter war die Person des entwerfenden Künstlers und die des ausführenden Glasmalers vermut- lich identisch. Im frühen 19. Jahr- hundert waren zunehmend nur noch diejenigen Glasmaler, die ei- ne Akademie absolviert hatten, in der Lage, selbständig Fenster zu entwerfen, die anderen waren in der Regel auf die Vorlagen der Kar- tonzeichner angewiesen. Diese Tren- nung von Kartonmaler und Glasma- ler führte seit dem späten 19. Jahr- hundert zu heftigen Diskussionen: «Dabei klagen die Glasmaler über die modernen Künstler, die die ganze Kartonzeichnung an sich ge- rissen hätten und zu Tyrannen ge- 10
	        

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