Volltext: EINTRACHT (2000) (Staatsfeiertag)

E3^ EINTRACHT STAATSFEIERTAG 
2000 UNSER GAST Botschafter Prinz Wolfgang 
Liechtenstein Gedankensplitter des Botschafters in Bern Die Schwierigkeiten, die ich immer wieder bei meiner Tätigkeit als Bot- schafter Liechtensteins habe, stam- men von mir selbst. Es ist zualler- erst die Tatsache, dass ich von den ganzen 65 Jahren meines Lebens nur etwa zwei im Land Liechten- stein verbracht habe, da ich in der Steiermark aufgewachsen bin, in Wien studiert und in Deutschland und Salzburg gearbeitet habe. Wei- ters bin ich kein Karriere-Diplomat. Als in Österreich ausgebildeter Ju- rist war ich die letzten fünfzehn Jahre Landesdirektor einer Versi- cherung. Es stellt sich die berechtig- te Frage, wo da die Voraussetzung für Diplomatie gefunden werden kann. Liechtenstein mit grosser Begeisterung vertreten Als ich mit 62 Jahren im Jahre 1996 meine Pensionierung vorbereitete, hat die Regierung, auf Vorschlag des Fürsten, zugegriffen. Trotz der dargelegten Schwierigkeiten kann ich nun, nach nahezu vier Jahren in Bern, sagen, dass ich unser Land mit grosser Begeisterung in der Schweiz vertrete. Was sind die Gründe dafür, dass es nicht so schlecht funktioniert mit dieser Botschaft in Bern? Es ist richtig, zuerst einmal an die eigene Frau zu denken. Für jeden Mann spielt sie bei der täglichenMotivierung 
die tragende Rolle. Bei einer Botschaft ist aber nicht nur die Frau «im Hintergrund» gefor- dert. Hier steht sie im Rampenlicht. Sie muss strahlende Hausfrau bei Einladungen, Begleiterin des Bot- schafters auf den häufigen Empfän- gen und Diners, Organisatorin bei den Aktivitäten der Diplomaten- Gattinnen, Chefin der Hausange- stellten und kurzum erfolgreiche Mitspielerin in der dauernden Kon- kurrenz der Botschaften sein. Was aber wäre ich ohne die tüchti- ge Sekretärin und die Botschafts- rätin? Sie müssen mit meinen Ei- genheiten, die sich im Laufe eines Lebens ansammeln, umgehen kön- nen und sind der eigentliche Grund, warum die Botschaft funk- tioniert. Der Kontakt mit den eidgenössi- schen Beamten macht Freude Bei der Versicherung habe ich ge- lernt, die Bedürfnisse des Kunden zu hinterfragen, ihn zu beraten und dann zu verkaufen. In der Diploma- tie ist es nicht anders. Es geht dar- um, die Interessen läge des Partners zu hinterfragen und ihm dann die Ideen Liechtensteins zu verkaufen. Zu allererst gilt das für die Schweiz und ihre Spitzenbeamten. Die eid- genössische Beamtenschaft hat ein hohes Niveau. Der Kontakt mit ih- nen macht Freude. Dazu kommt der laufende Verkehr mit den ande- ren Botschaften und mit den Expo- nenten der Schweizer 
Gesellschaft. Der Schweiz verstärkt unsere Dankbarkeit zeigen Natürlich gibt es auch Sorgen. In den Problemen unseres Finanzplat- zes ist die Schweiz ein zuverlässi- ger und verstehender Partner. Sorge macht mir auch die Veränderung des Bildes, das sich der Schweizer von Liechtenstein macht. Die Ge- fahr liegt nicht in den verschiede- nen Schritten zu unserer Unabhän- gigkeit, sondern in unserem schnel- len Reichtum. Vielleicht zeigen wir auch der Schweiz unsere Dankbar- keit zu wenig. Über diese Dinge könnte man viel schreiben. Die Tatsache, dass ich in der «Ein- Tracht» schreiben darf, bringt michaber 
auf einen ganz anderen Ge- danken. Wir haben in der Vergan- genheit und werden auch weiterhin von der Schweiz sehr viel lernen können. Aber ich möchte doch, zur Stärkung unseres Selbstbewusst- seins, auf ein Beispiel zu sprechen kommen, bei dem wir der Schweiz etwas zeigen können. Die Reformation hat in Teilen der Schweiz das Land geprägt. Religiö- se Darstellungen wurden im Eifer des reinen Glaubens nicht nur aus den Kirchen, sondern auch von den Häusern und in der Landschaft ent- fernt. An markanten Stellen, an de- nen bei uns ein Bildstock, ein Kreuz oder eine Kapelle stehen würde, ist im Kanton Bern einfach nichts, oder es steht dort ein wun- derbar ordentlicher Wegweiser. Mit dieser Entfernung der Hinweise auf den Schöpfer aus der Natur ist auch das religiöse Brauchtum und das Gefühl für die Zeiten des Kir- chenjahres 
verschwunden. «Advent in Liechtenstein» Letzten Dezember veranstaltete un- sere Botschaft eine Einladung unter dem Motto «Advent in Liechten- stein» unter Mitwirkung von Adulf Peter Goop und seiner Frau, von Sternsingern, Trachten sowie Sänge- rinnen und Sängern. Unsere Lieder, unser Brauchtum und die damit verbundene Stimmung haben einen nachhaltigen Eindruck bei den Gäs- ten bewirkt. So mancher, darunter auch der inzwischen verstorbene Alt-Staatssekretär Jolles, hat mir ge- sagt: «Das alles ist bei uns längst verloren gegangen». Und wir wur- den gebeten, eine solche Veranstal- tung zu wiederholen. Kennen wir unsere Schätze? Und schätzen wir sie wirklich? Sie ge- hören zu unserer Identität als Liech- tensteiner. Pflegen wir sie, freuen wir uns an ihnen und geben wir sie an die nächste Generation weiter. Der «EinTracht» und allen, die mit ihren Idealen verbunden sind, sei somit ein herzliches «Vergelt's Gott» gesagt. Mit freundlichen Grüssen Ihr Prinz Wolfgang Liechtenstein Bern, 6. April 2000
	        

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