Volltext: EINTRACHT (1996) (Ostern)

mmEINTRACHT OSTERN 
1996 SAGEN Das versunkene Bad Kommt man von Schellenberg her- unter ins Riet zwischen Ruggell und Nofels, so sieht man nahe am Berg- fuss einen von Latten umzäunten Tümpel. Vor Jahrhunderten stand hier ein grosses Gasthaus mit weit bekanntem Heilbad. Von nah und fern kamen Heilungsuchende hier- her, um in dem stark schwefelhalti- gen Wasser Besserung zu finden; aber auch Lebenslustige hielten beim Badwirt gerne Einkehr. Und man musste es dem Wirte lassen: Er verstand sein Geschäft. Küche und Keller waren aufs Beste bestellt, Musik und durchfahrende Gaukler und tanzende Zigeunerinnen sorg- ten für Unterhaltung. Wenn auch nicht alles mit Sitte und Moral in Einklang stand, was machte dies, wenn nur das Geschäft gut ging. Wurde der Wirt von dieser oder je- ner Seite gemahnt, so hatte er nur ein spöttisches Lachen dafür. Sein Leibspruch war und blieb: «Lustig gelebt und selig gestorben, heisst dem Teufel das Spiel 
verdorben».Wahre 
Orgien wurden gefeiert. Es war hohe Fasnacht. Am letzten Narrentag, am Fasnachtsdienstag, erreichte die Ausgelassenheit da draussen im Bade den Höhepunkt. Bis tief in die Nacht hinein wech- selten Musik und Tanz mit Spiel und Trunk ab. Wahre Orgien wur- den gefeiert. Gegen Mitternacht gingen einige Besonnene zum Wirt und mahnten ihn, dem Trubel ein Ende zu gebieten, da in wenigen Minuten der Aschermittwoch und mit ihm die hl. Fastenzeit anhebe. Der Wirt aber lachte sie nur aus und erwiderte: «Lieber will ich mit meinen fröhlichen Gästen zur Höl- le fahren, als mit euch Frömmlern Fasten- und Busspsalmen singen!» Er setzte den Musikanten neuen Wein vor, dass diese wieder munter zu spielen begannen. Das Gasthaus versank vor ihren Augen in die 
Tiefe. Etliche Gäste, die diese lästerliche Antwort des Wirtes vernommen hatten, verliessen mit den Mahnern das Wirtshaus. Sie waren kaum hundert Schritt vom Hause entfernt, da schlug es von irgendwoher Mit-ternacht. 
Plötzlich fühlten sie eine starke Erschütterung. Zurückblik- kend sahen sie gerade noch, wie das Gasthaus in die Tiefe versank. Noch konnte man Singen und Mu- sizieren vernehmen. Jetzt ragte nur noch der Kamin über den Erdbo- den, und dann sprangen gleich Quellbächen Wasserfluten über das versunkene Bad. Still, unheimlich still wurde es im weiten Riet. Entsetzt über das schreckliche Strafgericht Gottes eil- ten die Draussenstehenden nach Hause; die frevelhafte Antwort des Wirtes hatte sich furchtbar bewahr- heitet. Aus: «Sagenumwobene Heimat» von Hans Friedrich Walser
	        

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