Donat Büchel
Verfassung von 1921 führte.!” Das Volk honorierte den Einsatz der
Volkspartei. Sie gewann die Landtagswahlen 1922 sowie die beiden Wah-
len von 1926. 1928 ging die staatseigene «Spar- und Leihkasse des Fürs-
tentums Liechtenstein» (kurz Sparkassa, heute Liechtensteinische Lan-
desbank) durch Betriigereien praktisch bankrott.!® Die Verantwortlichen
wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Dieser sogenannte Spar-
kassaskandal führte zu einem politischen Erdbeben: Da der Hauptver-
antwortliche, Anton Walser-Kirchthaler, sowie der Sparkassaverwalter
Franz Thöny Mitglieder der Volkspartei waren und diese zudem den
Verwaltungsrat der Bank dominierte, lasteten Fürst Johann II. und die
Bürgerpartei der regierenden Volkspartei die Verantwortung für das Ver-
brechen an. Der Fürst löste den Landtag auf und zwang die Regierung
zur Demission. Die Neuwahlen gewann die oppositionelle Bürgerpartei,
die in der Folge bis 1970 Mehrheitspartei blieb.
Die politische Unruhe in Liechtenstein wird auch dadurch ver-
deutlicht, dass der 15-köpfige Landtag!® zwischen 1914 und 1939 auf vier
verschiedene Arten gewählt wurde.?® Dabei sorgte das Majorzsystem,
das letztmals bei den Landtagswahlen von 1936 angewandt wurde,
jeweils für klare Mehrheitsverhältnisse.” Die folgende Tabelle zeigt die
Mandats- und Stimmenverteilung von Volkspartei und Bürgerpartei bei
den Landtagswahlen von 1922 bis 1932.22 Fiir 1918 lassen sich keine ein-
17 Zur Verfassung 1921 und ihrer Entstehung siehe Quaderer-Vogt, Bewegte Zeiten,
Bd. 2, S. 221-328.
18 Zum Sparkassaskandal und seinen politischen sowie juristischen Auswirkungen
siehe Geiger, Krisenzeit, Bd. 1, S. 86-111.
19 1988 wurde die Mandatszahl auf 25 Landtagsabgeordnete erhöht (siehe Paul Vogt,
«Landtag», in: HLFL, S. 485-490).
20 Siehe hierzu Wille, Landtag und Wahlrecht im Spannungsfeld, S. 61-67, 73-75, so-
wie Geiger, Krisenzeit, Bd. 1, S. 318-320, und Bd. 2, S. 325-326.
21 So wurden 1922 und 1926 im Oberland nur Volkspartei-Kandidaten in den Landtag
gewählt, 1926 und 1928 im Unterland sowie 1932 im landesweiten Wahlgang nur
Bürgerpartei-Kandidaten.
22 Zu den Ergebnissen der Landtagswahlen von 1918 bis 1932 siehe Vogt, 125 Jahre
Landtag, S. 202-208; Korfmacher, Landtag, S. 59, 94, 104, 142, 197; Paul Vogt,
«Landtag», in: HLFL, S. 485—490. Nicht berücksichtigt wurden die Ergänzungs-
wahlen von 1930 (siehe hierzu Geiger, Krisenzeit, Bd. 1, S. 305-306). Die in obiger
Tabelle angegebene Stimmenverteilung wurde durch das Addieren der Stimmen der
offiziellen Kandidaten der beiden Parteien bei den jeweiligen Hauptwahlen errech-
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