Geschichtsvereine heute
bildung, sieht sich jedoch nicht mehr unbedingt als Hüter kultureller
Werte. Zahlreiche geschichtsferne Freizeitvergnügen haben Hochkon-
junktur. Die Beschäftigung mit lokalen und regionalen Themen er-
scheint vielen wenig attraktiv. Die Ansprüche an das Programm der
Geschichtsvereine sind dementsprechend gestiegen.
Gleichzeitig fühlen sich viele Menschen von Globalisierung, Ano-
nymität und Leistungsdruck sowie von der Oberflächlichkeit der heuti-
gen Konsumwelt abgestossen und verunsichert. Sie suchen das Nahe
und Vertraute. Darin liegt eine Chance für historisch und regionalkund-
lich orientierte Vereine. Viele ihrer Themen knüpfen an die Lebenswelt
der regionalen Bevölkerung an. Dieser Ansatz bedingt aber, dass histo-
rische Vereine zumindest einen Teil ihres Programms einer breiteren
Öffentlichkeit anbieten, ohne dabei ihren wissenschaftlichen Anspruch
preiszugeben oder in Heimattümelei zu verfallen. Das ist eine Gratwan-
derung, um die vor allem Regionalvereine nicht herumkommen.
Selbst der Historische Verein für das Fürstentum Liechtenstein als
Landesverein weist darauf hin, dass die Forschungs- und die Publikati-
onstätigkeit für die Organisation zwar zentrale und unabdingbare Ele-
mente sind, dass jedoch der persönlichen Vermittlung der Ergebnisse in
Form von Vorträgen und Diskussionsrunden eine ebenso grosse Bedeu-
tung zukommt. Ohne attraktive Vorträge, Zeitzeugen- und Podiumsge-
spräche, Exkursionen, Ausstellungen, Stadtrundgänge, öffentliche
Fachtagungen und viele andere Vermittlungsarten ist es schwierig, das
Interesse eines nichtfachlichen Publikums für historisches Wissen zu ge-
winnen. Einschlägige Publikationen wandern allzu oft ungelesen in Bü-
chergestelle und Bibliotheken.
Dabei bieten Publikationen eine geeignete Grundlage für die
«Popularisierung des Geschichtsgedankens» und können Impulse für
lebendige Geschichtsvermittlung geben. Ein weiterer Ansatz kann sein,
das Vereinsprogramm gemeinsam mit jüngeren Leuten zusammenzu-
stellen und auch neue Formen des Wissenstransfers in Veranstaltungen
einfliessen zu lassen.”
Der österreichische Historiker Heinz Dopsch hob die Notwendig-
keit einer breiten Ab- und Unterstützung von Vereinsaktivitäten hervor:
37 Wachter, Neue Geschichtsbewegung und alternative Geschichtsvereine; Treml, Re-
gionalgeschichte.
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