Geschichtsbild in liechtensteinischen Lehrmitteln
rung», die mit einer aussenpolitischen Neuausrichtung einherging. So
bemühte sich der Kleinstaat verstärkt um Souveränität und Neutralität
und eröffnete in Wien und Bern Gesandtschaften. Während der Völker-
bund Liechtensteins Souveränität wohl anerkannte, lehnte er dessen
Aufnahme wie auch diejenige Monacos und San Marinos mit der Be-
gründung ab, die Länder seien zu klein, um den Mitgliedspflichten nach-
kommen zu können.“
In den Vordergrund der Darstellungen des 20. Jahrhunderts rücken
die Beziehungen zur Schweiz mit dem Zollvertrag und dem Schweizer
Franken als gesetzlichem Zahlungsmittel. Modernisierung und Wirt-
schaftskrise sind zwei weitere wichtige Teilnarrative, mit denen die Zwi-
schenkriegszeit charakterisiert wird. Wichtigen Raum im Buch nimmt
die Thematik «Liechtenstein und der Nationalsozialismus» ein. Insbe-
sondere nach dem Anschluss Österreichs 1938 geriet das Land in Gefahr,
Teil von Hitler-Deutschland zu werden.” Es handelt sich hier um ein
gewichtiges Kapitel in der Gesamterzählung und es werden differen-
zierte Hinweise zur vom Deutschen Reich ausgeübten Kritik an der Ein-
bürgerung jüdischer Personen, zum verbreiteten Antisemitismus im
Lande und zu NS-Sympathisanten gemacht. Der Kleinstaat erscheint
hier in seiner ganzen Fragilität: 1939 erfolgte ein gescheiterter An-
schlussputsch, dem ein Bekenntnis zur Unabhängigkeit, zum Fürsten-
haus und zur Schweiz folgte.’ 1942 feierte man den 600. Geburtstag der
Grafschaft Vaduz und damit die Eigenständigkeit.
Ein Bild anlässlich des «Liechtenstein-Tags» an der Schweizeri-
schen Landesausstellung in Zürich (1939) zeigt Fürst Franz Josef II.
zusammen mit dem Zürcher Regierungsrat in einem Landi-Bötchen:
«Im gleichen Boot mit der Schweiz».? Die Kriegszeit war eine «Zeit der
Bewährung». Ohne die Schweiz als Nachbar an seiner Seite hätte das
Fürstentum die Kriegsjahre nicht unbeschadet überstanden, so der Tenor
ım Buch.“ Das Verhältnis kannte jedoch auch Spannungen: Unter Druck
35 Biedermann/Biichel/Burgmeier, Wege in die Gegenwart, S. 24.
36 Siehe ebenda, S. 39. Zur Zeit des Ersten Weltkrieges und zu den 1920er-Jahren siehe
auch Quaderer-Vogt, Bewegte Zeiten.
37 Siehe Biedermann / Büchel / Burgmeier, Wege in die Gegenwart, S. 58-83, hier S. 58.
38 Siehe Geiger, Krisenzeit; Geiger, Kriegszeit.
39 Biedermann/Biichel/Burgmeier, Wege in die Gegenwart, S. 85.
40 Ebenda, S. 106.
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