Helmut Konrad
plan jedoch ist die Frage, was im Unterricht behandelt werden soll, viel
weniger bedeutend als die Frage, welche Ziele im Unterricht erreicht
werden sollen. Der Lehrplan ist also weniger Rezeptbuch als vielmehr
«ein Planungs-, Arbeits- und Reflexionsinstrument für Schulen und
Lehrpersonen».
Eine Kurzumfrage bei den Geschichtslehrpersonen auf der Sekun-
darstufe hat gezeigt, dass diese die Offenheit des Lehrplans als Chance
sehen, dass damit aber auch grosse Herausforderungen verbunden
sind.®® Als Hauptproblem wird überwiegend der Mangel an Zeit erach-
tet, die für die Erreichung der Lernziele zur Verfügung steht. Vor allem
der Umstand, dass mit Einführung des neuen Lehrplans und der damit
verbundenen Stundentafel nicht mehr auf allen Stufen wenigstens zwei
Wochenlektionen für den Geschichts- und Staatskundeunterricht zur
Verfügung stehen, wird als einschneidender Verlust gesehen. Beim Gym-
nasium ist die Reduktion der Wochenlektionen noch bedeutend schwer-
wiegender, weil mit der Reform der gymnasialen Oberstufe im Jahr 2001
die achte Klasse weggefallen ist und weitere Lektionen gekürzt wurden.
Das führte zu einer Reduktion der Gesamtlektionenzahl im Fach Ge-
schichte/Staatskunde von bis anhin 19 auf heute noch zwölf Wochen-
lektionen; in der 6. Klasse wird das Fach Geschichte gar nicht mehr
angeboten. Eine gewisse Kompensation ermöglichen Angebote im Be-
reich der Wahlpflichtfächer, die auch Kurse mit geschichtlichen oder
staatskundlichen Themen beinhalten.
Vor allem in der 3. und 4. Stufe der Sekundarschule ist die Stofffülle
enorm. Inhaltlich ist auf diesen Stufen die allgemeine Geschichte des
19. und 20. Jahrhunderts aufgeführt, während im Bereich der Staats-
kunde die Verfassung und ihre Entstehungsgeschichte sowie die liech-
tensteinische Geschichte nach dem Ersten Weltkrieg zu behandeln
sind.“ Es erstaunt so nicht, dass viele Lehrpersonen angeben, für die
59 Schulamt des Fürstentums Liechtenstein (Hrsg.), Lehrplan 1999, Vorwort.
60 Die Kurzumfrage wurde im Dezember 2016 vom Autor des Beitrags bei den
Geschichtslehrpersonen der Ober- und Realschule per E-Mail durchgeführt. Die
Rücklaufquote lag bei knapp der Hälfte. Beim Gymnasium bildete ein Gespräch mit
einer Geschichtslehrperson die Basis für die Aussagen, da dort für die ganze Fach-
schaft verbindliche Stoffvereinbarungen bestehen.
61 Siehe Schulamt des Fürstentums Liechtenstein (Hrsg.), Lehrplan 1999, Grobziele,
S. 147-148.
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