Landesgeschichte im Geschichtsunterricht
gewichtet als die Geschichte. Anmerkungen in den Lehrplänen zeigen,
dass mit dem Realienunterricht auch eine Verbesserung der Sprachkom-
petenz angestrebt wurde. Das ist an sich nichts Negatives, zeigt aber, dass
seine Legitimation teilweise auch aus dieser Zielsetzung abgeleitet war.
Entwicklungen im 20. Jahrhundert
Alle Neuerungen seit 1859 erhielten im Schulgesetz von 1929% eine
gesetzliche Grundlage. Den Realienunterricht betreffend wurden als
«unerlässliche Gegenstände für den Schulunterricht in der Alltags-
schule»? Naturkunde, Geschichte und Geografie, mit besonderer
Berücksichtigung der Heimatkunde, aufgeführt.*® In der Fortbildungs-
schule, die der Festigung und Erweiterung der Erziehung und des
Unterrichtes an der Alltagsschule diente,”” wurde als neues Fach der
staatsbürgerliche Unterricht eingeführt.” Dieser befasste sich mit dem
politischen und sozialen Aufbau des Staates sowie mit den Rechten und
Pflichten seiner Bürgerinnen und Bürger. Dass diese Inhalte jetzt in die
Lehrpläne Eingang fanden, hing wahrscheinlich mit der neuen Verfas-
sung von 1921 und einem allgemein wachsenden Demokratiebewusst-
sein im 20. Jahrhundert zusammen sowie mit der Erkenntnis, dass ein
demokratisches Staatswesen vom Engagement verantwortungsbewuss-
ter und informierter Bürgerinnen und Bürger lebt. So brachten insbe-
sondere die direktdemokratischen Elemente der Verfassung von 1921
mehr Verantwortung für den einzelnen Bürger — die Bürgerinnen waren
noch bis 1984 vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen — und beding-
ten bessere Kenntnisse der staatlichen und politischen Verhältnisse. Dass
der Staatskundeunterricht nur in der Fortbildungsschule, nicht aber
schon in den oberen Klassen der Alltagsschule verankert wurde, kann
mit dem geringen Alter der Jugendlichen erklärt werden, zumal das
Wahlrechtsalter damals noch bei zwanzig Jahren lag.
26 Schulgesetz vom 9. November 1929, LGBI. 1929 Nr. 13.
27 Siehe Anm. 22.
28 Schulgesetz vom 9. November 1929, LGBI. 1929 Nr. 13, Art. 59 Ziff. 4.
29 Ebenda, Art. 61.
30 Ebenda, Art. 62.
473