Helmut Konrad
Entwicklung des Geschichtsunterrichts
im 19. Jahrhundert
Als «Geburtstag der liechtensteinischen Schule»? kann die Einführung
der gesetzlichen Schulpflicht im Jahre 1805 bezeichnet werden. Die Ziele
dabei waren allerdings nicht sehr ambitioniert. So hiess es in $ 1 des
Schulplans aus dem Jahr 1822, dass «der Schulunterricht lediglich auf
die nothwendigen Kenntnisse eines Landmanns eingeschränkt werden»?
müsse. Unterrichtsgegenstände waren Religion, Schreiben, Lesen und
Rechnen.* Themen aus Geschichte, Staatskunde oder anderen Realienfä-
chern hätten etwa über Lesebücher in den Unterricht einfliessen können.
Ein Blick in speziell für Liechtenstein angefertigte Lesebücher dieser
Zeit zeigt allerdings, dass die Lesetexte ausschliesslich religiöse und
lebenskundliche Themen aufgriffen. Das «Namenbtchlein» von 1844°
enthielt neben Rechtschreib- und Sprachlehrteilen Gebete und biblische
Erzihlungen. «Der Kinderfreund» von 1835 bot Texte zur Sitten- und
Hoflichkeitslehre sowie Anleitungen, wie man gesund und zufrieden
leben konne.® Da auch die berufliche Qualifikation der Lehrpersonen,
sofern denn überhaupt eine vorlag, nur sehr rudimentir war, ist davon
auszugehen, dass der Rahmen des Schulstoffes sehr eng gesetzt war.
So blieb die Grundschulbildung in der ersten Halfte des 19. Jahr-
hunderts auf einem sehr tiefen Niveau. Vonseiten der Obrigkeit war es
vorrangiges Ziel, die Schulerinnen und Schiller zu frommen Christen
und gehorsamen Untertanen zu erziehen. Auch das Interesse der Eltern
sowie der Gemeinden an einer Schulbildung für die Kinder war sehr
gering, sodass nur schon die Durchsetzung der Schulpflicht für die
Obrigkeit eine grosse Herausforderung war.’
Ein erster qualitativer Aufschwung des Schulwesens erfolgte durch
ein neues Schulgesetz 1859.® Schulbildung wurde nun zunehmend als
2 Siehe Malin, Die politische Geschichte des Fürstentums Liechtenstein, S. 91.
3 LI LA, RB S$1/1822, Schulplan vom 31. Juli 1822, $ 1.
4 Siehe ebenda, $$ 2-5.
5 N. N., ABC- und Namenbüchlein.
6 N. N., Der Kinderfreund. Zur Entwicklung der liechtensteinischen Lehrmittel siehe
Martin, Lehrmittel; Annette Bleyle, «Schulbücher», in: HLFL, S. 858-860.
7 Siehe Annette Bleyle, «Schulwesen», in: HLFL, S. 860-862, hier S. 860.
8 Siehe LI LA, SgRV 1859, Schulgesetz vom 8. Februar 1859.
468