Paul Vogt
nahm den Charakter von Schulden an. Die Auseinandersetzung wurde
in monetdre Kategorien Ubersetzt.»'> Die Angst vor Klagen in den USA
hatte zur Folge, dass die Schweizer Banken einen Deal aushandelten.
Die von National- und Ständerat einstimmig beschlossene Unab-
hängige Expertenkommission Schweiz — Zweiter Weltkrieg!* setzte in
mehrfacher Hinsicht neue Massstäbe: Die der Kommission zugestan-
dene Zeit für die Untersuchungen war ungewöhnlich lang, das Archiv-
privileg war einmalig (es sicherte den Forschenden ein umfassendes
Einsichtsrecht in öffentliche und private Archivunterlagen), der Daten-
schutz wurde eingeschränkt und die Vernichtung von privaten und
öffentlichen Archivunterlagen, die forschungsrelevant sein konnten,
wurde (befristet) verboten.
Das Mandat der Kommission war weit: Im Bundesratsbeschluss
vom 19. Dezember 1996 wurden unter anderem Goldhandel, Devisen-
geschäfte, Vermögensverwaltung, Fluchtgelder, Handel mit geraubten
Kunstwerken und Schmuck, Rüstungsproduktion, Übernahme deut-
scher Betriebe durch schweizerische Unternehmen, Flüchtlingspolitik,
Behandlung der nachrichtenlosen Vermögen, Rückgabe von Raubgut
und Fluchtgeldern als Untersuchungsgegenstand genannt. Die Kommis-
sion hatte den Bundesrat regelmässig zu informieren und innerhalb von
fünf Jahren einen Schlussbericht vorzulegen. Bei konkreten Hinweisen
auf Vermögensansprüche, die im Lauf der Untersuchung festgestellt
wurden, musste der Bundesrat sofort informiert werden.
Bei der Zusammensetzung der Expertenkommission wurde darauf
geachtet, dass — trotz des staatlichen Auftragsverhältnisses — die wissen-
schaftliche Unabhängigkeit und Freiheit gewährleistet blieb. Diesem
Zweck diente auch die Internationalität der neunköpfigen Kommission,
der fünf Schweizer, ein Engländer, ein Pole, ein Israeli und ein US-Ame-
rikaner angehörten. Acht Kommissionsmitglieder waren renommierte
Historiker, dazu kam ein Jurist. Vertreter von schweizerischen Behörden
oder Interessenverbänden erhielten keinen Platz. Kommissionspräsident
war der Schweizer Jean-Frangcois Bergier, nach dem die Kommission auch
13 Tanner, Die Historikerkommission zwischen Forschungsauftrag und politischen
Erwartungen, S. 24.
14 Die folgenden Angaben zur UEK stammen, soweit keine andere Quelle genannt
wird, von: Website der Unabhingigen Expertenkommission Schweiz — Zweiter
Weltkrieg.
432