Wissenschaftsfreiheit und Persönlichkeitsschutz
Übernamen aus ein direkter Bezug zur gemeinten Person hergestellt
worden war, sodass Namen, Lebensdaten und Angaben zu Wohnort und
beruflicher Tätigkeit enthalten waren, die zur Identifikation der Person
dienten und für die Deutung des jeweiligen Rufnamens herangezogen
wurden. '?
Daraufhin meldete sich im März der Leiter der Stabsstelle Daten-
schutz. Eine Besprechung ergab zunächst, dass das Projekt «Liechten-
steiner Namenbuch» in der Tat ein ziemlich neuartiges Problem aufwarf;
Präzedenzfälle fehlten weitgehend.'® Dies war insofern nicht verwun-
derlich, als das einschlägige Datenschutzgesetz (DSG) erst am 1. August
2002 in Kraft getreten war.!* Zur Debatte stand letztlich eine Abwägung
von Datenschutz gegen Wissenschaftsfreiheit, welch letztere durch die
in der Liechtensteinischen Verfassung (Art. 40 LV) und in der Europäi-
schen Menschenrechtskonvention (Art. 10 EMRK) verankerte Mei-
nungsäusserungsfreiheit gewährleistet ist.
Der Datenschutzbeauftragte bereitete in der Folge eine Stellung-
nahme zuhanden der Regierung vor, und das Forschungsteam arbeitete
zunächst weiter wie gewohnt. Denn allfällige neue Weisungen konnten
nur die Publikation einschlägiger heikler Daten betreffen, während die
eigentliche Erforschung nicht zur Diskussion stand.
Am 2. Oktober 2003 erhielt die Projektleitung Einblick in die
bereits im März abgegebene Stellungnahme der Stabsstelle für Daten-
schutz. Darin wurde einerseits anerkannt, dass «die Idee eines Namen-
buches [...] sicher generell durch das öffentliche Interesse erfasst» werde.
Ein «überwiegendes privates oder öffentliches Interesse» gehöre zu den
Rechtfertigungsgründen für die Bearbeitung von Personendaten durch
12 Schreiben des Projektleiters Hans Stricker an die Regierung vom 4. Februar 2003
(Privatarchiv Hans Stricker).
13 Siehe den Rechenschaftsbericht des Projektleiters zum Projekt Liechtensteiner
Namenbuch (Personennamen) über den Zeitabschnitt Juli bis Dezember 2003
zuhanden des Historischen Vereins, eingereicht am 15. Januar 2004, Punkt 4 Daten-
schutzproblematik (Privatarchiv Hans Stricker).
14 Datenschutzgesetz (DSG) vom 14. März 2002, LGBl. 2002 Nr. 55. Siehe auch die
Verordnung vom 9. Juli 2002 zum Datenschutzgesetz (Datenschutzverordnung;
DSV), LGBl. 2002 Nr. 102. Als relevant bezeichnet wurden bei der Besprechung vor
allem Art. 16 Abs. 3 DSG (Persönlichkeitsrechtsverletzungen), Art. 17 Abs. 1 lit. b
DSG (überwiegendes öffentliches Interesse kann Verletzung rechtfertigen) und
Art. 23 Abs. 3 DSG (Bekanntgabe von Personendaten durch Abrufverfahren).
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